Weizen: US-Weizen bremst den Preisanstieg


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 25.11.2014


Der Export von EU- und Schwarzmeerweizen läuft mit Volldampf. Doch der Aufwärtsdrang der Weizenpreise wird immer wieder ausgebremst. Nach wie vor deckelt der am Weltmarkt zu teure US-Weizen auch das Preispotential in Europa.

 

Marktlage
Das Exportgeschäft ist weiterhin das große Zugpferd am EU-Weizenmarkt. Trotz der oftmals schwachen Erntequalitäten in Frankreich, kann EU-Weizen im internationalen Wettbewerb punkten und hängt sogar Schwarzmeerherkünfte ab.

EU-Weizen wird am Weltmarkt derzeit sogar preisgünstiger angeboten als konkurrierende Angebote aus der Schwarzmeerregion. Ende letzter Woche kamen erneut 60.000 t französische Ware zu umgerechnet 194,40 Euro/t FOB zuzüglich Fracht von 9-12 Euro/t zum Zuge. Käufer war die staatliche Einkaufsagentur Ägyptens, die damit in der laufenden Saison bereits 840.000 t Weizen in Frankreich zugekauft hat. Auch für französischen Futterweizen gibt es Käufer. Zuletzt konnten Futterqualitäten nach Südkorea und - erstmals seit zwölf Jahren - in die USA verschifft werden.

Im letzten Vermarktungsjahr hatte Ägypten vor allem Interesse an Weizen aus Rumänien oder der Ukraine. Doch derzeit sind diese Herkünfte rund 8 Euro/t teurer.

Russischer Schwarzmeerweizen hat sich auf umgerechnet 205 Euro/t FOB verteuert. Angesichts der Inlandsinflation, die zuletzt bei 7,6 % lag, halten viele Verkäufer die Ware zurück und verstärkten damit die Teuerung.

Der französische Export in Richtung Algerien läuft in diesem Jahr allerdings auf Sparflamme, da die dortigen Importeure höhere Backqualitäten suchen.

Auch der Weizenexport aus Deutschland läuft besser als im letzten Jahr. Seit Anfang Juli konnten 2,1 Mio.t Weizen ausgeführt werden, - ein Plus im Vergleich zum Vorjahr um 5 %. Mit 441.000 t ist der Iran bisher der größte Käufer in Deutschland. Die Verladungen in den deutschen Häfen laufen flott und sorgen für eine stetige Nachfrage am Kassamarkt.

Seit der Ernte sind die Weizenpreise am Kassamarkt um 12 bis 15 % gestiegen je nach Qualität, Parität und Dringlichkeit des Zukaufbedarfs.


Doch der Preisauftrieb in West- und Osteuropa wird weiterhin durch das am Weltmarkt nicht wettbewerbsfähige US-Preisniveau gebremst. Trotz der stetigen Nachfrage der Importstaaten geraten in den letzten Tagen die US-Weizenpreise erneut unter Druck.

 

 

El Niño-Gefahr sorgt in den USA für Preisdruck
Der Grund für den Preisdruck in den USA sind nicht nur die die übervollen US-Lagerhäuser. Es ist auch nicht der Regen, der in den "Südlichen Ebenen" der USA in den letzten Wochen gefallen ist. Denn nach wie vor ist es in den wichtigen Anbaugebieten von Texas im US-Süden bis nach Kansas immer noch zu trocken.

Vielmehr ist es die erneut höhere Wahrscheinlichkeit, sich inzwischen doch ein neues El Niño-Phänomen im Pazifischen Ozean aufbaut. Das letzte Mal trat ein El Niño im Jahr 2009 auf. Letzte Woche hat das australische Wetteramt die Wahrscheinlichkeit, daß sich ein El Niño zum Ende des australischen Sommers entwickeln könnte, von 50 % auf 70 % angehoben. Derzeit steigt im äquatorialen Pazifikraum die Meeresoberflächentemperatur wieder.

Sollte 2015 ein El Niño-Jahr werden, würde Europa durch das Klimaphänomen, - wenn überhaupt -, nur indirekt betroffen sein. Doch in Australien und Südostasien würde ein El Niño für Trockenheit, in Südamerika indes für starke Niederschläge sorgen.

Für die USA läßt ein Aufbau eines El Niño die Wahrscheinlichkeit steigen, daß im "Mittleren Westen" der USA milde Wintertemperaturen vorherrschen und damit die Exportlogistik in den kommenden Monaten nicht beeinträchtigt wird. Zudem wird für den Süden der USA eine feuchtere Witterung erwartet, so daß dort die Ernteerwartungen für 2015 steigen.

 

 

Prognose
Sobald die Börsenkurse bei Weizen wieder ein etwas nach oben geklettert sind, wird an den Börsen zunächst einmal "Kasse gemacht". Anschließend dreht der Kurstrend immer wieder nach oben. Denn derzeit steuern zahlreiche Risikofaktoren den Preistrend.

Für Hausse-Signale sorgen:
• die immer besseren Exportchancen für EU-Weizen,
• die bereits umfangreich vermarkteten Schwarzmeer-Exportvorräte,
• die steigenden Schwarzmeer-Preise,
• die Erwartung eines nachlassenden Angebotsdrucks aus Osteuropa,
• die Abwärtskorrektur bei den Ernteerwartungen für die Südhalbkugel,
• die reduzierten Ernteerwartungen infolge geringerer Anbauintensität in Osteuropa,
• die anhaltend rege internationale Nachfrage.

Zunehmend finden jedoch auch alte und neue Baisse-Signale Beachtung:
• die Erwartung eines milden Winterwetters für die USA infolge eines El Niño-Aufbau,
• die Erwartung besserer Anbaubedingungen und Ernteerwartungen für den US-Süden (El Niño),
• die hohen globalen Lagervorräte,
• die schwachen Wachstumsraten bei der Weltkonjunktur.

Die Stimmung an den Börsen richtet sich inzwischen weniger an den globalen Rekord-Erntemengen 2014/15 aus, sondern zunehmend an den Ernteerwartungen zur kommenden Ernte 2015/16.

Aktuell sollte aber das Aufwärtspotential nicht überbewertet werden: Denn in Europa war die Bereitschaft zur Einlagerung während der letzten Ernte sehr hoch. Auch wenn die Verkaufsbereitschaft durch die in den letzten Wochen steigenden Preise gefördert wurde, muß nach wie vor noch mit einem aufkommenden Angebotsdruck und möglicherweise auch Verkaufswellen gerechnet werden.

Fazit: Am Kassamarkt dürften nach meiner Einschätzung in den kommenden Wochen die Preise dem Rhythmus des Börsenthermometers folgen. Je nach Nachrichtenlage werden die Winter-Witterung auf der Nordhalbkugel oder El Niño-Meldungen von der Südhalbkugel über den weiteren Preisverlauf im Jahr 2015 entscheiden.

 
 
 
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