Energie: Achterbahnfahrt am Rohölmarkt

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 06.07.2009


Schon seit langem stehen Spekulanten im Verdacht, die Märkte zu manipulieren und den Ölpreis zum eigenen Nutzen zu manipulieren. Nach dem Kurssturz im vergangenen Jahr haben sich die Energiepreise an den Terminbörsen in den letzten vier Monaten verdoppelt. Doch seit Freitag stürzen die Kurse erneut ab.

Marktlage
Rund 147 Dollar kostete Anfang Juli 2008 das Barrel Rohöl (Barrel = Faß = 159 Liter). In den darauf folgenden 7 Monaten brach der Ölpreis um mehr als 70 % ein. Seit März 2009 zogen die Kurse wieder um über 70 % auf 72 Dollar an. Auffällig war, daß die aktuelle Angebots-Nachfrage-Bilanz niemanden zu interessieren schien.

Mit Blick auf den durch die Konjunkturkrise abgeschwächten Energiekonsum war man seit langem im harmlosesten Falle irritiert. Man fragte sich: Geht es auf dem Ölmarkt noch mit rechten Dingen zu?

Offenbar ging es das nicht. Denn jetzt wurde bekannt, daß ein Rohstoffhändler des in London ansässigen Brokerhauses PVM durch Spekulation auf den Brent-Ölpreis massive Preisturbulenzen ausgelöst hat. Umfangreiche Termingeschäfte ließen den Ölpreis binnen kürzester Zeit auf über 73 Dollar steigen.

Nachdem bekannt wurde, was sich abgespielt hatte, ging der Ölpreis erneut auf Talfahrt. Zwischenzeitlich wird Nordsee-Rohöl an der Börse wieder unterhalb der 64 Dollar-Marke gehandelt.

In Zeiten in denen der Rohölkurs große Preiswirkung zum Beispiel auf den Ölsaatenmarkt hat, in denen die Wirtschaft auf eine baldige Beendigung der Konjunkturkrise hofft und in denen über Regeln für den Finanzmarkt diskutiert wird, stößt ein derartiges Vorkommnis auf allerorten Unverständnis.

 

Fakten

  • Welt: Abschwächung des Nachfragewachstums
    Die noch immer schwache Weltwirtschaft bremst weiterhin die Energienachfrage. So hat auch die Internationalen Energie Agentur (IEA) ihre Prognosen für die mittelfristige Entwicklung der Ölnachfrage auch ür die nächsten Jahre deutlich gesenkt.

    Bereit in den letzten Monaten hat die IEA ihre Nachfrageschätzung nach unten revidiert. Noch im Jahr 1997 erwartete die IEA, daß die durchschnittliche tägliche Ölnachfrage In dem Zeitraum 2009 bis 2013 bei 91,7 Mio. Barrel liegen würde. Nach mehreren Korrekturen in den letzten Monaten senkte die IEA in der vergangenen Woche ihre Nachfrageerwartungen auf nur noch 85,6 Mio.t Barrel ab.

    Im Jahr 2008 betrug laut IEA die globale Ölnachfrage 85,8 Mio. Barrel. Im laufenden Jahr rechnet die die IEA mit einer Nachfrage von 83,2 Mio. Barrel und im kommenden Jahr 2010 mit einer Nachfrage von 84,3 Mio. Barrel..

 

Prognose
Die mittelfristige Ölnachfrage und damit der Energiepreis hängen nicht nur vom Wirtschaftswachstum ab, sondern auch von der Entwicklung der Energieintensität. Die Zukunftserwartungen bei Angebot und Nachfrage signalisieren auch für die kommenden Jahre weiter anstiegende Energiepreise.

Während des am Mittwoch beginnenden G8-Gipfeltreffens der sieben führenden Industrienationen und Rußlands im italienischen L'Aquila soll unter anderem darüber diskutiert werden, wie die Spekulation im Rohölmarkt begrenzt werden kann. Die G8-Staaten wollen beraten, wie verhindert werden kann, daß die Volatilität zum Wachstumsrisiko wird. Die Finanzbranche zieht sich daher vorab vorsichtig aus ihren Engagements zurück.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte sich der Ölpreis in der nächsten Zeit im Bereich von 60 bis 70 Dollar bewegen. Langfristig, das heißt bis zum Jahresende könnte der Ölpreis wieder ansteigen - doch vieles hängt davon ab, wann die Talsohle der Wirtschaftskrise durchlaufen ist. Für das Jahr 2010 erwarte ich bereits wieder stärkere Preisanstiege.

 
 
 

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