Deutschland scheint entgegen aller Behauptungen doch ein attraktiver
Standort für die Schlacht- und Fleischbranche zu sein. Jetzt
hat die niederländische Bestmeat Company B.V. die
CG Nordfleisch AG geschluckt. Nordfleisch ist der zweitgrößte
deutsche Fleischkonzern und der größte deutsche Schweineschlachter.
Damit werden künftig auf dem deutschen Markt die Unternehmen
Dumeco, Moksel und Nordfleisch unter dem Dach von Bestmeat auftreten.
Nach dem dänischen Unternehmen Danish Crown hat sich damit
ein weiterer Brachenriese am deutschen Markt etabliert.
Marktstruktur
Der deutsche Fleischmarkt ist - verglichen mit anderen EU-Ländern -
noch relativ klein strukturiert. Mehrere Zusammenschlüsse scheiterten
in den letzten Jahren. Die fünf Marktführer Moksel, Nordfleisch,
Südfleisch, Tönnies und Westfleisch decken rund 40 % des Marktvolumens
ab. Lediglich Moksel ist an der Börse notiert. Europäischer Marktführer
ist mit Abstand der genossenschaftliche dänische Fleischkonzern
Danish Crown.
Bestmeat Company B.V.
Hinter der Bestmeat Company B.V., Best/Niederlande, steht
als Muttergesellschaft die niederländische Holding Best Agrifund B.V.,
die von rund 22.000 niederländischen, genossenschaftlich organisierten
Bauern der Farmervereinigung NCB Ontwikkeling getragen wird.
Zu der Unternehmensgruppe gehört auch der in der Agrarbranche verwurzelte
Konzern Sobel N.V., Best/Niederlande, mit den Segmenten Tierkörperbeseitigung,
Gelatine und Gesundheit/Pharma. Sobel ist die Holdinggesellschaft
von Natural Organic Products (Sonac und Rendac: Verarbeitung von
Schlachtnebenprodukten), Rousselot (Gelatine) und Banner (Healthcare-Produkte).
BEST Agrifund gehört mit einem Jahresumsatz von über 6 Milliarden
Euro zu den größten Unternehmen der Niederlande und ist zugleich
das wichtigste Unternehmen des Agrarsektors. Best Agrifund
ist weltweit tätig und beschäftigt ca. 14.000 Mitarbeiter.
Die Hauptverwaltung des Unternehmens liegt im niederländischen Best.
Im Dezember 2002 startete Bestmeat eine rasante Expansion
und kaufte den börsennotierten größten deutschen Fleischkonzern
A. Moksel AG in Buchloe bei Augsburg für rund 100 Millionen
Euro sowie weitere Finanzierungszusagen. Moksel ist vorrangig im
Bereich der Rinderschlachtung tätig und erwirtschaftet mit
2.313 Beschäftigten einen Jahresumsatz von 1,8 Milliarden
Euro. Nachdem Moskel jetzt seine jüngste Kapitalerhöhung
abgeschlossen hat, beläuft sich der Anteil von Bestmeat auf
rund 89 % am Moskel-Aktienkapital.
In diesem Jahr erwarb Bestmeat zudem den größten niederländischen
Fleischvermarkter Dumeco B.V., Boxtel/Niederlande der mit 4.826 Mitarbeitern
einen Jahresumsatz von 1,7 Milliarden Euro erzeilt. Bestmeat
erhöhte damit seinen Konzernumsatz auf 3,5 Milliarden Euro.
Die jetzt anstehende Übernahme der Hamburger CG Nordfleisch AG
ist ein weiterer Schritt der rasanten Expansion. Der Nordfleisch-Kauf
war durch Übernahme von 87 % der von Banken gehaltenen Firmen-Anteile
möglich geworden, die zuvor durch einen Bankenpool von den
genossenschaftlichen Bauern aufgekauft worden waren. Nordfleisch,
deren operatives Geschäft von der NFZ Norddeutsche Fleischzentrale GmbH
wahrgenommen wird, erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von
1,6 Milliarden Euro mit einem Personalbestand von 2.968 Mitarbeitern.
Nordfleisch schlachtete im vergangenen Jahr rund 5,3 Millionen
Schweine und 290.000 Rinder und ist damit Deutschlands bedeutendstes
Schlacht- und Zerlegeunternehmen. Die Nordfleisch-Übernahme steht
noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die europäische Kartellbehörde.
