Börse: Agrarrohstoffe entziehen sich dem Börsen-Chaos

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 13.09.2011


Einen regelrechten Kursabsturz löste gestern die wieder aufflammende Griechenland-Schuldenkrise aus. Der Dax rutsche tief ins Minus, doch Agrarrohstoffe konnten ihr Preisniveau weitgehend verteidigen. Sie profitieren von ihrer Einschätzung als "sichere Werte".

 

Devisen & Konjunktur
Die Griechenland-Pleite-Debatte hat den Euro gestern bis auf 1,35 US-Dollar abstürzen lassen. Die Gerüchteküche kochte und und jede noch so kleine Meldung löste kaum nachvollziehbare Kursschwankungen aus.

Dabei ist die Lage beim Geld nichts Neues: Der wachsende Schuldenstand diesseits wie jenseits des Atlantiks ist seit Jahren bekannt. Die mangelhafte Kapitalausstattung im Bankanwesen wird spätestens seit der Lehman-Pleite beklagt.

Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) gestern mit 1,3656 US-Dollar so niedrig wie zuletzt im Februar 2011 festgesetzt. Heute im frühen Handel kann sich der Euro leicht erholen, seitdem laut Medienberichten Italien mit China Gespräche über den Ankauf von italienischen Staatsanleihen führt.

 

Energie
Schuldenkrise und Rezessionsängste belasteten gestern auch den Ölmarkt. Zwar wirkt die 450 Milliarden-Dollar-Rede von US-Präsident Barack Obama (siehe vorangegangene Berichte) noch positiv nach. Doch zuletzt wirkte der spürbar festere Dollar als Belastungsfaktor.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Oktober wurde mit 88,19 Dollar etwas höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Oktober-Fälligkeit wurde mit 112,25 Dollar ebenfalls höher festgesetzt. Heute im frühen Handel tendieren die Kurse seitwärts.

 

Agrarrohstoffe
Weitgehend unbeeindruckt von den Turbulenzen am Aktien- und Devisenmarkt wurden Agrarrohstoffe an den Börsen gestern auf hohem Niveau gehandelt und erzielten an den europäischen Börsen teilweise Kursgewinne.

Im Nachmittagshandel sorgte die neue Angebots-Verbrauch-Prognose des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums für kurzzeitige Kursschwankungen, da die US-Analysten die globale Weizenernte um 6 Mio.t auf knapp 678 Mio.t nach oben korrigiert haben. Da jetzt jedoch eine etwas geringere Futtergetreide-Produktion und eine kleinere Körnermais-Ernte erwartet werden, blieben die Kursverluste allerdings auch an den US-Börsen begrenzt. Lediglich der Soja-Komplex mußte deutlichere Kursverluste in Kauf nehmen und sorgte auch für rote Zahlen bei Rapssaat.

Allein die Weizen-Ernte in Rußland, der Ukraine und Kasachstan wird um rund 26 Mio.t höher geschätzt als im Vorjahr. Damit dürften sich die osteuropäischen Exporte zwar um rund 19 Mio.t höher ausfallen und sich damit mehr als verdoppeln. Doch trotzt der höheren weltweiten Ernteerwartungen werden die globalen Weizen-Lagervorräte lediglich um 1,25 Mio.t anwachsen, da auch in der laufenden Saison mit einem Anstieg des globalen Bedarfs um 3,4 % gerechnet wird. Bei anderen Getreidearten wird weiterhin mit einem Rückgang der Lagervorräte gerechnet.

Damit dokumentieren auch die neuen Zahlen der US-Analysten eines: Die weltweiten Endbestände werden in der Saison 2011/12 sowohl bei Getreide, wie auch bei Ölsaaten weiter schrumpfen.

 

Ausblick
An den Börsen dominieren derzeit Sorgen das Geschäft: Sorgen über die Schulden, Sorgen über eine Staatspleite, Sorgen über eine Konjunkturschwäche. Nach wie ist die Angst groß, daß die Schuldenkrise auf die Realwirtschaft überschwappen könnte.

Agrarrohstoffe können dennoch ihr hohes Preisniveau weitgehend verteidigen. Die enge Verzahnung zwischen Börsenkursen und Realmarkt, dessen Preisbildung sich an Angebot und Nachfrage orientiert, stützt auch die Börsenkurse.

An den Agrarrohstoffbörsen erwarte ich persönlich für den heutigen Handelstag, daß Weizen, Raps & Co leichte Kursgewinne erzielen können. Der Euro dürfte sich ebenfalls leicht erholen. Am Ölmarkt erwarte ich dagegen größere Kursschwankungen.

Der stetige Export und die flotte internationale Nachfrage unterstützen auch den Preistrend am hiesigen Kassamarkt, zumal der Wettbewerbsdruck aus Osteuropa allmählich nachläßt.

 
 
 


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