Ernte 2008: Regen in Australien läßt die Kurse purzeln

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 24.06.2008


Anfangs wurde zur Ernte 2008/09 eine deutlich höhere globale Produktion und folglich ein kräftiger Preisrückgang erwartet. In den letzten Wochen brachten die US-Flut und die erneute Trockenheit in Australien dem globalen Markt eine Rallye. Jetzt lassen erwartete Rekordernten in der EU und Australien die Kurse purzeln.

Marktlage
Die Hochwasserkatastrophe in den USA und die wiederkehrende Trockenheit in wichtigen Anbaugebieten Australiens haben noch in der letzten Woche die internationalen Märkte bestimmt.Nicht nur die Warenterminmärkte in den USA haben eine wahre Preisrallye absolviert, auch die EU-Märkte zogen kräftig an.

Doch inzwischen dominieren zwei neue Baisse-Faktoren die Preisentwicklung:
• Regenfälle in Australien lassen auf auf steigende Exporte hoffen und
• die Landwirte in der EU könnten in diesem Jahr eine neue Rekordernte einfahren.

Seit dem Wochenanfang kommt es daher zu Kursrücknahmen an den Terminmärkten und an den Kassamärkten.

Nach dem Erntestart am Wochenende kommt es inzwischen zu ersten Umsätzen aus der neuen Ernte. Die Preisvorstellungen von Produzenten und Käuifern laufen noch weit auseinander. Bei den ersten Preisnennungen bleibt man auf Käuferseite bisher noch sehr vorsichtig. Noch sind die Unsicherheiten groß, welche Erntemengen und welche Qualitäten in Deutschland und den anderen EU-Staaten zu erwarten sind. Etliche EU-Länder mußten zwischenzeitlich ihre Ernteprognosen infolge der Trockenheit nach unten korrigieren, andere Länder prognostizierten dagegen beste Erneaussichten.

Einstiegspreise für Wintergerste am Kassamarkt von 155 bis 160 Euro/t franko spiegeln auch die schwächeren Qualitäten der ersten leichten Standorte wider. Auch an den Warenterminbörsen gaben die Kurse am 23.06.2008 nach. So notierte Weizen an der Warenterminbörse Euronext/MATIF zum Erntetermin August 2008 mit 199,75 Euro/t mehr als 12 Euro niedriger als noch eine Woche zuvor.

 

Fakten

  • USA: Flutschäden
    Nach einem viel zu nassen Frühjahr hat die Flutkatastrophe im Mittleren Westen der USA zu noch nicht endgültig bezifferten Schäden bei den Feldbeständen geführt. Im Mittleren Westen, der Kornkammer der USA wird so viel Mais und Soja produziert wie sonst nirgendwo auf der Welt.
    Die Behörden sprechen inzwischen von 16.000 Quadratkilometer überfluteten landwirtschaftlichen Flächen. Von Ernteausfällen bis zu 20 % landesweit ist die Rede. Seinen nächsten Bericht zur Anbausituation will das US-Landwirtschaftsministerium am 30.06.2008 veröffentlichen.
    Hausse-Tendenz

 

  • Australien und Argentinen: Es regnet wieder

    In Australien ist das Wetter am Wochenende umgeschlagen. Eine Niederschlagsfront hat den unter zunehmender Trockenheit leidenden wichtigen Anbaugebieten im Südosten und Süden Regen, einen Temperatursturz und Kälte gebracht. Jetzt wird die Aussaat mit Arbeitseinsätzen rund um die Uhr fortgesetzt. Weiter Regenfälle werden ab Mittwoch erwartet.

    In Argentinen hat Regen in einzelnen Anbaugebieten das Landes die wochenlange Trockenheit beendet. Damit entspannt sich die Lage etwas für die aufgelaufenen Bestände wie auch für die Fortführung der Aussaat.

    Hausse-Tendenz

 

  • EU-27: Neue Rekordernte
    Die EU-Kommission hat ihre Prognose zur Getreideernte 2008 erneut angehoben. Nach der neuesten Prognose vom 19.06.2008 wird für die EU-27 eine Getreideernte von 295,05 Mio.t (2007/08: 258,2 Mio.t). Getreide. Mit nur minimalen Restbeständen von 46,1 Mio.t wird die EU ins neue Wirtschaftsjahr gehen, im Vergleich zu 53,2 Mio.t zu Beginn des Jahres 2007/08. Die staatlichen Interventionsläger sind bis auf klägliche 612 t Weizen und 41.331 t Mais, die in Ungarn lagern, leergefegt.

