Die Blase am Rohstoffmarkt ist geplatzt und hat auch
die Kurse für Agrarrohstoffe in einen Abwärtssog
gebracht. Hohe Erntemengen und der Kursrutsch an den
Terminbörsen machen denen, die auf steigende
Kurse gesetzt hatten, einen Strich durch die Rechnung.
Wann geht es wieder aufwärts?
Marktlage
Nicht nur an den Agrarrohstoff- und Rohöl-Märkten,
sondern an den Rohstoffmärkten ganz allgemein
hat die Hochpreisphase ein jähes Ende gefunden.
Seit der letzten Woche hat sich das Abwärts-Tempo
noch einmal beschleunigt.
Preisdruck herrscht auch an den Getreidemärkten
- an den internationalen Markt genauso wie hierzulande.
Die Futtergerste- und Brotweizen-Preise haben am Kassamarkt
in Hessen seit Anfang Juli um rund 25 Euro/t,
bei Braugerste oder Brotroggen sogar um rund 30 Euro/t
nachgegeben.
Bereits im Mai hieß es in den
Beitrag "Weizen: Auf Korrekturkurs": ... Nach
meiner persönlichen Einschätzung wird in
den kommenden Monaten auch die weiter steigende weltweite
Nachfrage nicht für neue Preis-Phantasien ausreichen.
Die Rendite-Aussichten für die Investoren an
den Rohstoffmärkten entwickeln sich schwächer,
so daß der Agrarrohstoff-Sektor an Attraktivität
verliert. Dennoch gehe ich davon aus, daß die
Preise für alle Grundnahrungsmitteln - darunter
auch Weizen - in den kommenden Jahren hoch bleiben,
so daß der derzeitige Kursrückgang eher
als längst überfällige Preiskorrektur
zu werten ist. ...
Für die kräftigen
Kursrückgänge an den Getreidemärkten
gibt es eine Reihe von Gründen:
• hohe Ernten in Deutschland und der gesamten
EU,
• hohe Welt-Getreideernte,
• krasser Kurseinbruch am Rohölmarkt,
• Umschichtung von Investments aus den Rohstoffen
in Aktien,
• trübe Konjunkturaussichten für die Weltwirtschaft,
• zurückhaltende Zukäufe des Handels
und der Verarbeiter.
Der Preisdruck am Getreidemarkt verstärkt
sich, da in vielen deutschen Ernteregionen die Erntemengen
größer ausfallen, als noch kurz vor der
Ernte erwartet wurde. Regional werden jedoch auch
Ernteeinbußen von schätzungsweise bis zu
20 % verzeichnet. In der Regel werden gute Qualitäten
gedroschen, lediglich Kleinkörnigkeit ist ein
häufiger verzeichnetes Problem. Nach Berichten
der Fachzeitung Ernährungsdienst fallen die Weizenqualitäten
in Westdeutschland oftmals schwach aus. Nur ein Drittel
der Partien soll ausreichende Fallzahlen und Proteinwerte
aufweisen.
Am Weizenmarkt gab an der Warenterminbörse MATIF
in Paris/Frankreich der August-Termin seit Anfang
März um über 57 Euro/t auf zuletzt
186,25 Euro/t nach. Der November-Termin ruschte
um knapp 58 Euro/t auf inzwischen 185,25 Euro/t
zurück.
Abwärts ging es auch bei den
Kursen an der Warenterminbörse RMX
in Hannover. Mit nur noch 187 Euro/t notierte
der November-Termin rund 52 Euro/t niedriger
als Anfang März.
Auch an der Warenterminbörse CBOT
in Chicago/USA gaben die Kurse in den letzten Wochen
deutlich nach. Der September-Termin des dort gehandelten
Futterweizens gab seit Anfang März um über
100 Euro/t (!) nach. Gestern
konnten die Kurse mit umgerechnet 185,06 Euro/t
erstmals eine Stabilisierung verzeichnen.
Brotweizen an der Warenterminbörse KCBT
in Kansas/USA wurde für den September-Termin
mit umgerechnet 191 Euro/t gehandelt. Damit lag
der Kurs 110 Euro/t unter dem Höchststand
vom März.
Futterweizen an der Warenterminbörse LIFFE
in London setzte seinen Abwärtstrend ebenfalls
fort.