Mit der Übernahme der Nordfleisch erhöht sich der Jahresumsatz
der Bestmeat-Gruppe auf jetzt rund 5,1 Milliarden Euro
(10.117 Mitarbeiter). Das jährliche Schlachtvolumen vergrößert
sich auf insgesamt 14 bis 15 Millionen Schweine und bis
zu 900.000 Rinder. Nachdem Bestmeat mit zuvor 3,5 Milliarden
Umsatz bereits auf Platz Nummer zwei in Europa lag, hat sich
das Unternehmen jetzt auch Platz zwei hinter Danish Crown
in Deutschland gesichert und zählt zudem zu den führenden
Nahrungsmittelkonzernen. Bestmeat ist Marktführer auf dem Gebiet
von frischem und vorverpackten Fleisch in Deutschland. Zu den Kunden
des Unternehmens zählen in Deutschland die großen Handelsketten
wie z.B. Aldi und Metro.
Danish Crown
Die größte dänische Versandschlachterei, die Genossenschaft Danish Crown,
Randers/Dänemark, behauptet auf dem europäischen Markt
den Platz eins in der Schlachtbranche. Danish Crown existiert
seit dem 01.10.1990 und ging aus der Zusammenlegung der Unternehmen
Wenbo, Tulip und østJyske hervor. Seit dem 01.10.1994 gehören auch
Syd und Skærbæk zu dem Konzern. Am 05.10.1998 fusionierten Danish Crown
mit Vestjyske. Am 01.10.2001 folgte die Fusion mit Steff-Houlberg.
2002 hat Danish Crown rund 21,4 Millionen Schweine und
knapp 418.000 Rinder geschlachtet. Davon wurden rund 23.879 Schweine
in den deutschen Schlachthöfen des Unternehmens geschlachtet.
Damit entfielen auf das Großunternehmen gut 77 % der Schweineschlachtungen
und etwa 60 % der Rinderschlachtungen in Dänemark. 80-85 %
des Schweinefleisches sowie der Fleischerzeugnisse wird international
exportiert. Hauptabsatzmärkte sind die EU-Länder, allen voran Deutschland
und Großbritannien sowie Japan, Osteuropa und die USA. Den größten
Teil des Exports machen gekühlte oder tiefgefrorene Teilstücke aus.
Danish Crown erwirtschaftet mit 14.300 Mitarbeitern einem
Umsatz von 5,4 Milliarden Euro der größte Fleischkonzern
und die größte Schweineschlachterei in der EU. Als wichtigster Agrarexporteur
in Dänemark konnte der Konzern mit 6, % der dänischen
Gesamtexporte bzw. 54,5 % der dänischen Agrarexporte über 88 %
seines Umsatzes im Ausland erwirtschaften.
Danish Crown baut derzeit den modernsten Schweineschlachthofes
der Welt in Horsens, Jütland. Der neue Schlachtbetrieb wird schätzungsweise
270 Millonen Euro kosten und im 4. Quartal 2004 in
Betrieb gehen. Mit 1.370 Mitarbeitern sollen dann wöchentlich
75.000 Schweine geschlachtet und zerlegt werden.
Ausblick
Der Konzentrationsprozeß in der europäischen
Schlachtbranche schreitet rasant voran. Die Marktkonzentration führt
zu einer Reduzierung des Wettbewerbs am Schlachtschweine- und Schlachtrindermarkt.
Mit der Geschäftsausweitung bei Danish Crown und dem
neuen großen Fleischkonzern Bestmeat dürfte sich in Deutschland
der Preisdruck auf die anderen deutschen Fleischunternehmen wie
z.B. Tönnies, Westfleisch und die genossenschaftlich organisierte
Südfleisch-Gruppe verstärken.
Die großen Fleischkonzerne entwickeln sich inzwischen von
reinen Schlachtbetrieben zunehmend auch zu Anbietern verpackter
Selbstbedienungs-Fleisch- und Wurstportionen (SB-Produkte) und von
Fertigprodukten (Convenience-Produkte). Diesen Wachstumssegmente
wird für zukünftige Marktentwicklungen in der Fleischbranche
eine große Bedeutung beigemessen. In Deutschland wird heute
rund 30 % des Fleisches vorverpackt verkauft. Die Fleischbranche
erwartet hier ein deutliches Steigerungspotential.
Die Schlachtbranche betrachtet den sogenannten Veredelungssektor
(Weiterverarbeitung innerhalb des Unternehmens) als größtes
strategisches Wachstumsgebiet. Hier werden für die nächsten
Jahre Umsatzsteigerungen von bis zu 50 % erwartet. Dagegen
wird die Möglichkeit von Ertragsverbesserungen im Schlachtsektor
als relativ gegrenzt eingeschätzt, da der internationale Wettbewerbsdruck
hoch ist.
Die globale Wettbewerbssituation hat sich vor dem Hintergrund der
zunehmenden Internationalisierung im der Fleischbranche verschärft.
Daher geht auch der Trend zu Großschlachthäusern mit Kapazitäten
für 75.000 Schweine pro Woche.