Energie: Trendwende in Sicht!
S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de  Stand: 18.02.2005


Die Kurse an den Märkten für Rohöl sowie Treib und Brennstoffe sind erneut angestiegen. Ursache waren vor allem neue Prognosen über eine weltweit höhere Ölnachfrage in diesem Jahr.

Marktlage
Befürchtungen über ansteigende Spannungen und nicht enden wollende Terroranschläge auf Öleinrichtungen im Nahen Osten, die politischen Spannungen zwischen Libanon und Syrien wie auch die Absage Nordkoreas an eine weitere Teilnahme an den multilateralen Atomgesprächen sind der Hintergrund für die anhaltende Hausse-Tendenz am Rohöl-Markt. Die eigentliche Ursache für den Ölpreisanstieg war jedoch der Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA), in welchem die weltweite Ölnachfrage im laufenden Jahr höher einschätzt wird als bisher erwartet.

Die Versorgungsängste ließen die Rohöl-Preise wieder kräftig steigen. Für ein Barrel der Nordsee-Ölsorte Brent mußten in London am 17.02.2005 für den März-Termin rund 2,30 Euro je Barrel (159 Liter) mehr gezahlt werden als im Durchschnitt der Vorwoche. Auch die in New York gehandelte US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) lag für den März-Termin rund 1,40 Euro über dem Durchschnitt der Vorwoche.

In Deutschland bewegen sich die Heizöl-Preise bei einer Liefermenge von 3.000 L derzeit zwischen 40-45 Cent/L.

Tendenziell laufen die verschiedenen Rohöl-Sorten synchron. Der sogenannte Korbpreis (Basket-Preis) der Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC) lagen am 15.02.2005 mit 41,84 US-Dollar/Barrel (umgerechnet 20,22 Euro/100 L) trotz des Preisrückgangs der letzten Wochen noch deutlich über dem sogenannten Korbpreis. Zielsetzung der OPEC ist es, den Korbpreis innerhalb einer Preisspanne (Grafik: "Preisband") von 22 bis 28 US-$/Barrel zu halten. Bereits seit Anfang 2004 liegt der OPEC-Preis dauerhalt über dieser angestrebten Zielvorgabe. Innerhalb der OPEC gibt es daher Überlegungen, den Korbpreis auf durchschnittlich 30 US-$/Barrel anzugeben.

Der OPEC-Basket umfaßt sieben Rohöl-Sorten einzelner Mitgliedsstaaten: Arab Light (Saudi-Arabien), Sahara Blend (Algerien), Minas (Indonesien), Fateh (Dubai), Tia Juana Light (Venezuela), Bonny Light (Nigeria) und Isthmus (Mexiko). Bei Brent Crude Oil (Brent, gehandelt an der IPE) handelt es sich um Nordseeöl. Obwohl Brent ein deutlich geringeres Handelsvolumen hat als andere Rohöl-Sorten, gilt es als weltweit übergeordneter Maßstab am Rohölmarkt. Bei West Texas Intermediate (WTI, gehandelt an der NYMEX) handelt es sich um die maßgebliche in den USA geförderte Rohöl-Variante).

 

Fakten

  • Steigende weltweite Ölnachfrage
    Die weltweite Ölnachfrage wird im laufenden Jahr nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) wegen des Wirtschaftswachstums in China und Südostasien höher ausfallen als bisher erwartet. In ihrem neuesten Februar-Bericht zum Ölmarkt vom 10.02.2005 rechnet die IEA mit einem Anstieg der Nachfrage um 1,52 Mio. Barrel pro Tag auf 84 Mio. Barrel. Das sind 80 000 Barrel mehr als bislang von der Agentur geschätzt.

    Wie die IEA weiter mitteilte, dürfte die Nachfrage nach OPEC-Öl im ersten Quartal erstmals seit zwei Jahren das Angebot übersteigen. Die OPEC-Förderung sei im Januar um 770.000 Mio. Barrel auf 28,8 Mio. Barrel pro Tag gesunken. Damit lag die tägliche Fördermenge um rund 300.000 Mio. Barrel pro Tag unter der erwarteten Nachfrage nach OPEC-Öl, die die IEA für das erste Quartal mit 29,1 Mio. Barrel pro tag kalkuliert.

