Schlachtschweine: Marktverschiebungen durch Schweinepest
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.04.2006


Nachdem die NRW-Schweine am Markt fehlen, bieten die Schlachtbetriebe Preisaufschläge, um ausreichend schlachtreife Schweine zukaufen zu können. Kommt nächste Woche bereits der Preisknick?

Schweinepest: Marktwirksame EU-Beschränkungen
Die EU-Kommission hat Handelsbeschränkungen gegen die Ausbreitung der Schweinepest erlassen, die seit dem 07. April zunächst befristet bis zum 15. Mai gelten, am 13. April jedoch vorab überprüft werden.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) sind derzeit Handel, Transport oder Schlachtung von Schweinen komplett gesperrt. Nach Ablauf des sogenannten „Stand-Still“ – also dem totalen „Bewegungsverbot“ – ist eine Schlachtung in NRW vorgeschreiben oder – nach vorheriger Untersuchung und Genehmigung – kann auch eine Schlachtung in einem anderen Bundesland erfolgen.

Die EU-Maßnahmen gehen über das Gebiet NRW hinaus: Aus ganz Deutschland dürfen Schweine nur dann in andere EU-Mitgliedsländer gebracht werden, wenn sie zuvor 60 Tage im gleichen Bebrieb gewesen sind, während dieser Frist keine Schweine zugekauft wurden und die Tiere klinisch untersucht wurden. Schweine aus anderen Bundesländern oder aus anderen Ländern dürfen nur direkt auf festgelegten Korridoren zu Schlachtbetrieben in NRW gebracht werden.

 

Marktlage
Die von der EU-Kommission erlassenen Transportbeschränkungen für NRW und Deutschland wirbeln den Schlachtschweinemarkt durcheinander. Bis zum Inkrafttreten des Transportverbotes in NRW wurden alle verfügbaren Transportkapazitäten zum Einsatz gebracht. Derzeit haben NRW-Schweine "Stall-Arrest" und fehlen am Markt.

Das fehlende Angebot aus NRW bringt anderen deutschen Vermarktungsregionen ein Preis-Plus. Die Nord-West-Notierung zog leicht an. Die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch in Nordwest- und Ostdeutschland legte den mittleren Basispreis für den Zeitraum von Freitag, 07.04. bis Donnerstag, 13.04.2006 mit 1,52 Euro/kg SG um 4 Cent über dem Vorwochenpreis fest. Die Preisspanne wurde mit 1,48-1,55 Euro/kg SG im unteren Ppannenbereich unverändert und im oberen Spannenbereich um 6 Cent/kg SG über der Vorwochen-Notierung festgesetzt. Die genannten Preise sind Basispreise für Schweine mit 56 % MFA, frei Schlachtstätte und beziehen sich auf die sogenannte Euro-Referenzmaske.

Bei der Internet Schweinebörse Nordwest AG am 05.04.2006 konnten die Schweinepreise ihr Preisniveau im Vergleich zur Vorwoche weitgehend halten. 460 deutsche Schweine wurden zu einem Durchschnittspreis von 1,54 Euro/kg SG verkauft. Die Vermarktung erfolgte in der Preisspanne von 1,53-1,55 Euro/kg SG. Damit lag der Preis um 0,01 Euro unter der Notierung vom 22.03.2006.

Die Warenterminmärkte zeigen sich eher pessimistisch. An der Warenterminbörse Hannover büßte der Fronttermin seit ihrem Höchstand in der ersten April-Woche rund 6 Cent und notierte am 11.04.2006 mit 1,46 Euro/kg SG. Auch der Mai-Termin notierte mit 1,50 Euro schwächer, wenn auch nur um 3 Cent. Damit liegen die Terminnotierungen unter dem Kassapreis-Niveau.

In den europäischen "Schweineregionen" tendierten die Notierungen im Zuge der EU-Schweinepest-Maßnahmen uneinheitlich. Während es in einigen EU-Ländern noch zu Preisanhebungen kam, gaben die Kurse in Ländern wie z.B. Niederlande , für die Deutschland ein wichtiger Exportmarkt ist, deutlich nach.

Der Schlachtschweinemarkt ist kein lokaler Markt mehr. Daher kann es infolge der EU-Maßnahmen auch zu krassen Einkommensausfällen kommen: Wer z.B. NRW-Schlachthöfe beliefert oder NRW durchqueren muß, sieht sich mit erheblichen "NRW-Import-Auflagen" und Transporterschwernissen konfrontiert.

 

Fakten

  • Marktverschiebungen und Bestandsaufbau
    Die EU-Maßnahmen führen zu Marktverschiebungen und in einigen EU-Nachbarländern zu einem Bestandsaufbau bei Schlachtschweinen. Wie kommt das?