Der kräftige Rückgang der
Energiepreise seit Mitte Juli hat die die Agrarrohstoff-Märkte
zusätzlich stark unter Druck gebracht. Überraschend
schlechte Konjunkturdaten in den USA und die Erwartung,
daß die US-Energienachfrage sich schwächer
entwickelt, werden für den Kursrückgang
bei Rohöl verantwortlich gemacht.
Fakten
-
Osteuropa:
Hohe Ernten - umfangreiche Exporte
Für Preisdruck sorgen auch die erwarteten
großen Getreideernten in Rußland und
der Ukraine.
In Rußland
wird eine um 10 bis 15 % höhere
Ernte als im Vorjahr (81,8 Mio.t) erwartet.
Die russische Weizenernte könnte zur größten
seit 30 Jahren werden. Nach einer Studie
des Forschungszentrums Sovecon wird mit einer
Ernte von 52,5 bis 54,2 Mio.t gerechnet
(Vj.: 49,4). Andere Schätzungen liegen
sogar noch über diesen Erwartungen. Damit
könnte das russische Exportpotential bei
Getreide einschließlich Mehl im laufenden
Wirtschaftsjahr 2008/09 rund 5 Mio.t höher
ausfallen als im Vorjahr (Vj.: 13,3).
In der Ukraine hat
das ukrainische Landwirtschaftsministerium seine
Ernteerwartungen nach oben korrigiert und geht
jetzt von einer rund 46 % höheren Ernte
als im Vorjahr (Vj.: 29,3) aus. Regional
wird von Ernteverlusten und mangelhafter Qualität
berichtet, so daß der Anteil der Futterqualitäten
größer ausfällt als zunächst
erwartet. Damit wird für die Ukraine mit
10 bis 15 % größeren Exportmengen
gerechnet. Für 2008/09 ist folglich mit sehr
viel umfangreicheren Exporten zu rechnen, zumal
im Vorjahr die Exportmengen zeitweilig durch Exportquoten
und ein Exportstop niedrig gehalten wurden (Vj.: 4 Mio.t).
Mangelnder Lagerraum und Logistikprobleme begrenzen
jedoch nach wie vor die Exportmöglichkeiten.
Baisse-Tendenz
Prognose
Die Renditeaussichten bei Agrarrohstoffen
an den Warenterminmärkten sind erschöpft.
An den Kapitalmärkten schichten daher die Investoren
zur Zeit stärker von Rohstoffen in Aktien um.
Die Kurse an den Rohstoffmärkten werden daher
nach meiner Einschätzung vorerst noch weiter
sinken, bevor es – allerdings spürbar langsamer –
wieder aufwärts geht. Die trüben Aussichten
für die Weltwirschaft bestärken diesen Abwärtstrend.
Dagegen dürften die Preise an
den Getreidemärkten – aus meiner Sicht –
die Talsohle erreicht haben. Ich gehe davon aus, daß
die nächsten Tage zunächst eine Phase der
Stabilisierung bringen könnten.
Das Wachstum in den Schwellenländern
bleibt ungebrochen, auch wenn ich davon ausgehe, daß
sich der Trend in den kommenden Jahren abschwächen
wird. Die steigende Nachfrage dieser Regionen wird
auch für eine steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen
sorgen. Für eine Preisrallye wie im vergangenen
Jahr fehlen derzeit jedoch die Preis-Phantasien, so
daß ich mit nur allmählich anziehenden
Kursen rechne.
Ausblick auf
die (noch nicht ausgesäte) Ernte 2009
Noch ist die Ernte auf der Nordhalbkugel nicht abgeschlossen,
doch schon sind es die Anbauaussichten für die
nächste Saison, die die Preisbildung beeinflussen.
Die Ernte 2008 stand und steht unter dem Vorzeichen
der globalen Anbauflächenausdehnung, rekordverdächtiger
Erntemengen und einem bedarfsdeckenden Angebot.
Für die Ernte 2009 muß
– aufgrund der schwächeren internationalen
Preise – mit einer Einschränkung der Anbauflächen
gerechnet werden. Bei weiterhin hoher, evtuell sogar
steigender Nachfrage gehe ich aus – nach heutiger
Einschätzung – von wieder höheren Kursen
aus. Eine echte Preisrallye ist jedoch nicht in Sicht.