Anfangs wurde zur Ernte 2008/09 eine deutlich höhere
globale Produktion und folglich ein kräftiger
Preisrückgang erwartet. In den letzten Wochen
brachten die US-Flut und die erneute Trockenheit in
Australien dem globalen Markt eine Rallye. Jetzt lassen
erwartete Rekordernten in der EU und Australien die
Kurse purzeln.
Marktlage
Die Hochwasserkatastrophe in den USA und die wiederkehrende
Trockenheit in wichtigen Anbaugebieten Australiens
haben noch in der letzten Woche die internationalen
Märkte bestimmt.Nicht nur die Warenterminmärkte
in den USA haben eine wahre Preisrallye absolviert,
auch die EU-Märkte zogen kräftig an.
Doch inzwischen dominieren zwei neue
Baisse-Faktoren die Preisentwicklung:
• Regenfälle in Australien lassen auf auf
steigende Exporte hoffen und
• die Landwirte in der EU könnten in diesem
Jahr eine neue Rekordernte einfahren.
Seit dem Wochenanfang kommt es daher
zu Kursrücknahmen an den Terminmärkten und
an den Kassamärkten.
Nach dem Erntestart am Wochenende
kommt es inzwischen zu ersten Umsätzen aus der
neuen Ernte. Die Preisvorstellungen von Produzenten
und Käuifern laufen noch weit auseinander. Bei
den ersten Preisnennungen bleibt man auf Käuferseite
bisher noch sehr vorsichtig. Noch sind die Unsicherheiten
groß, welche Erntemengen und welche Qualitäten
in Deutschland und den anderen EU-Staaten zu erwarten
sind. Etliche EU-Länder mußten zwischenzeitlich
ihre Ernteprognosen infolge der Trockenheit nach unten
korrigieren, andere Länder prognostizierten dagegen
beste Erneaussichten.
Einstiegspreise für Wintergerste
am Kassamarkt von 155 bis 160 Euro/t franko
spiegeln auch die schwächeren Qualitäten
der ersten leichten Standorte wider. Auch an den Warenterminbörsen
gaben die Kurse am 23.06.2008 nach. So notierte Weizen
an der Warenterminbörse Euronext/MATIF
zum Erntetermin August 2008 mit 199,75 Euro/t
mehr als 12 Euro niedriger als noch eine Woche
zuvor.
Fakten
-
USA:
Flutschäden
Nach einem viel zu nassen Frühjahr hat die
Flutkatastrophe im Mittleren Westen der USA zu
noch nicht endgültig bezifferten Schäden
bei den Feldbeständen geführt. Im Mittleren
Westen, der Kornkammer der USA wird so viel Mais
und Soja produziert wie sonst nirgendwo auf der
Welt.
Die Behörden sprechen inzwischen von 16.000 Quadratkilometer
überfluteten landwirtschaftlichen Flächen.
Von Ernteausfällen bis zu 20 % landesweit
ist die Rede. Seinen nächsten Bericht zur
Anbausituation will das US-Landwirtschaftsministerium
am 30.06.2008 veröffentlichen.
Hausse-Tendenz
-
Australien
und Argentinen: Es regnet wieder
In Australien
ist das Wetter am Wochenende umgeschlagen. Eine
Niederschlagsfront hat den unter zunehmender Trockenheit
leidenden wichtigen Anbaugebieten im Südosten
und Süden Regen, einen Temperatursturz und
Kälte gebracht. Jetzt wird die Aussaat mit
Arbeitseinsätzen rund um die Uhr fortgesetzt.
Weiter Regenfälle werden ab Mittwoch erwartet.
In Argentinen
hat Regen in einzelnen Anbaugebieten das Landes
die wochenlange Trockenheit beendet. Damit entspannt
sich die Lage etwas für die aufgelaufenen
Bestände wie auch für die Fortführung
der Aussaat.
Hausse-Tendenz
-
EU-27:
Neue Rekordernte
Die EU-Kommission hat ihre Prognose zur Getreideernte
2008 erneut angehoben. Nach der neuesten Prognose
vom 19.06.2008 wird für die EU-27 eine Getreideernte
von 295,05 Mio.t (2007/08: 258,2 Mio.t).
