Weizen:
Das Wetter stellt die Weichen
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 16.10.2003


Noch immer dauert die Hausse am Weizenmarkt an. Die Marktlage ist nach wie vor fest gestimmt. Doch der Preisanstieg ist derzeit zum Stillstand gekommen. Wie wird die Entwicklung weitergehen?

Marktlage
Das Angebot am Brot- und Futterweizenmarkt ist recht klein und findet glatte Aufnahme. So können die Kurse am Kassa- wie am Terminmarkt das erreichte Niveau behaupten und tendieren fest. Das Interesse richtet sich vorzugsweise auf C- und B-Qualitäten, während A- und E-Weizen auf nur sehr geringes Interesse trifft. Folglich bleiben die realisierbaren Aufschläge für A- und E-Weizen sehr gering, während Futterweizen oftmals das Preisniveau sschächerer B-Qualitäten erreicht.

Die Mühlen zeigen nach wie vor Bedarf für die nächsten Wochen. Es deuten sich jedoch erste Signale für einen aufkommenden Preisdruck an.

Nachdem US-Weizen bei Exporten nach Ägypten nicht zum Zuge gekommen war, gerieten die US-Handelsplätze unter Druck. Gestern konnte sich der US-Markt bereits wieder erholen und die Kursverfuste fast vollständig wieder wett machen. Das Ägypten-Geschäft machte dafür Australien, die eine gute Weizenernte einfahren werden.

Seitens der Mühlen und Mischfutterwerke wurden zuletzt für Lieferungen im November und Dezember 130-135 €/t ab Hof genannt. Frei Erfasser lagen die Preise bei rund 120-125 €/t. Auch Termine ab Anfang 2004 finden bereits Interesse und werden mit monatlichen Reports von 1 €/t diskutiert.

Die Grafik zeigt deutlich, wie stark sich der internationale und der EU-Markt zwischenzeitlich entkoppelt haben.

Fakten

  • Mischfutterwerke mit rückläufiger Getreideverarbeitung
    Die derzeitige Preisentwicklung wird vor allem durch die niedrigen 2003er-Erntezahlen und die sich daraus ergebende knappe Marktversorgung getragen. Für hiesige Mischfutterwerke hat sich Futterweizen deutlich verteuert und wird derzeit häufig preisgleich zu schwachem B-Weizen gehandelt. Die Mischfutterwerke haben teueres Getreide deshalb teilweise durch preisgünstigere Komponenten ersetzt, zumal der schwache Kursverlauf des US-Dollars den Zukauf von Substituten am Weltmarkt verbilligt hat. Die "eingesparten" Getreidemengen dürften mittelfristig die Knappheit der EU-Statistik mindern.
    leichtes Baisse-Signal

  • Weizen am Weltmarkt
    Sowohl die letzte Prognose des internationalen Getreiderates (IGC) vom 25.09.2003 als auch des US-Landwirtschaftsministerium (USDA) vom 10.10.2003 gehen nach wie vor von einer kleineren Weizenernte 2003/04 sowie sinkenden Endbeständen aus. Die Endbestände wurden von beiden Oranisationen zwar leicht höher angesetzt als einen Monat zuvor, die Gesamtaussage eines außerst knapp versotrgen Marktes wird dabei jedoch bestätigt.
    Der IGC schätzt die Weltproduktion 2003/04 (Juli/Juni) auf nur noch 556 Millionen Tonnen Mio.t und befindet sich damit noch immer um 6,5 Mio.t über der Prognose des USDA. Die Endbestände der fünf Hauptexporteure (Argentinien, Australien, Kanada, EU, USA) liegen jetzt mit 38 Mio t (Vj. 37) bei nur noch 6 % des weltweiten Jahresbedarfs.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    *) Haupt- exporteure
    1999/00
    585
    582
    201
    51
    2000/01
    582
    584
    201
    53
    2001/02
    582
    587
    196
    49
    2002/03
    566
    602
    161
    37
    2003/04 Prognose vom:
    29.04.2003
    590
    602
    149
    44
    28.05.2003
    582
    599
    140
    38
    02.07.2003
    572
    596
    133
    37
    31.07.2003
    568
    591
    135
    39
    28.08.2003
    557
    588
    130
    35
    24.09.2003
    556
    585
    132
    38
    *) Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: IGC-Prognose