    Der EU-Dachverband des Getreide- und Futtermittelhandels (Coceral) hat am 20.06.2008 seine Ernteerwartung für Getreide im Vergleich zum Vormonat um gut 5 Mio.t auf 288,8 Mio.t angehoben. Damit läge die Ernte 2008/09 rund 13,6 % über dem Vorjahresergebnis (254,3). Während zum Beispiel für Deutschland, Dänemark oder Polen die Ernteerwartungen reduziert wurden, rechnet man jetzt u.a. für Rumänien, Spanien, Ungarn oder das Vereinigte Königreich mit höheren Ernten.

    In Deutschland kamen die Regenfälle nach der wochenlangen Trockenheit vielerorts zu spät und waren anderenorts zu gering. Trockenschäden im Osten Deutschlands und die Reduzierung der Ertragsanlagen in Norddeutschland aschmälern die Ernteaussichten. Dagegen sind im Westen und Süden Deutschlands gute erträge zu erwarten.

    Hausse-Tendenz

 

  • Osteuropa: Beste Ernte- und Exportaussichten
    In Osteuropa erwartet man von der Ukraine bis nach Rußland eine hervorragende Ernte.

    Die Ukraine könnte mit einer Getreideernte von 40,967 Mio.t (Vorjahr: 29,3) ein Exportpotenzial von 13,5 Mio.t erreichen. Die Ernte hat in den frühen Ernteregionen bereits begonnen und die Produzenten befürchten, daß erhebliche Lagerbestände aus der Ernte 2007 und die erwartete hohe Ernte 2008 zu einem krassen Kursrusch führen könnten. Staatliche Getreideankäufe sollen die Preise während und kurz nach der Ernte stützen und dem Staat die Möglichkeit eröffnen, bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt in den Markt einzugreifen. Ca. 14 % des nationalen Jahresbedarfs sollen aufgekauft werden.

    Auch in Rußland sind die südlichen Landesteilen bereits im Ernteeinsatz. Die Ernte wird nach Einschätzung des Moskauer Landwirtschaftsministeriums höher als im Vorjahr ausfallen. Mit 85 Mio.t Getreide, darunter 40 Mio.t Brotgetreide, wird eine um 3 Mio.t höhere Ernte als im Vorjahr erwartet.

    Kasachstan rechnet mit einer Getreideernte von 16 bis 17 Mio.t. Verglichen mit der Rekordernte 2007 wären das zwar 3 bis 4 Mio.t weniger, entspräche jedoch dem Ergebiss der letzten 5 Jahre. Ursächlich für die schwächere Produktion soll Trockenheit im Süden und Osten sein, während die wichtigste Getreideregion im Norden, aber auch der westliche Teil des Landes davon kaum betroffen waren.

    Baisse-Tendenz

 

Prognose
Niederschläge haben die Eigenart, wenn auch nicht unerwartet, so jedoch plötzlich niederzugehen - so auch in Argentinien und Australien. Damit hat sich die Anbausituation in diesen Ländern zwar entspannt, dennoch bleibt offen, mit welchen Erntemengen gerechnet werden kann.

Nachdem die Niederschläge auch den internationalen Markt merklich abgekühlt haben, rechne ich damit, daß die Kursverluste im Laufe dieser Woche wieder ausgeglichen werden. Den endgültigen Preistrend wird der Anbaubericht des US-Landwirtschaftsministeriums am Ende des Monats vorgeben.

Die Erzeugerpreise für neuerntiges Futtergetreide folgt derzeit noch einem Schwächetrend. Die größere Nachfrage im EU-Binnenmarkt und einen höhere Exportnachfrage könnten in der nächsten Zeit für wieder festere Tendenzen sorgen. Extreme Preisausschläge dürften in einem derart ausgeprägen Wettermarkt die Regel bleiben.

 
 
 
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