Börse: Erntetal schon durchlaufen?


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.07.2013


An den Aktienmärkten herrscht beste Kauflaune. Denn US-Notenbankchefs Ben Bernanke sieht noch kein Ende der US-Quasi-Nullzins-Politik. Für grüne Zahlen in den Börsensälen sorgen nicht nur die Abwärtskorrektur u.a. der USDA-Ernteprognose, sondern weitere Wetterspekulationen.

 

Devisen & Konjunktur
An den Börsen herrscht wieder fröhliche Kauflaune. Denn US-Notenbankchef Ben Bernanke erklärte seinen verblüfften Zuhöreren anläßlich einer Rede am Mittwochabend in Boston: "Eine sehr expansive Geldpolitik für absehbare Zeit ist das, was die US-Wirtschaft braucht". Verblüffung herrschte, den zuvor hatte Ben Bernanke immer konkreter einen Ausstieg aus der Billig-Geld-Politik angedeutet.

An den Aktienmärkten lief der Handel daraufhin mit neuem Schwung. Die Wall Street reagiert begeistert und schickte den Dow Jones auf ein neues Rekordhoch. Der Dax legte eine Rallye auf das Parkett.

Auch am Devisenmarkt erhielt der Euro Rückenwind. Immerhin steht der Euro für Geldwertstabilität und das wurde von den Anlegern honoriert. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3044 US-Dollar deutlich höher als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel legte der Euro gegenüber dem Dollar weiter leicht zu.

 

 

Energie
Der Ölpreis absolvierte gestern einen Achterbahnkurs. Erst ging es steil bergauf und US-Öl kletterte auf 107,45 Dollar pro Barrel. Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August wurde mit 104,91 Dollar deutlich unter dem Kurs des Vortages gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit wurde zum Handelsschluß mit 107,73 Dollar ebenfalls niediger als am Vortag notiert. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter aufwärts.

Die steigenden Aktienmärkte, die Prognose einer kräftigen Ausweitung der Rohölproduktion durch die Internationale Energieagentur, der globale Anstieg der Rohöl-Lagervorräte und die schwachen Wachstumszahlen bei der Rohölnachfrage ließen die Ölkurse sinken.

 

Agrarrohstoffe
Mit Spannung war die gestrige Juli-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) erwartet worden. Wie erwartet, waren die Produktionserwartungen bei Weizen zwar leicht angehoben worden. Wie erwartet wurden die Schätzungen der globalen Lagerbestände nicht nur bei Weizen, sondern auch bei Futtergetreide und Reis nach unten korrigiert. Geringfügig höher wird dagegen die Versorgungssituation bei Sojabohnen gesehen. Aufgrund der etwas höheren Ernteerwartungen in den USA prognostizieren die US-Analysten einen deutlichen Anstieg der Welt-Lagerbestände zum Vorjahr.

Die neuen US-Zahlen unterstreichen auch das, was an den Märkten längst eingepreist ist: China wird 2013/14 mit steigenden Importen ein wichtiger Marktfaktor sein. Das bedeutet jedoch auch, daß China mit seinem Einkaufsverhalten die Preise bewegen wird.

Insgesamt brachte der neue USDA-Bericht jedoch nicht viel Neues. An den Börsen setzte sich der Aufwärtstrend bei Getreide und Ölsaaten fort. Lediglich Rapssaat in Paris geriet tiefer in die roten Zahlen. Rapssaat hat einen Dämpfer erhalten, seitdem die EU-Kommission vorgeschlagen hat, die Beimischung von Biosprit zum Normalbenzin und -diesel auf 5 % zu begrenzen.

An den europäischen Börsen schlossen die Börsenkurse gemischt. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit +1,75 Euro/t im Minus, während der Januar-Termin mit +2,00 Euro/t zum Vortag schloß. Auch Körnermais zog erneut an. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit +0,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte sogar +0,75 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin mit -3,00 Euro/t aus dem Handel. Ebenso wurde der Schlußkurs bei Rapssaat mit hohen Kursverlusten notiert: Der August-Termin schloß mit -7,25 Euro/t, der November-Termin notierte ebenfalls -7,25 Euro/t.

Auch bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag im Plus. Trotz der Rekordernteerwartungen bei Sojabohnen wird keine spürbare Entspannung bei der Versorgungsbilanz erwartet. Der stark wachsende Verbrauch und die steigenden Exporte haben gestern für Kursgewinne gesorgt.

 

 

Ausblick
Die Finanzbranche ist begeistert: Die US-Notenbank wird möglicherweise der Billigzins-Politik später den Hahn zudrehen als befürchtet. Die Finanzbranche ist begeistert und wendet sich vom "sicheren Hafen" der Rohstoffe wieder etwas ab und sorgt an den Aktienmärkten für einen neuen Hype.

Weiterhin bestimmen die Wettermeldungen, derzeit vor allem für die USA, den Preistrend. Während für den "Mittleren Westen" wärmeres Sommerwetter den Mais- und Sojabeständen nach den zurückliegenden kühlen Tagen gut tun dürfte, dürften Hitze und Trockenheit den Feldbeständen in den "Südlichen Ebenen" zu schaffen machen. Für Osteuropa werden etwas niedrige Temperaturen und damit weniger Hitzestreß bei den Pflanzen erwartet, während für China abzuwarten bleibt, welche neuen Schäden Starkregen und Sturm anrichten.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks leicht im Plus liegen. Die Investoren bleiben jedoch vorsichtig und warteten zunächst einmal ab, ob sich aus der aktuellen Wetterlage rund um den Globus noch echte Anbau- und Wetterrisiken entwickeln könnten.

 
 
 


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