Weizen: Entspannung an der Preisfront

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 18.09.2008


Die Finanzjongleure in den USA bekommen die Finanzkrise nicht in den Griff. Dennoch: Während der Aktienmarkt immer weiter abrutscht, stehen die Zeichen an den Agrarohstoffmärkten seit gestern wieder auf Entspannung.

Marktlage
Seit gestern ist die Talfahrt bei den Weizen-Kursen an den europäischen und internationalen Warenterminmärkten zum Stillstand gekommen. Heute ziehen die Kurse erstmals wieder erkennbar an.

Die Lage an den raelan Kassamärkten ist allerdings immer noch schwierig. Geschäfte kommen kaum zustande. Alle Marktbeteiligten sind verunsichert. Jeder befürchtet zum - aus seiner jeweiligen Sicht - falschen Termin zu verkaufen. Händler, Verarbeiter und Im-/Exporteure spekulieren auf weitere Preisrückgänge und stellen geplante Zukäufe zurück. Produzenten hoffen auf baldige Preisanstiege und warten mit Verkäufen ab. Der Handel ist daher weitgehend zum Erliegen gekommen.

Der seit März anhaltende Kursrückgang hatte die Kurse zuletzt auf den tiefsten Stand seit 15 Monaten fallen lassen. Am internationalen Markt rutschten die Kurse auf ein 1-Jahres-Tief.

Während am dritten Tag in Folfe der Aktienmarkt auf immer neue Tiefststände abrutscht und die Zentralbanken immer neues Geld in den Markt pumpen, flüchten viele Anleger am Finanzmarkt in Gold, Silber und andere Rohstoffe als sicheren Hafen für ihre Vermögen. Agrarrohstoffe profitieren von diesem Trend. Die Kurse haben - unter dem Einfluß der US-Märkte - wieder nach oben gedreht.

 

Fakten

  • Welt: Höhere Produktion übersteigt wachsenden Verbrauch
    Die Weizen-Ernte 2008/09 wurde von den Analysten des Internationalen Getreiderates und des US-Landwirtschaftsministeriums zuletzt erneut nach oben korrigiert. Mit 672 bzw. 676 Mio.t wird jetzt eine Welt-Weizenernte erwartet, die 11 % über der Vorjahrsernte liegt.

    Dennoch wird nur mit einem leichten Ansteig der Lagervorräte gerechnet, da der Verbrauch deutlich höher ausfallen dürfte, nachdem die Lagervorräte in den meisten Ländern auf ein Minimum geschrumpft sind. .

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    2003/04
    491
    556
    117
    33
    2004/05
    629
    610
    151
    73
    2005/06
    622
    624
    148
    59
    2006/07
    596
    617
    127
    38
    2007/08
    611
    620
    119
    28
    2008/09 Prognose vom:
    12.09.2008
    676
    655
    140
    39
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: USDA

    Baisse-Tendenz

 

  • EU-27: EU-Kommission korrigiert Ernteerwartungen nach oben
    In der EU-27 wurden in diesem Jahr mehr als 307 Mio. t Getreide geerntet. Die EU-Kommission legte im Verwaltungsausschuss am 11.09.2008 eine aktualisierte Ernteschätzung vor, die um 7 Mio.t gegenüber Ende August nach oben korrigiert wurde. Die größte Abweichung betrifft Deutschland, wo die Ernte inzwischen auf 49,92 Mio.t geschätzt wird. Ende August lagen die Zahlen für Deutschland noch bei 46,15 Mio.t. Die EU-Getreideernte von 307,304 Mio. t liegt damit um 19 % über jener des Vorjahres.

    Hausse-Tendenz

 

  • Australien - Argentinien: Erneut trockenes Wetter
    In Argentinen und Australien, die zu großen Exporteuren am Weltmarkt zählen, wird das Niederschlagsdefizit größer. Sollten Niederschläge in den kommenden Wochen ausbleiben, rechnet man in beiden Ländern mit Ertragseinbußen. Für die kommenden Tage erwarten die Meteorologen keine Niederschläge.

    Bisher erwartet Australien eine Weizenernte in Höhe von 22,5 Mio.t. Die Mißernte des Vorjahres, die dürrebedingt nur 13,0 Mio.t Weizen einbrachte, würde damit allerdings noch immer um 72 % übertroffen. Die für den Export verfügbare Weizenmenge wird auf 15,7 Mio.t und damit über 80 % höher als im Vorjahr geschätzt.

    Argentinien erwartet in dieser Saison mit 12,5 Mio.t eine um 22 % niedrigere Ernte, da die Aussaat- und Wachstumsbedingungen bereits bisher nicht besonders günstig waren. Die trockene Witterung hat zu einer Einschränkung der Aussaatfläche geführt, frühzeitiger Fost hat die Bestände in einigen Regionen geschädigt.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Die Turbulenzen an den Kapitalmärkten dürften auch in den kommenden Tagen an den Agrarrohstoffmärkten zu starken Kursschwankungen führen. Signale für stabile bis leicht Anziehende Preise bestehen, da Weizen als weitgehend sicherer Anlagehafen betrachtet wird und viele Lander ihre Lagervorräte in dieser Saison wieder aufstocken wollen. Andererseits belastet die Rekordernte die Preisaussichten, so daß der spekulative Handel an den Warenterminmärkten für die Anleger an Attraktivität verliert.

Nach meiner Einschätzung dürften die Kurse in den kommenden Tagen weiter schwanken. Der Handel am realen Kassamarkt wird daher auf Sparflamme laufen, da die Unsicherheit über den künftigen Kursverlauf nicht ausgeräumt ist.

In den nächsten Wochen dürfte jedoch der Bedarf der Verarbeiter und der Exporteure wieder steigen. Dann ist zu erwarten, daß sich die Preissituation leicht bessert.

 
 
 
Vorhergehende Beiträge
17.09.2008 Getreide, Ölsaaten: Australien demnächst zurück am Weltmarkt?
10.09.2008 Getreide: Erneute Trendwende
14.08.2008 Weizen: Stimmungsumschwung
08.08.2008 Weizen: Kursanstieg am internationalen Markt
06.08.2008 Getreide: Talsohle erreicht?
26.06.2008 Ernte 2008: Erneut auf Hausse-Kurs
24.06.2008 Ernte 2008: Regen in Australien läßt die Kurse purzeln
16.06.2008 Ernte 2008: Countdown zur nächsten Hausse?
11.06.2008 Ernte 2008: Witterungsturbulenzen
20.05.2008 Weizen auf Korrekturkurs
20.02.2008 Weizen: Vorerst knapp - und dann ...?
   
 
 
 
 

Seitenanfang