Weizen:
Der Preisboom flacht ab
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 19.11.2003


Der Preisboom am Weizenmarkt hat sich fortgesetzt. Mit der neuesten weltweiten Prognose des USDA am 12.11.2003 hat der Markt einen weiteren Preisauftrieb erhalten. Doch jetzt zeigen sich erste Schwächesignale!

Marktlage
Nicht nur international, sondern auch in der EU wird die Versorgungslage inzwischen als äußerst eng gewertet. Da die Produzenten die Ware in der Erwartung weiter steigender Preise zurückhalten, ist das Angebot derzeit sehr knapp.

Die Knappheit am Markt lieferte auch unseren heimischen Märkten in den letzten Tagen die Basis für einen weiteren rasanten Preisaufschwung. Ausgelöst wurde die Hausse durch die neueste Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) und dessen knappe weltweite Produktionsschätzung. Die Befürchung witterungsbedingter Ernteausfällen in Argentinien verstärkten den Preisauftrieb. Hinweise auf eine geringere Produktion in China und daher zu erwartenden höheren Importbedarf verschärften die Hausse. Da konnte auch die Aussicht auf eine gute Ernte in Australien die Befürchtungen der Marktbeteiligten nicht mindern.

Häufig führen Korrekturen der Angebot-Nachfrage-Statistiken zu einer Überreaktion des Marktes, wie dies infolge der US-Prognose erfolgte. Danach tritt in der Regel eine Phase der Beruhigung ein - die Preise normalisieren sich wieder etwas. Diese Phase wird derzeit durchlaufen.

Mit Nettopreisen für Brotweizen von 158-162 €/t franko Seehafen, 147-150 €/t loco Hof und 135-145 €/t franko Landhandelslager sind die Vermarktungsmöglichkeiten in dieser Saison deutlich attraktiver als in den Vorjahren.

Fakten

  • Prognosen bestätigen knappe Versorgung
    Sowohl die letzte Prognose des internationalen Getreiderates (IGC) vom 29.10.2003 als auch des US-Landwirtschaftsministerium (USDA) vom 12.11.2003 gehen nach wie vor von einer kleineren Weizenernte 2003/04 sowie sinkenden Endbeständen aus. Die Endbestände wurden von beiden Organisationen nach der leichten Erhöhung im Monat zuvor jetzt wieder zurückgenommen.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Haupt- exporteure
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    1999/00
    585,9
    226,7
    591,6
    170,1
    51,9
    2000/01
    583,6
    232,3
    590,1
    168,8
    52,1
    2001/02
    580,9
    205,2
    585,5
    198,1
    44,6
    2002/03
    565,8
    185,8
    600,2
    163,7
    35,2
    2003/04 Prognose vom:
    12.05.2003
    547,0
    216,4
    582,2
    129,0
    33,6
    10.10.2003
    549,5
    215,1
    584,4
    130,2
    34,2

    12.11.2003

    548,3
    214,6
    585,7
    126,3
    32,9
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: USDA

    Das USDA hat die Endbestände der fünf Hauptexporteure (Argentinien, Australien, Kanada, EU, USA) im Vergleich zum Vormonat nochmals um mehr als 1 Mio.t auf jetzt 33 Mio t (Vj. 35) zurückgenommen. Die weltweiten Endbestände liegen nur noch bei 5,5 % des weltweiten Jahresbedarfs.



    Der IGC schätzt die Weltproduktion 2003/04 (Juli/Juni) auf nur noch 556 Millionen Tonnen Mio.t und befindet sich damit inzwischen um 8 Mio. Tonnen über der Prognose des USDA.

    Hausse-Signal

  • Kleinere EU-Ernte 2004
    Nach Einschätzung der EU-Kommission ist die Getreideproduktion 2003/04 in der EU auf auf 183,6 Mio.t gefallen (2002/03: 209 Mio.t). Auch in den neuen Beitrittsstaaten soll die Getreideproduktion auf 46,4 Mio.t zurückgegangen sein, nachdem 2002/03 noch 53,5 Mio.t geerntet wurden.
    Hausse-Signal

  • Geringere Flächenstillegung? - Mehr Getreide im nächsten Jahr?
    Um für das nächste Jahr eine größere Getreideproduktion zu ermöglichen, hat die EU-Kommission eine Senkung des obligatorischen Flächenstillegungssatzes auf 5 % von zurzeit 10 % vorgeschlagen. Nach Mitteilung der Kommission könnte der niedrigere Satz - sofern er durch den EU-Ministerrat gebilligt wird - vom 15. Januar bis zum 31. August 2004 zur Anwendung kommen. Die EU-Kommission befürchtet, daß bei einem Stillegungssatz von 10 % eine Vergrößerung der Bestände in einer erweiterten EU-25 nicht möglich sein wird. Das Risiko großer Preisschwankungen würde dann weiter wqachsen. Mit der vorgeschlagenen Senkung des Stillegungssatzes ließe sich die Getreideproduktion in der EU um etwa 7 Mio.t steigern.
    Baisse-Signal

Prognose
Aufgrund des hohen Preisniveaus ist das Spekulationspotential im Markt zur Zeit sehr hoch. Gewinnmitnahmen, die auf die Kurse drücken, stehen der insgesamt knappen Marktversorgung und der sich daraus ergebenden Erwartung weiterer Preissteigerungen entgegen.

Einerseits verleihen Gerüchte über Zukäufe, andererseits tatsächliche Geschäftsabschlüsse der Importstaaten dem Markt zusätzlichen Auftrieb. So ist es derzeit auch China mit seinem zusätzlichen Bedarf am Weltmarkt, das die Märkte beflügelt. Masn erwartet eine geringere Produktion in China aus und folglich einen höheren Importbedarf. China soll bereits erste eigene Exportkontrakte zurückgekauft haben und zudem in Kaufverhandlungen stehen.

Daher bleibe ich hinsichtlich der Einschätzung der weiteren Marktentwicklung an unserern heimischen Märkten bei meiner Aussage vom 25.09.2003: "Aufgrund der knappen Versorgungslage in Deutschland wie in der gesamten EU dürften die Preise in der laufenden Saison 2003/04 ein hohes Niveau behaupten. Dennoch sollte man nach meiner Einschätzung vorsichtig bleiben. Es hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, daß in knapp versorgen Märkten statistische Korrekturen kurzfristig zu rapiden Preiskorrekturen nach oben wie nach unten führen können. ..."

Nach meiner persönlichen Einschätzung sollte der Verkauf der Ernte 2003 zu einem großen Anteil umgehend erfolgen. Derzeit liegen die Kurse noch auf hohem Niveau, es gibt jedoch erste Anzeichen dafür, daß der Markt anfängt zu "wackeln". Zudem sind aufgrund der erfahrungsgemäß schwächeren Geschäftstätigkeit die Monate Dezember bis Februar ungünstigerer für Verkäufe.

Auch Terminkontrakte zur Ernte 2004 sollten in Erwägung gezogen werden. Zu Kursen zwischen 115 und 125 €/t loco Hof bieten sich derzeit attakive Möglichkeiten die nächste Ernte preislich abzusichern. Zu erwarten ist, daß international wie auch in der EU der Anbau marktwirksam ausgedehnt wird, so daß die Produktion 2004/05 entsprechend höher ausfallen dürfte.
 
 
 

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