    Die in den Wintermonaten beginnende Ernte der beiden Hauptexporteure auf der Südhalbkugel - Australien und Argentinien - wird derzeit als sehr gut eingeschätzt. Das Exportgeschäft beider Länder ist bereits angelaufen.
    Hausse-Signal (sofern das Versorgungsrisiko abgedeckt wird)

  • Schwacher US-Dollarkurs belastet das EU-Geschäft
    Der Höhenflug des Euro hält weiter an. Im Verhältnis zum Euro notiert der US-Dollar immer schwächer. Dies wirkt sich in mehrfacher Hinsicht nachteilig auf die Preisentwicklung des EU-Weizens aus. Einerseits gewinnt US-Weizen eine dadurch eine bessere Wettbewerbsfähigkeit bei zugleich niedrigeren Kursen auf den internationalen Märkten. So bleibt auch die Nachfrage besonders der südeuropäischen Mühlen bisher hinter den Erwartungen zurück, da sich die dortigen Verarbeiter mit günstigem Qualitätsweizen aus den USA versorgt haben. Andererseits wird es für EU-Exporteure der Absatz am Weltmarkt zunehmend schwieriger.


    Baisse-Signal

  • Steigende Frachtraten
    Zunehmend besorgt äußert sich der internationale Handel über die kontinuierlich steigenden Frachtraten. Seit Monaten ziehen die Transportkosten enorm an. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, dürfte es zunehmend uninteressanter werden, Herkünfte, die mit langen Transportwegen verbunden sind, zu erwerben. Dann dürfte auf den EU-Markt für Exporte nach Osteuropa eine wachsende Nachfrage zukommen.
    Hausse-Signal

Prognose

Hinsichtlich der Einschätzung der weiteren Marktentwicklung an unserern heimischen Märkten bleibe ich bei meiner Aussage vom 25.09.2003: "Aufgrund der knappen Versorgungslage in Deutschland wie in der gesamten EU dürften die Preise in der laufenden Saison 2003/04 ein hohes Niveau behaupten. Dennoch sollte man nach meiner Einschätzung vorsichtig bleiben. Es hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, daß in knapp versorgen Märkten statistische Korrekturen kurzfristig zu rapiden Preiskorrekturen nach oben wie nach unten führen können. ..."

Die bisherigen Niederschläge haben die Pegel nur sehr begrenzt ansteigen lassen. Sie liegen nach wie vor weit unter dem Normalwasser. Somit sind die Transportmöglichkeiten noch immer begrenzt und die Frachtraten der Binnenschiffahrt liegen sehr hoch. In vielen Binnenhafen-Lägern ruht Ware und wartet auf höhere Pegel und günstigere Frachtraten. Sobald ausreichende Niederschläge die Pegel wieder ansteigen lassen, ist zunächst mit einem Preisknick zu rechnen, der jedoch zeitlich begrenzt bleiben dürfte. Das Wetter wird folglich die Weichen stellen.

Wer Verkaufstermine noch in diesem Jahr in's Auge gefaßt hat, sollte über einen umgehenden Verkauf in dem derzeit knapp versorgen Markt nachdenken. Nach meiner Einschätzung sollte ein (Teil-)Verkauf zu den derzeit guten Preisen erwogen werden. Eine so positive Kursentwicklung wie in dieser Saison hat der Markt seit Jahren nicht erfahren. Auch Bäume wachsen bekanntlich nicht in den Himmel.
 
 
 

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