EU-Weizen zeigt sich recht unbeeindruckt von der Schwäche am
Weltmarkt. Die hohen Ernteeinbußen in der EU halten den Preis
auf hohem Niveau. Wird der positive Trend andauern?
Marktlage
Für die Erzeuger war es nach dem "Frust" mit den 2003er Erträgen
höchst ungewohnt, daß das "traditionelle" preisliche Erntetal in
diesem Jahr kaum ausgeprägt und nur von sehr kurzer Dauer war.
An unseren heimischen Märkten hat Weizen nach dem wochenlangen
Preisanstieg seit Anfang September eine Pause eingelegt. Die derzeitige
träge Geschäftstätigkeit belebt sich erst in den letzten Tagen wieder
leicht. Entsprechend hat sich die Stimmung verschlechtert, was auch
aus dem leicht abgeflachten Kursverlauf ersichtlich wird.
Nachdem die Ernte in der EU deutlich geringer ausfiel als erwartet,
ist inzwischen die Versorgungssituation am Binnenmarkt stärker
in den Vordergrund getreten. Die internationale Lage spiel derzeit
eine untergeordnete Rolle. Folge: Der EU-Markt hat sich von der
internationalen Entwicklung teilweise entkoppelt. Die knappe Marktversorgung
in Deutschland und der gesamten EU sorgt für stabile Preise.
Nachdem sich inzwischen immer stärker abzeichnet, daß die weltweite
Versorgungssituation zwar knapp, jedoch nicht bedrohlich ist, haben
sich die internationalen Märkte abgekühlt. Regen in den USA und
in Australien haben die Situation für die Pflanzenbestände
entspannt. Die USA rechnen mit einem Anwachsen ihrer Bestände, der
US-Export läuft nicht so flott wie erwartet und die großen Importeure
wie Ägypten oder die Asian-Staaten richten ihr Interesse verstärkt
auf die während der Wintermonate anstehende Ernte in Australien.
Die US-Märkte reagierten daraufhin in den letzten Wochen mit Kurseinbrüchen.
Fakten
- Deutschland: Hervorragende Weizenqualität
Untersuchungen des Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel-
und Fettforschung (BAGKF) haben bestätigt, daß sich
die Ernte 2003 durch überdurchschnittliche, ja letztendlich
rekordverdächtige Qualitäten auszeichnet. Der Rekordsommer
hat zu hohen und qualitativ hochwertigen Protein- und Klebergehalten
geführt.
Qualität der Weizenernte 2002
und 2003
|
Qualitätsmerkmal |
|
Ernte 2003
|
Ernte 2002
|
Spanne
|
Ø
|
Ø
|
Protein |
% in T |
10,2 - 17,3
|
14,0
|
13,7
|
Sedimentationswert |
ml |
10 - 76
|
53
|
49
|
Fallzahl |
Sekunden |
238 - 447
|
337
|
263
|
Backvolumen im Rapid-Mix-Test |
ml/100 g |
510 - 898
|
707
|
664
|
Quelle: BAGKF, Detmold |
Neben den hervorragenden inneren Qualitäten zeichnet sich
die Ernte 2003 durch geringen Besatz der Körner mit Pilzen
sowie anderen Verunreinigungen aus. Probleme traten jedoch stärker
mit Kleinkörnigkeit und Schmachtkorn auf.
Geringere qualitätsbedingte Marktdifferenzierung
- Dollar-notierter Weizen gewinnt höhere Wettbewerbsfähigkeit
Die Entwicklung des US-Dollarkurses im Verhältnis zum Euro hat
zusammen mit den etwas niedrigeren Kursen auf den internationalen
Märkten dazu geführt, daß US-Weizen eine bessere Wettbewerbsfähigkeit
gegenüber europäischer Ware gewonnen hat. Die Nachfrage besonders
der südeuropäischen Mühlen bleibt bisher hinter den Erwartungen
zurück, da sich die dortigen Verarbeiter mit günstigem Qualitätsweizen
aus den USA versorgt haben.
Baisse-Signal
- Osteuropa inzwischen als Importeur am Markt
Nachdem die Ukraine und Rußland nach der letzten Ernte bis zum
Jahresende 2002 den EU-Markt mit preisgünstigem Weizen regelrecht
"überschwemmt" haben, treten beide Länder jetzt als Importeure
am Weltmarkt auf. Bereits im August importierte die Ukraine
rund 286.000 t Getreide - doppelt so viel wie noch im Juli.
Die Weizen-Einfuhren wurden mit knapp 247.000 t auf mehr als
das Vierfache des Vormonatsniveaus aufgestockt. Der gesamte
Einfuhrbedarf an Brotgetreide wird mittlerweile mit 2 bis 3
Mio.t beziffert. In Rußland sieht die Situation kaum anders
aus. Bei Weizen stehen für 2003/04 nur etwa 34-35 Mio. t (2002:
50,6) zur Verfügung. Polen beziffert seinen Importbedarf mit
2 Mio. t Getreide, darunter 1 Mio. t Weizen. (weitere
Infos)
In der laufenden Vermarktungssaison 2003/04 wird osteuropäischer
Weizen am EU-Markt keine Rolle spielen. Aufgrund des Versorgungsdefizites
in Osteuropa wird mit steigenden Exportaktivitäten seitens der
EU gerechnet.
Baisse-Signal
Prognose
Aufgrund der knappen Versorgungslage in Deutschland wie in der gesamten
EU dürften die Preise in der laufenden Saison 2003/04 ein hohes
Niveau behaupten. Dennoch sollte man nach meiner Einschätzung vorsichtig
bleiben. Es hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt,
daß in knapp versorgen Märkten statistische Korrekturen kurzfristig
zu rapiden Preiskorrekturen nach oben wie nach unten führen können.
Derzeit erlaubt das Niedrigwasser der Flüsse nur ein Drittel der
üblichen Auslastung der Schiffe. Die Transportmöglichkeiten sind
daher begrenzt und die Transportkosten liegen folglich hoch. Sobald
ausreichende Niederschläge die Pegel wieder ansteigen lassen, ist
zunächst mit einem Preisknick zu rechnen, der jedoch zeitlich begrenzt
bleiben dürfte.
Am Weltmarkt kündigen sich aus meiner Sicht erneut leichte Kursanhebungen
an, so daß sich der positive Trend in der EU zunächst wieder verstärken
dürfte. Diese Entwicklung ist jedoch saisonal durch den näher rückenden
Erntezeitpunkt in Australien und Argentinien begrenzt. Die dortigen
Pflanzenbestände versprechen derzeit eine gute bis sehr gute Ernte.
Wer Verkaufstermine noch in diesem Jahr in's Auge gefaßt hat, sollte
über einen umgehenden Verkauf in dem derzeit knapp versorgen Markt
nachdenken. Möglicherweise könnte sich ein weiterer Verkaufstermin
in der zweiten Oktober-Hälfte ebenfalls als günstig erweisen.Spätere
Termine sind derzeit schwierig zu prognostizieren und hängen von
den auf der Südhalbkugel zu erwartenden Ernten ab.