Agrarrohstoffe: Kauf-Euphorie - Strohfeuer oder stabiler Trend?

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 14.10.2008


Am Freitag hieß es an den Börsen noch: "Alles muß raus, egal zum welchem Preis." Die weltweit beschlossenen Rettungspakete für die Finanzbranche lassen die Kurse in die Höhe schnellen. An den Börsen hat eine regelrechte Kauf-Euphorie eingesetzt und auch die Agrarbörsen haben wieder ins Plus gedreht.

Marktlage
Noch am Freitag gingen die Agrarrohstoff-Notierungen an den Warenterminbörsen mit Volldampf in den Keller. Teilweise wurde der Handel aufgrund massiver Kursverluste sogar ausgesetzt, nachdem der Kurssturz zu „Limit-down“, der größten täglich zulässigen Bewegung nach unten, führte. Bei allen Agrarrohstoffen setzte sich an den Börsen die Talfahrt der Preise fort.

Dabei waren es nicht nur die Auswirkungen der Finanzkrise, die den Kursstruz forcierten nachdem viele Investoren ihre Positionen glattstellten. Baisse-Signale kamen auch von der neuesten Angeot-Nachfrage-Prognose des US-Landwirtschftsministeriums. Die Oktober-Prognose signalisiert zum Beispiel für Weizen, Raps und Sojabohnen Angebotsdruck.

Gestern kam dann die Wende: Nachdem am Wochenende diverse internationale Rettungspaketen für den Finanzsektor bekanntgegeben wurden, geht es an den elektronischen Märkten jetzt wieder nach oben.

Bis zum heutigen Nachmitttag summierten sich die Gewinne seit dem Wochenanfang an der Warenterminbörse MATIF, Paris für den Front-Termin November
• bei Rapssaat auf
14,75 Euro/t
 
• bei Backweizen auf
6,50 Euro/t
 
• bei Körnermais auf
5,75 Euro/t
 

Fraglich ist jedoch, ob die Kursgewinne bis zu Handelsschluß Bestand haben werden. Die Grafik macht deutlich, daß Kursverluste der letzten Wochen derart massiv waren, daß die derzeitigen Kursgewinne lediglich als Hoffnungsschimmer auf eine Trendwende zu werten sind.

An den realen Kassamärkten summieren sich die Kursverluste seit der Ernte zum Beispiel auf 18 % bei Brotweizen, 17 % bei Brotroggen oder 25 % bei Futtergerste.

 

Prognose
Das derzeitige Kursfeuerwerk an den Finanzmärkten ist ursächlich für die Kurserholung an den Warenterminmärkten. Mit "frischem Geld" und beachtlichen Staats-Bürgschaften im Rücken wird an den elektronischem Markten wieder gekauft, was der Zeug hält und die Kurse schnellen nach oben.

Ist das ein Strohfeuer oder ein stabiler Trend? Das ist die Frage. Angesichts der anstehenden weltweiten Verstaatlichungswelle im Finanzsektor, der Bereitstellung von neuem Kapital und der geplanten Bilanzierungsanpassungen in der Finanzbranche ist nachvollziehbar, daß Zukäufe derzeit wieder recht attraktiv sind.

Doch wie lange wird diese gute Stimmung anhalten? Nachdem die Gütermärkte in den letzten Jahren voll in den Sog der Finanzmärkte geraten sind, ist die Finanzkrise damit auch für die Kursaussichten bei den Agrarbörsen entscheidend. Für eine dauerhafte Stabilisierung wird ausschlaggebend sein, daß die Kurse im Laufe der Woche nicht erneut einbrechen und damit die jüngsten Rettungsaktionen verpuffen. Nach meiner persönlichen Einschätzung gehe ich allerdings davon aus, daß bereits in dieser Woche Gewinnmitnahmen und neue Liquiditätslöcher für erneute Kurseinbußen sorgen könnten.

Letztendlich haben die Gütermärkte das letzte Wort. Denn nicht elektronische Geschäfte sind es, die für Brötchen beim Bäcker oder Rapsöl für die Biodieselbranche sorgen. Wenn die Vorräte der Verarbeiter zur Neige gehen, muß am realen Markt wieder Nachschub zugekauft werden. Und dort gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage.

Daher heißt es für die Produzenten von Getreide, Raps & Co., aufmerksam die Marktentwicklung zu verfolgen. Nach meiner Einschätzung dürfte es bei den Preisn kurzzeitig wieder nach oben geben. Kurzzeitig heißt nach meiner Einschätzung, daß täglich die Entwicklung an den Märkten verfolgt werden muß, da das Risiko eines erneuten Preiseinbruches nach wie vor sehr hoch ist.

Nach meiner Einschätzung ist erst ab Dezember mit einem wieder etwas größeren Anschlußbedarf der Verarbeiter zu rechnen. Angebot und Nachfrage dürften dann das Preisniveau bestimmen. Dabei sollte man nicht vergessen, daß in den Lägern der Produzenten und Wiederverkäufern mehr Ware als in den Vorjahren auf den Verkauf wartet.

 
 
 
Vorhergehende Beiträge
08.10.2008 Getreide: Finanz-Chaos lähmt den Markt
01.10.2008 Agrarrohstoffe: Sicherer Hafen ade - Liqiditätsspritze ok
18.09.2008 Weizen: Entspannung an der Preisfront
17.09.2008 Getreide, Ölsaaten: Australien demnächst zurück am Weltmarkt?
10.09.2008 Getreide: Erneute Trendwende
14.08.2008 Weizen: Stimmungsumschwung
08.08.2008 Weizen: Kursanstieg am internationalen Markt
06.08.2008 Getreide: Talsohle erreicht?
26.06.2008 Ernte 2008: Erneut auf Hausse-Kurs
24.06.2008 Ernte 2008: Regen in Australien läßt die Kurse purzeln
16.06.2008 Ernte 2008: Countdown zur nächsten Hausse?
11.06.2008 Ernte 2008: Witterungsturbulenzen
20.05.2008 Weizen auf Korrekturkurs
20.02.2008 Weizen: Vorerst knapp - und dann ...?
   
 
 
 
 

Seitenanfang