Weizen: Qualitätsspekulation bringt Preisunsicherheit
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 15.07.2004


Trotz knapper Versorgungslage am Weltmarkt stehen die internationalen Weizenpreise seit Anfang Mai stark unter Druck. Mit welchen Preisen kann neuerntiger Weizen rechnen?

Marktlage
An den deutschen und europäischen Märkten sind die Preise in den letzten Wochen drastisch eingebrochen. Die neusten Ernteschätzungen, die eine umfangreiche neue Ernte erwarten lassen, haben bereits vor dem Erntebeginn die Kurse abrutschen lassen.

Dennoch liegen die Erzeugerpreise jetzt - wenige Tage vor dem Erntebeginn - noch deutlich über dem Preisniveau zur selben Zeit des Vorjahres. Die Fachzeitung Ernährungsdienst berichtet, daß in den vergangenen Wochen in großem Umfang bereits angediente Interventionsmengen bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wieder stoniert wurden. Dies kann als klarer Hinweis auf eine knappe Marktversorgung die bis zum Anschluß an die neue Ernte gewwertet werden.

Franko Hamburg notierte Brotweizen zur Lieferung ex-Ernte zuletzt bei 114 €/t netto. An der Produktenbörse Mannheim wurde noch kein Brotweizen-Preis auf Großhandelsebene notiert. An den Warenterminbörsen verlangsamte sich der Preisverfall der letzten Wochen. Die Kurse liegen für den Termin September 2004 an der MATIF/Paris bei 113 €/t. An der WTB/Hannover gaben die Kurse nochmals leicht nach und notierten für den September-Termin zuletzt ebenfalls bei 113 €/t. Auf dem internationalen Börsenpakett notierte Weizen mittlerer Backfähigkeit an der KCBT, Kansas/USA zuletzt mit umgerechnet 110,80 €/t etwas höher als in der Vorwoche.

Prognose
Alle Marktbeteiligten betrachten derzeit eine Beurteilung der weiteren Preisentwickung als außerordentlich schwierig.
• Unklar bleibt, wie stark die Witterung den Erntebeginn verzögern wird.
• Unklar bleibt, welche Auswirkungen die Witterung auf die Qualitätsentwicklung
   nehmen wird.
• Unklar bleibt, wie hoch die Exportmengen aus der Schwarzmeer-Region
   tatsächlich ausfallen werden.
• Klar ist dagegen, daß Brot- und Futterweizen während der Erntemonate bis
   zum Jahresende wieder mit Schwarzmeer-Weizen zu günstigen Preisen
   (derzeit etwas 110 €/t fob) konkurrieren müssen.

Nach meiner Einschätzung dürfte das Preisdruck bei den B- und C-Qualitäten spärbar stärker ausfallen als bei den qualitativ hochwertigeren Weizenpartien. Die Bestandsentwicklung in diesem regennassen Sommer läßt zudem erwarten, daß sich am Markt wieder stärkere Qualitätszuschläge herausbilden werden. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre lassen erwarten, daß die Zuschläge für E-Weizen bei 15-18 €/t und für A-Weizen bei 5-10 €/t liegen könnten.

 
 
 

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