Weizen: Vorerst knapp - und dann ...?

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 20.02.2008


Auf die Meldung, die australische Weizenernte 2008/09 würde 74% höher ausfallen als im Vorjahr, reagierten die Warenterminmärkte zunächst leicht verschreckt. Doch inzwischen haben die Marktbeteiligten die Versorgungslage nachgerechnet - die Rallye geht weiter.

Marktlage
Eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters brachte am Wochenanfang eine leichte Unsicherheit in den internationalen und damit auch in unseren heimischen Weizenmarkt. Einer neue Prognose der Nationalbank von Australien schätzt die nächste Weizenernte für Australien auf Rekordniveau. Prognostiziert wird eine Weizenernte die mit mindestens 23 Mio.t die Ernte im Dürrejahr 2007/08 um mehr als 74 % übersteigt.

Unter günstigen Bedingungen können sich die Nationalbank-Analysten auch eine Weizenernte von bis zu 26 Mio.t vorstellen, die damit knapp unter der Rekordernte von 2003/04 mit 26,132 Mio.t läge.

Einschränkend erklären die Analysten jedoch, daß diese Ernteerwartung nur dann denkbar ist, wenn die Wachstumsbedingungen für die Bestände weiterhin günstig bleiben. In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, daß die nächste Getreideernte in Australien erst Ende Oktober beginnt.

Da die Prognose auch bei den anderen Getreidearten für Australien eine deutlich höhere Ernte erwartet, ging am 18.02.2008 ein Ruck duch den Internationalen Markt. Da in den USA der Handel aufgrund eines Feiertages eingeschränkt verlief, waren es vor allem die europäischen Börsen, die mit leichten Kurseinbußen reagierten. Die Grafik stellt den täglichen Kursverlauf (Settlement) dar.

 

Fakten

  • Australien: Nationalbank Australien prognostiziert Rekordernte 2008/09
    Am 18.02.2008 wurde die erste Prognose zur kommenden Ernte 2008/09 in Australien von einem privaten Analysten bekanntgegeben. Die Nationalbank Australien (NAB) erwartet für 2008/09 eine um 65 % höhere Ernte bei Wintergetreide. Niederschläge hätten die Anbausituation erheblich verbessert. Auch für den Zeitraum von Februar bis April hätte das australische Wetteramt überdurchschnittliche Niederschläge vorhergesagt.

    Weizen: Produktion und Exporte
    in Mio. t
    Produktion
    Exporte
    Welt
    Australien
    Welt
    Australien
    2003/04
    554
    26,1
    108
    18,0
    2004/05
    625
    21,9
    111
    14,7
    2005/06
    622
    25,2
    116
    16,0
    2006/07
    593
    10,6
    111
    8,7
    2007/08
    604
    13,1
    106
    8,0
    2008/09 Prognose vom:
    Feb. 2008
     
    23,0-26,0
    (NAB)
     
    ?
    Quelle: ABARE; USDA; NAB


    Die Jahrhundert-Dürre in Australien in den Jahren 2006 und 2007 hat zu einem Einbruch bei der Weizenproduktion geführt. Australien, in früheren Jahren der drittgrößte Exporteur am Weltmarkt, fiel daher im letzten Jahr auf den sechsten Platz zurück.

    Dabei sollte nicht aus den Augen verloren werden, daß Australien nur noch einen Exportanteil am gesamten internationalen Export von etwa 15 % inne hat.

    Aufgrund der geringen Endbestände aus den vorangegangenen Ernten dürfte Australien in der Saison 2008/09 seine alte Position als drittgrößter Weizenexporteur noch nicht wieder erreichen.

    Baisse-Tendenz

 

  • China öffnet die staatlichen Reserven
    Heute hat die Chinesische Regierung eine zweitägige Auktion über 2,5 Mio.t Weizen aus den staatlichen Reserven eröffnet. In diesem Jahr liegt das über Auktion in den Markt gebrachte Angebot deutlich höher als üblich. Es handelt sich um das größte Auktionsangebot seit 2006.

    Mit dem hohen Auktionsvolumen will die chinesische Regierung den inländischen Weizenpreis stabilisieren und verhindern, daß private Anbieter die Ware in der Hoffnung auf steigende Profite zurückhalten. Die Auktion findet bei den Käufern rege Nachfrage.

    Baisse-Tendenz

 

Prognose
Nachdem Weizen in der vergangenen Woche beinahe täglich teurer wurde und die Warenterminmärkte an vielen Tagen mit "limit up" (die von der Börse festgelegte maximalen Kursdifferenz pro Handelstag) schlossen, reagierte der Markt auf die hohe (inoffiziellen) Prognose aus Australien mit Gewinnmitnahmen. Damit gerieten die Preise am Wochenanfang unter Druck.

Wer die Marktlage detaillierte betrachtet, muß jedoch auch berücksichtigen, daß
• die Endbestände auf ein besorgniserregend niedriges Niveau geschrumpft sind,
• der internationale Bedarf jährlich steigt,
• die Anbauausdehung in den USA offenbar kleiner ausgefallen ist, als bisher erwartet,
• die nächste Ernte auf der Nordhalbkugel noch in weiter Ferne liegt und
• der Versorgungsspielraum - sollten Produktionsprobleme in den wichtigen Erzeugerländern
  auftreten (Dürre, Überschwemmungen ...) - äußerst gering ist.

Inzwischen zogen die Kurse am Weizenmarkt daher wieder an. Nach meiner persönlichen Einschätzung dürften die Weizenpreise zunächst weiter leicht anziehen. Aus meiner persönlichen Sicht, sind allerdings die Kurse an den Warenterminmärkten bereits etwas "überhitzt".

Sollten jedoch ab Ende Februar die Ernteerwartungen in USA, EU und Australien bestätigt oder sogar weiter angehoben werden, ist mit Preisrückgängen zu rechnen.
Alles hängt jetzt davon ab, welche Nachrichten den Markt in den kommenden Wochen erreichen.

Mein Fazit: Marktentwicklung aufmerksam beobachten und rechtzeitig Verkäufe am Markt absichern!

 
 
 
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