Weizen: Preisdruck trotz knapper Versorgung
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 17.06.2004


Brot- und Futtergetreide mußte in den letzten Wochen empfindliche Preiseinbußen hinnehmen. Jetzt ziehen die Kurse wieder an. Die kommende Ernte findet zunehmendes Interesse.

Marktlage
Nachdem die Geschäftstätigkeit zuletzt beinahe zum erliegen kam, konnte sich der Markt für alterntigen Weizen zuletzt wieder etwas beleben. Vor dem Hintergrund eines beinahe ausverkauften Marktes konnten die Preise leicht anziehen. Insgesamt bleibt der Bedarf jedoch sehr gering. Verarbeiter und Handel diskutieren zunehmend die kommende Ernte.

Gute Wachstumsbedingungen lassen in ganz Deutschland für die Ernte 2004 hohe Erträge erwarten. Auch in den übrigen EU-Ländern werden gute bis sehr gute Ernten erwartet. Man erwartet einen jahreszeitlich normalen Erntestart.

Trotz der hohen Ernteerwartungen konnten sich die Preise für Weizen der kommenden Ernte leicht verbessern. Franko Hamburg notierte Brotweizen zur Lieferung im September zuletzt bei 118 €/t netto. Auch an den Warenterminbörsen kam der Preisverfall der letzten Wochen zum Stillstand. Die Kurse konnten sich stabilisieren und zogen für den Erntetermin September 2004 an der MATIF/Paris auf 115 €/t an. An der WTB/Hannover gaben die Kurse weiter nach und notierten für den September-Termin bei 116 €/t.

Fakten

  • Weltweite Weizen-Vorräte schrumpfen
    In seiner Prognose vom 10.06.2004 hat das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) die weltweite Produktionsschätzung für 2004/05 um über 4,8 Mio.t auf 593 Mio.t im Vergleich zum Vormonat angehoben.

    Vertraut man der neuen US-Schätzung könnte die neue weltweite Weizenernte 2004/05 den prognostizierten Verbrauch von 596 Mio.t nahezu decken. Dennoch liegt die Produktion im sechsten Jahr (!) in Folge unter dem weltweiten Verbrauch. Das bedeutet, daß die weltweiten Vorräte weiter schrumpfen. Das USDA geht jetzt von einem nur noch leichten Abbau der Endbestände auf nur noch 126,4 Mio.t aus.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Haupt- exporteure
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    1999/00
    585,9
    226,7
    591,6
    170,1
    51,9
    2000/01
    583,6
    232,3
    590,1
    168,8
    52,1
    2001/02
    580,8
    204,2
    585,1
    202,3
    47,9
    2002/03
    566,9
    206,7
    601,6
    167,1
    40,6
    2003/04
    550,0
    232,1
    588,4
    128,7
    38,4
    2003/04 Prognose vom:

    12.05.2004

    588,7
    244,6
    594,2
    123,3
    42,2
    10.06.2004
    593,4
    245,1
    595,8
    126,4
    42,0
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: USDA

    Die Weizen-Endbestände schrumpfen inzwischen im dritten Jahr in Folge. Bei den fünf Hauptexporteuren Argentinien, Australien, EU, Kanada und USA können sich die Endbestände nur leicht erholen.


    Der weltweite Verbrauch bleibt nach wie vor auf einem hohen Niveau. Das Wachstum der Weltbevölkerung läßt auch in den nächsten Jahren einen steigenden Verbrauch erwarten.
    Hausse-Signal

  • Höhere Ernte 2004 in der EU erwartet
    Nach der März-Prognose des europäischen Getreidehandelsverbandes Coceral fällt die Anbaufläche zur Ernte 2004 bei Weizen, Gerste und Mais größer aus als im Vorjahr.

    Weizen-Produktion in der EU-15
     
    Anbaufläche
    Mio. ha
    Ertrag
    t/ha
    Produktion
    Mio. t
    Ernte 2002
    14,0
    67,4
    94,0
    Ernte 2003
    13,4
    61,5
    82,4
    Ernte 2004
    14,2
    68,0
    96,8

    Zudem erwartet man derzeit eine normale Entwicklung der Pflanzenbestände, so daß nach dem Dürrejahr 2003 eine wieder normale bzw. größere Erzeugung erwartet wird.


    die höheren Ernteschätzungen und die guten Wachstumsbedingungen führen bereits im Vorfeld der Ernte zu deutlichem Preisdruck.
    Baisse-Signal für die Ernte 2004

Prognose
Die Lage am Weizenmarkt entwickelt sich nach meiner Einschätzung äußerst kritisch. Der weltweite Bestandsabbau scheint zwar - sofern die USDAS-Zahlen zutreffen - gestoppt zu sein, doch die Versorgungslage bleibt knapp. Hiobsbotschaften über Ernteeinbußen, korrigierte Produktionszahlen oder höhere (zu erwartende) Importkontingente aus China dürften daher in den kommenden Wochen zu stärkenren Kursschwankungen führen. Das förder den Spekulationsanteil am Markt und verstärkt die Preisschwankungen.

Für das Marktgebiet der EU-25 erwarte ich aufgrund der hohen Ernteerwartungen eine Preisbildung, die sich vor allem in Abhängigkeit von den Exportgeschäften  entwickelt.

 
 
 

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