Energie: Spekulation treibt die Kurse

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 14.08.2009


Da überkommt einen ein Déjà-vu-Gefühl. Rohöl wird immer teuer, und das, obwohl die Läger randvoll sind. Die Spekulanten sind massiv an die Energiemärkte zurückgekehrt. Die riesigen Geldmengen, die in das Finanzsystem gepumpt wurden, suchen renditeträchtige Engagements.

Marktlage
Randvoll sind die Läger weltweit mit Rohöl und vor allem Rohöl-Destillaten gefüllt. Die letzten Bestandszahlen aus den USA wiesen für die USA in der Woche zum 7. August im Vergleich zur Vorwoche einen weiteren Ansteig der Lagerbestände aus. Mit einem Anstieg um 2,5 Mio.Barrel (1 Barrel = 1 Faß = 159 L) auf 352,0 Mio. Barrel fiel der Bestandsaufbau nach den Zahlen des Department of Energy höher aus, als zuvor erwartet wurde.

Die Lagerbestände an Mitteldestillaten wie Diesel und leichtes Heizöl erhöhten sich um 0,8 Mio. Barrel auf 162,3 Mio. Barrel. Hier hatte der Markt aufgrund der Sommerreisewelle in den USA soger einen leichten Rückgang um 0,3 Mio Barrel erwartet. Die Lagerbestände an bleifreiem Superbenzin sanken allerdings um 1,0 Mio. Barrel auf 211,9 Mio. Barrel. Die Kapazitätsauslastung der US-Raffinerien belief sich auf 83,5 %, nach 84,5 % in der Vorwoche. Die Zahlen des American Petroleum Institute weisen abweichende Zahlen, aber ebenfalls einen Bestandsaufbau bei den Destillaten aus.

Die Aussage dieser Zahlen ist eindeutig: Es ist mehr als genug Rohöl und Teibstoff am Markt. Weltweit wurde der Verbrauch in Zeiten der Rezession gedrosselt. Da auch der weltweit größte Verbraucher USA einen geringeren Bedarf hat, haben die Lagerbestände seit Monaten einen außerordentliche hohen Stand erreicht. Die in den USA bis Ende August laufende Hauptreisezeit ließ - anders als in den Vorjahren - die US-Lagerbestände nicht schrumpfen.

Dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend müßte der Preis nicht nur für Rohöl, sondern auch für Destiillate deutlich fallen. Statt dessen klettern die Preise - nur unterbrochen durch kurzzeitige Störfeuer - stetig in die Höhe. Ein Störfeuer war zum Beispiel die Ankündigungen der G8-Staaten Mitte Juni, die Spekulation an den Rohöl- und sonstigen Rohstoffmärkten zu regulieren. Die Investoren zogen sich daraufhin aus ihren Energie-Engagements an den Terminmärkten zurück und die Kurse gaben nach.

Doch inzwischen hat das wachsende Spekulationspotential an den Terminmärkten erneut für einen stetigen Preisauftrieb gesorgt. Fazit: Diese Kursanstiege fußen nicht auf fundamentalen Angebotszahlen. Dabei treibt nicht nur das wachsende Spekulationspotential die Kurse. In Zeiten eines schwachen US-Dollars dient Rohöl am Finanzmarkt auch wieder als Dollar-Ersatz-Währung.

 

 

Prognose
Die noch immer schwache Weltwirtschaft bremst weiterhin die Energienachfrage. Die aktuellen Lagerbestände zeigen, daß sich am Energiemarkt erneut eine Blase aufbaut.

Wie bereits in meinem Beitrag "Energie: Achterbahnfahrt am Rohölmarkt" vom 06.07.2009 prgnostiziert, dürfte sich der Ölpreis nach meiner persönlichen Einschätzung in der nächsten Zeit im Bereich von 60 bis 70 Dollar bewegen. Positive Meldungen zum Wirtschaftswachstum stabilisieren aus meiner Sicht den Aufwärtstrend. Der bevorstehend Beginn der Hurrikan-Saison in Mittelamerika und den USA dürfte in den nächsten Wochen zudem für Hausse-trächtige Meldungen sorgen.

Zudem muß man sich bewußt machen, daß die mittelfristige Ölnachfrage und damit der Energiepreis nicht nur vom Wirtschaftswachstum abhängen, sondern auch von der Entwicklung der Energieintensität. Die Zukunftserwartungen bei Angebot und Nachfrage signalisieren für die kommenden Jahre - sobald das Wirtschaftswachstum wieder stärker anspringt - weiter anstiegende Energiepreise.

Langfristig, das heißt bis zum Jahresende könnte der Ölpreis nach meiner Einschätzung weiter ansteigen. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt vorerst noch die Wirtschaftskrise. Für das Jahr 2010 erwarte ich dann stärkere Preisanstiege.

 
 
 

Vorhergehende Beiträge
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09.02.2009 Energie: Bodenbildung vor der Zeit?
18.12.2008 Energie: Rohöl weiter auf Schwächekurs
11.12.2008 Energie: Rohöl teurer - Diesel und Heizöl billiger
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