     
    Mit insgesamt 1.552.691 Tonnen Schweinefleisch im Jahr 2005 erfolgten fast 35 % aller deutschen Schlachtungen bei Schlachtunternehmen in NRW.
     
    In NRW-Ställen standen am 03.11.2005 knapp 6,5 Millionen Schweine - und damit nur knapp 24 % des deutschen Schweinebestandes.
     
    Fazit: Die NRW-Schlachthöfe haben einen erheblichen "Importbedarf".
     
    Der Fehlbedarf der NRW-Schlachthöfe wird aus anderen Bundesländern und in erheblichen Umfang auch aus dern Niederlanden und Dänemark gedeckt.
     
    Deutschland importiert wöchentlich aus Dänemark rund 12.500 Mastschweine und Sauen, aus den Niederlanden etwa 40.000 - 50.000 Mastschweinen. Die hohen Transportauflagen führen jetzt zu einem Bestandsaufbau in den Erzeugerländern.
     Sofern die EU-Maßnahmen bis zum 15.05.2006 unverändert gelten, dürfte der zu erwartende Bestandsaufbau zu Preisdruck bei den Mai-Preisen führen.

    Baisse-Tendenz

 

  • Ab 15.04. dürfen Schweine in NRW wieder zum Schlachthof
    In ganz NRW dürfen ab Samstag Schlachtschweine wieder zum Schlachthof gebracht werden. Dies gilt nicht für das Beobachtungsgebiet, also im Bereich von zehn Kilometern um die von der Schweinepest betroffenen Höfe.

    Eine erste Erleichterung gibt es für das Beobachtungsgebiet allerdings auch: Innerhalb dieser Zone dürfen für die Mast bestimmte Ferkel in leer stehende Ställe verbracht werden. Diese Entscheidung der EU muss noch in nationales Recht umgesetzt werden, voraussichtlich ab Samstag dürfen die Tiere dann in innerhalb dieses Gebietes transportiert werden.

    Die EU-Kommission hat eine Lockerung des Verbots für den Transport von Zuchtschweinen und Ferkeln aus NRW von einem weiteren Untersuchungsprogramm abhängig gemacht. So müssen bis Mitte nächster Woche rund 800 Betriebe überprüft werden, die Kontakt zu Höfen aus den Kreisen Recklinghausen, Coesfeld, Wesel und Borken sowie den Städten Bottrop und Gelsenkirchen hatten. Diese Kreise und Städte liegen ganz bzw. teilweise in der Pufferzone, die um die von der Schweinepest betroffenen Betriebe gezogen wurde.
    Baisse-Tendenz

 

  • Schweinepest: Rückblick
    Am 3. März 2006 wurde in einem Betrieb im Kreis Recklinghausen ein Schweinepest-Fall festgestellt, in den beiden Folgetagen zwei Weitere in unmittelbarer Umgebung. In den betroffenen drei Beständen wurden alle 650 Schweine getötet. Nach einer Risikoeinschätzung im Nahbereich mußten in weiteren sechs Betrieben vorsorglich etwa 2.700 Schweine getötet werden.

    Nachdem am 27. und am 31. März 2006 im Kreis Recklinghausen erneut zwei Seuchen-Fälle verzeichnet werden mussten, wurden nicht nur in den beiden Betrieben, sondern im gesamten Sperrbezirk – also im Umkreis von 3 km – alle Schweine getötet.


    Rot: Sperrgebiete Blau: Beobachtungsgebiet Grün: Pufferzone
    Quelle: MUNLV-NRW

    Der letzte Schweinepest-Ausbruch ereignete sich am 1. April 2006 in einem Mastbetrieb im angrenzenden Kreis Borken. Auch hier wurden die Schweine dieses Betriebes als auch alle Schweine von Höfen in Umkreis von 1.000 m getötet. (Quelle: Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen)

 

Prognose
Die Zahl der am deutschen Markt angebotenen Schlachtschweine hat sich seit dem 07.04.2006 schlagartig verringert. Die erneute Angebotsverknappung treibt die Auszahlungskurse weiter in die Höhe. Doch bereits in der kommenden Woche wird das Angebot innerhalb von NRW nach der Lockerung der Transportbeschränkungen wieder erheblich höher ausfallen.

Auch aus den Niederlanden und aus Dänemark ist in der kommenden Woche mit einem wieder größeren Export in Richtung Deutschland zu rechnen.

Nach meiner Einschätzung dürfte daher der VP-Preis wieder spürbar nach unten korrigiert werden. Ich erwarte eine Preisrücknahme in Höhe von 3 bis 5 Cent.

 
 
 
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