Getreide. Mit nur minimalen Restbeständen
von 46,1 Mio.t wird die EU ins neue Wirtschaftsjahr
gehen, im Vergleich zu 53,2 Mio.t zu Beginn
des Jahres 2007/08. Die staatlichen Interventionsläger
sind bis auf klägliche 612 t Weizen
und 41.331 t Mais, die in Ungarn lagern,
leergefegt.
Der EU-Dachverband des Getreide- und Futtermittelhandels
(Coceral) hat am 20.06.2008 seine Ernteerwartung
für Getreide im Vergleich zum Vormonat um
gut 5 Mio.t auf 288,8 Mio.t angehoben.
Damit läge die Ernte 2008/09 rund 13,6 %
über dem Vorjahresergebnis (254,3). Während
zum Beispiel für Deutschland, Dänemark
oder Polen die Ernteerwartungen reduziert wurden,
rechnet man jetzt u.a. für Rumänien,
Spanien, Ungarn oder das Vereinigte Königreich
mit höheren Ernten.
In Deutschland kamen die Regenfälle nach
der wochenlangen Trockenheit vielerorts zu spät
und waren anderenorts zu gering. Trockenschäden
im Osten Deutschlands und die Reduzierung der
Ertragsanlagen in Norddeutschland aschmälern
die Ernteaussichten. Dagegen sind im Westen und
Süden Deutschlands gute erträge zu erwarten.
Hausse-Tendenz
-
Osteuropa:
Beste Ernte- und Exportaussichten
In Osteuropa erwartet man von der Ukraine bis
nach Rußland eine hervorragende Ernte.
Die Ukraine könnte
mit einer Getreideernte von 40,967 Mio.t
(Vorjahr: 29,3) ein Exportpotenzial von 13,5 Mio.t
erreichen. Die Ernte hat in den frühen Ernteregionen
bereits begonnen und die Produzenten befürchten,
daß erhebliche Lagerbestände aus der
Ernte 2007 und die erwartete hohe Ernte 2008 zu
einem krassen Kursrusch führen könnten.
Staatliche Getreideankäufe sollen die Preise
während und kurz nach der Ernte stützen
und dem Staat die Möglichkeit eröffnen,
bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt in
den Markt einzugreifen. Ca. 14 % des nationalen
Jahresbedarfs sollen aufgekauft werden.
Auch in Rußland
sind die südlichen Landesteilen
bereits im Ernteeinsatz. Die Ernte wird nach Einschätzung
des Moskauer Landwirtschaftsministeriums höher
als im Vorjahr ausfallen. Mit 85 Mio.t Getreide,
darunter 40 Mio.t Brotgetreide, wird eine
um 3 Mio.t höhere Ernte als im Vorjahr
erwartet.
Kasachstan
rechnet mit einer Getreideernte von 16 bis
17 Mio.t. Verglichen mit der Rekordernte
2007 wären das zwar 3 bis 4 Mio.t
weniger, entspräche jedoch dem Ergebiss der
letzten 5 Jahre. Ursächlich für
die schwächere Produktion soll Trockenheit
im Süden und Osten sein, während die
wichtigste Getreideregion im Norden, aber auch
der westliche Teil des Landes davon kaum betroffen
waren.
Baisse-Tendenz
Prognose
Niederschläge haben die Eigenart,
wenn auch nicht unerwartet, so jedoch plötzlich
niederzugehen - so auch in Argentinien und Australien.
Damit hat sich die Anbausituation in diesen Ländern
zwar entspannt, dennoch bleibt offen, mit welchen
Erntemengen gerechnet werden kann.
Nachdem die Niederschläge auch
den internationalen Markt merklich abgekühlt
haben, rechne ich damit, daß die Kursverluste
im Laufe dieser Woche wieder ausgeglichen werden.
Den endgültigen Preistrend wird der Anbaubericht
des US-Landwirtschaftsministeriums am Ende des Monats
vorgeben.
Die Erzeugerpreise für neuerntiges
Futtergetreide folgt derzeit noch einem Schwächetrend.
Die größere Nachfrage im EU-Binnenmarkt
und einen höhere Exportnachfrage könnten
in der nächsten Zeit für wieder festere
Tendenzen sorgen. Extreme Preisausschläge dürften
in einem derart ausgeprägen Wettermarkt die Regel
bleiben.