    Die ÎEA erwartet keinesfalls, daß die Ölnachfrage im zweiten Quartal stark sinken könnte. Hierbei verweist sie auf den erwarteten Lagerrückgang im ersten Quartal und die hohe Nachfrage nach OPEC-Öl.
    Hausse-Tendenz

  • Winter auf der Nordhalbkugel läßt die Vorräte schrumpfen
    Gegenwärtig kommt auch der Entwicklung der Ölvorräte eine besondere Bedeutung zu. Hintergrund ist die Sorge über Versorgungsengpässe mit Brennstoff. Zwar gilt das Angebot an Rohöl als ausreichend, im Winter richtet sich das Interesse jedoch vorrangig auf die Heizölversorgung in den USA. Die Preisentwicklung spiegelt daher stark die Wetterentwicklung in den US-Heizölregionen wider. Infolge der mangelhaften Raffineriekapazitäten sind die Heizölvorräte in den USA auch in dieser Heizsaison gering, so daß bei hohen Minusgraden die Heizölversorgung gefährdet ist.

    Während die Bestandszahlen in den USA bei Rohöl und Benzin deutliche Zuwächse aufweisen, nehmen die Vorräte zur Zeit bei Heizöl erneut aufgrund des Frostwetters ab. Die Kälte in Westeuropa führt ebenfalls zu einem steigenden Verbrauch an Heizöl.
    Hausse-Tendenz

  • Wachtumsmarkt China
    Auch in den kommenden Jahren rechnen Marktexperten mit steigenden Preisen, da der Ölbedarf rasant wachsen wird. Neue Märkte wie China verursachen eine zusätzliche Verknappung des Ölangebots. China benötigt für sein beeindruckendes Wirtschaftswachstum viel Energie, darunter auch Öl. Zudem wächst im Reich der Mitte der Autoabsatz beträchtlich und dementsprechend auch der Benzinbedarf. Durch seine Verschwendung ist China - die mittlerweile sechstgrößte Wirtschaft der Erde - zum zweitgrößten Ölverbraucher aufgestiegen. Zudem rechnet die Internationale Energieagentur (IEA) damit, daß China in diesem Jahr mit dem Aufbau einer strategischen Ölreserve beginnen wird.
    Hausse-Tendenz

  • Gerüchte: Kürzung oder Aufstockung der Förderquote bei der OPEC?
    Mitte der Woche stiegen die Preise nachdem Gerüchte in Umfauf kamen, die vor einer anstehenden Kürzung der OPEC-Förderquote warnten. Dementis aus OPEC-Kreisen und die aktuelle Versorgungslage haben die Lage inzwischen wieder leicht beruhigt. Saudi-Arabien signalisiert, seine Förderung eventuell ausdehnen zu wollen. Vor allem an den US-Märkten gingen die Preise danach wieder leicht zurück, doch die Nervosität bleibt, zumal auch der US-Dollar erneut an Wert verliert.
    Hausse-Tendenz

 

Prognose

Der Markt ist von Nervosität geprägt. Die Lage im Nahen Osten und die anhaltenden Spekulationen über einen Ausbau oder eine Einschränkung der OPEC-Förderquote verunsichern die Marktbeteiligten. Die knappe internationale Versorgungslage bei Heizöl und die hohe Nachfrage bei der herrschenden Kältewelle in den USA und in Westeuropa treiben die Kurse in die Höhe.

Sobald die Kältewelle zu Ende geht und die ersten "lauen Frühjahrslüfte" wehen, rechne ich mit einer Trendwende. Nach meiner Einschätzung dürften dann die Preise wieder deutlich rückläufig sein, zumal der Hauptverbraucher USA seine Rohöl-, Diesel- und Benzin-Bestände derzeit kräftig ausbaut.

Längerfristig erwarte ich dennoch eine Preisentwicklung auf hohen Niveau, da die Weltkonjunktur und damit die Nachfrage wieder zunehmend in Schwung kommen, Länder wie China und Indien einen ungebremsten Energiehunger aufweisen, die natürlichen Erdölreserven auf nur noch 45 Jahre eingeschätzt werden und die geopolitischen Konflikte im Nahen Osten und in anderen Teilen der Welt andauern.

Kurzfristig wird der Ölpreis nach meiner Einschätzung zwar immer wieder auf dem Rückzug sein, doch langfristig kann von Entspannung überhaupt keine Rede sein.
 
 
 
Vorhergehende Beiträge
01.02.2005 Energie: Rohölpreise nach OPEC-Beschluß unter Druck
20.12.2004 Energie: Frost-Vorhersage in den USA läßt Rohöl-Preise steigen
30.11.2004 Energie: Neue Hausse-Signale?
02.11.2004 Energie: Rohöl-Preis leicht gesunken
27.10.2004 Brennstoffe-Preise weiter im Hausse-Fieber
29.09.2004 Energie: Die Preiswelle schwappt über die 50 $-Marke
24.09.2004 Energie: Neue Preiswelle in Sicht?
 
 
 

 

Seitenanfang