Gerste: Warten auf ... Erntewetter
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 14.07.2004


Die täglichen oder gar stündlichen Niederschläge in weiten Teilen Deutschlands dauern an. Keine Ware - kein Geschäft. Der Markt verharrt in Lethargie.

Marktlage
Auf einzelnen Frühdruschflächen konnte Wintergerste noch vor Beginn der "Regenzeit" gedroschen werden. Diese ersten Erntemengen werden zumeist eingelagert und kommen selten auf den Markt. Aufgrund der Ernteverzögerung ist die Versorgungslage bei den Mühlen und Mischfutterwerken derzeit nicht mehr komfortabel.

Anders als in den Vorjahren herrscht kurz vor dem Start der Gerstenernte tiefes Schweigen über die Preisgestaltung. Kein Gemunkel, kaum Spekulationen und nur selten werden Kurse genannt, die sich irgendwo im Preisbereich des Interventionsniveaus bewegen.

Sollte es weiterhin regnen, werden zudem höhere Kosten für die Trocknung und Lagerung der Ernte entstehen.

Fakten

  • Produktionssteigerung in der EU-25
    Die neuesten Prognosen für die Ernte in der EU-25 gehen - wie erwartet - von einer deutlich höheren Ernte aus. Der europäischen Getreidehandelsverbandes Coceral wie auch das französische Getreideamt Onic erwarten Produktionszuwächse bei Gerste zwischen 6 und 8 %.

    in Mio.t
    Coceral
    Onic
    EU-15
    EU-25
    EU-25
    2004
    2003
    2004
    2003
    2004:
    2003
    2004
    2003
    2004:
    2003
    Gerste
    49,9
    46,1
    58,2
    54,1
    +8 %
    58,0
    55,0
    +6 %
    darunter Sommergerste
    24,7
    25,8
    29,7
    31,1
    -4 %
    30,0
    31,0
    -5 %
    Getreide insg.
    212,6
    182,1
    267,2
    226,6
    +18 %
    268,0
    231,0
    +16 %
    Quelle: Coceral; Onic

    Baisse-Signal

  • Höhere Gerstenernte in Deutschland
    Für Deutschland erwartet der europäischen Getreidehandelsverbandes Coceral mit 11,8 Mio.t Gerste - darunter knapp 3 Mio.t Sommergerste - eine Produktionsausdehnung um über 11 % (Vj.: 10,6).

    Getreide-Produktion in Deutschland in Mio. t
     
    2004
    2003
    Veränderung 2004:2003
    Gerste
    11,8
    10,6
    +11 %
    darunter Sommergerste
    3,0
    3,6
    - 17 %
    Getreide insgesamt
    47,0
    39,4
    +19 %
    Quelle: Coceral, 25.06.2004

    Baisse-Signal
  • Anteil der EU am Welthandel schrumpft
    In den vergangenen Jahren ist der Anteil der EU am Welthandels-Volumen deutlich zurückgegangen. Nach der dominierenden Position der EU in den 80er Jahren haben EU-Exporte inzwischen zunehmende Konkurrenz durch Offerten aus Australien, der Russischen Föderation (GUS) wie auch der Ukraine bekommen.



    Die Ernte 2004 dürfte in der GUS und in der Ukraine wieder deutlich besser ausfallen als im Dürrejahr 2003. Marktbeteiligte gehen daher von einem größeren Angebot aus diesen Marktregionen aus. Die osteuropäische Konkurrenz dürfte daher mit Erntebeginn wieder für Preisdruck sorgen. Derzeit ist von Preisofferten unter 100 €/t zu hören.

    Saudi-Arabien, eines der traditionellen Exportländer für die EU, soll noch über ausreichende Vorräte aus der vergangenen Ernte verfügen, so daß von dieser Seite die Nachfrage zunächst kleiner ausfallen dürfte als erwartet.

    Detaillierte Informationen zu den Aussichten am Gerstenmarkt entnehmen Sie bitte dem Beitrag vom 15.07.2004 (morgen):
    "Futtergerste 2004/05: Mehr Konkurrenz - schwächere Preis-Chancen".
    Baisse-Signal

Prognose
Nachdem die EU-15 bzw. EU-25 in den vergangenen Jahren gewöhnlicherweise zwischen 6 und10 Mio.t Gerste in Drittländer exportieren konnte, ist der Exportanteil in den vergangenen Jahren dramatisch geschrumpft.

Die hohe Produktionsmenge in der EU ist jedoch auf einen Abfluß der Übermengen an den Weltmarkt angewiesen. Folglich wird die Entwicklung am Exportmarkt in der Saison 2004/05 eine entscheidende und preisbestimmende Rolle spielen. Dabei ist auch die Entwicklung des US-Dollarkurses als wichtiger Faktor für das Drittlandsgeschäft zu werten.

Nachem im Januar/Februar 2004 noch gute Kontraktmöglichkeiten bestanden, ist zu erwarten, daß die Preise während der Erntezeit unter Druck geraten könnten. Nach Möglichkeit sollten daher Verkäufe in der Erntezeit vermieden werden. Die noch immer begrenzten Lagerkapazitäten der Schwarzmeer-Staaten lassen eine Entspannung am EU-Markt nach meiner persönlichen Einschätzung ab der zweiten November-Hälfte erwarten.

 
 
 

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