Energie: Neue Preiswelle in Sicht?
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 24.09.2004


Energie wird immer teurer, da das Angebot mit der rasch wachsenden Nachfrage nicht Schritt hält und bei ber Schlüsselenergie Erdöl das Fördermaximum in Sichtweite gelangt.

Marktlage
Nachdem die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC - Organization of Petroleum Exporting Countries) am 05.08.2004 angekündigt hatte, eine erneute Anhebung der Fördermenge um 1,5 Millionen Barrel pro Tag (1 Barrel = 159 Liter) zu planen, gaben die Preise am Weltmarkt zunächst nach.

Doch jetzt geht es wieder munter aufwärts an den Märkten für Rohöl und seine Verarbeitungsprodukte. Zuletzt stiegen die Kurse für das Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent wieder auf 45 US-Dollar an, leichtes US-Öl wurde mit 48,60 US-Dollar gehandelt. Damit kommt die 50 $-Marke immer mehr in Sicht.

Als Ursachen für die Entwicklung werden mal die unsichere Lage im Irak, dann wieder die Anhebung des Leitzinses durch die US-Notenbank FED oder die Terrorangst und ein anderes Mal die Krise des russischen Ölkonzerns Yukos ausgemacht. Nicht wegzudiskutieren ist jedoch auf jeden Fall, daß sich an den Ölmärkten inzwischen ein hohes Potential an spekulativen Engagements entwickelt hat, die die Preise extrem in die Höhe treiben.

Unter starkem internationalen Druck hatte die OPEC bereits im Juni eine Anhebung der Förderquote um 2 Mio. Barrel auf 25,5 Mio. Barrel täglich beschlossen und ab Anfang August eine weitere Anhebung um 500.000 Barrel auf 26 Millionen Barrel pro Tag. Diese Steigerungen der Fördermengen konnten die Preisentwicklung jedoch nur vorübergehend abschwächen.

Prognose
Prognosen zur künftigen Ölpreisentwicklung sind heute kaum noch möglich. Fragen Sie zehn Fachleute und sie erhalten zehn verscheidene Antworten. Heute ist der Ölpreis nicht mehr nur ein Resultat aus Angebot und Nachfrage, aus Reserven und Engpässen. Heute haben sich neben der Gier auch Faktoren wie Angst und Unsicherheit als Antriebskräfte an der Börse etabliert.

Angesichts des immer weiter steigenden Ölpreises stellt sich die Frage: Wie wird es am Ölmarkt weitergehen? Der Ölpreis hat sich inzwischen auch für die Landwirtschaft zu einem nicht zu unterschätzenden Risikofaktor hinsichtlich der Kalkulierbarkeit der Produktionskosten entwickelt.

Für weiter steigende Preise sprechen:
• die hohe Nachfrage in boomenden Ländern wie China und USA,
• der bevorstehende Winter und die jetzt beginnende Einlagerungssaison auf
  der Nordhalbkugel,
• die Endlichkeit der Weltölreserven, die nach derzeitiger Einschätzung
   allenfalls noch vierzig Jahre reichen.

Für sinkende Preise sprechen:
• der hohe Anteil spekulativer Engagements, die demnächst ihre
   Gewinnmitnahmen realisieren dürften,
• die Erwartung der IEA eines Rückganges des Wachstums der weltweiten
   Nachfrage im kommenden Jahr auf 1,8 Mio. Barrel pro Tag (2004:
   2,5 Mio. Barrel/Tag).

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfe der OPEC-Beschluß höherer Fördermengen nur wenig am Markt auswirken. Die aktuelle Nachrichtenlage (Naher Osten, Irak, Zerstörung von Pipelines, Bedarf Chinas) steuert derzeit die Kursentwicklung stärker als die Daten zu Förderung, Produktion, Lagerbestand und Verbrauch.

Im Windschatten des Ölpreisanstiegs ziehen zudem die Preise anderer Energien (Diesel, Heizöl, Flüssiggas, Strom ...) drastisch an. Dies wirkt sich auf die Produktionskosten in der Landwirtschaft und in anderen Sektoren, die unter starkem Marktdruck stehen, dramatisch aus.

 
 
 

Vorhergehende Beiträge
16.07.2004   Diesel / Heizöl: Kurzzeitige Baisse in Sicht?

 
 
 
 

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