Raps auf der Überholspur
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 05.11.2003


Rasant war der Preisanstieg bei Ölsaaten in den letzten Wochen. Die Erwartungen der Marktbeteiligten wachsen zur Zeit regelrecht in den Himmel. Um nachvollziehen zu können, welch ein Preisboom sich derzeit an den internationalen und europäischen Märkten vollzieht, muß man die Situation bei pflanzlichen Ölen sowie ihrer Verwendung beleuchten.

Marktlage
Für die US-Sojabohnen scheint es derzeit kein Halten zu geben. Seit Mitte August explodieren die Kurse regelrecht an den Warenterminmärkten wie auch an den Kassamärkten in den USA. Die dortige Marktsituation liefert den Ölsaatenmärkten weltweit eine hervorragende Steilvorlage. Weltweit ziehen die Kurse für alle Ölsaaten und deren Nachprodukte auf allen Handelsebenen und für alle Paritäten kräftig an.

An unseren hiesigen Märkten wird Raps nach wie vor nur knapp angeboten. Die Verkäufer an den Kassamärkten spekulieren auf weitere Preissteigerungen und halten die Ware zurück. Dennoch konnten die höheren Preise etwas mehr Ware mobilisieren.

Positiv reagierte der Markt auch auf die Meldung, daß China und Algerien in der letzten Oktober-Woche am EU-Markt Rüböl gekauft haben. Leichte Preisanhebungen setzten sich bis zur Erzeugerpreisebene durch.

Der Transport ist durch die niedrigen Pegelstände nach wie vor eingeschränkt, so daß die Transportkosten teuer bleiben. Die Preise für Rapssaat franko Ölmühle zogen im Vergleich zur Vorwoche um mehr als 10 €/t an. Derzeit liegen die Netto-Preise für prompte Ware zum Beispiel franko Mannheim bei 274 €/t, franko Mainz bei 280 €/t, franko Neuss bei 282 €/t. Spätere Termin können circa 1 bis 3 €/t Aufpreis erzielen.

Non-Food-Raps notiert momentan etwa 3 bis 6 €/t niedriger. Terminkontrakte zur Ernte 2004 stoßen inzwischen auf wachsendes Interesse bei den Erzeugern. Derzeit liegen die Kurse für ex-Ernte-Lieferungen franko Ölmühle bei rund 240-245 €/t netto.

Fakten

  • Hausse-Faktor Biodiesel
    Rapsmethylester (RME) - kurz als Biodiesel bezeichnet - etabliert sich immer stärker am Treibstoffmarkt. Mit der Veröffentlichung der europäischen Norm für Biodiesel aus Raps DIN EN 14214 durch das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) wird die bisherige nationale Norm E DIN 51606 abgelöst. Im Rahmen eines mehrjährigen Abstimmungsprozesses haben sich Fahrzeugindustrie, Biodieselhersteller und Vertreter der Mineralölwirtschaft auf diesen neuen, europaweit gültigen Mindeststandard für RME verständigt.

    RME muß wie jeder andere handelsübliche Kraftstoff eine Mindestqualität erfüllen. Der neue europäische Qualitätsstandard sieht eine Reihe von Verschärfungen sowie die Neuaufnahme des Parameters Oxidationsstabilität vor.



    Der Bedarf an Biodiesel in Deutschland erlebte in den letzten Jahren sensationelle Zuwächse. Der hohe Bedarf in Deutschland und der EU ist inzwischen als starker Hausse-Faktor zu werten. Lagen die Biodieselpreise im Juni 1999 noch bei 0,61 €/L incl. MWSt ab Zapfsäule, so erreichten die Verbraucherpreise mit 0,84 €/L im November 2000 ihren bisherigen Höchststand und lagen im September 2003 mit 0,75 €/L wie üblich rund 0,10 €/L unter dem Mineraldieselpreis. Höhere Produktionskapazitäten der Veresterungsanlagen und eine wachsende Nachfrage nach Biodiesel bilden die Grundlage für eine ständige, hohe Nachfrage nach Rohware.
    Hausse-Signal

  • Pflanzliche Öle - Motor des Ölsaatenmarktes
    Die Preise bei allen pflanzlichen Ölen steigen weiter: Sojaöl an dem führenden Handelsplatz USA wie auch am EU-Markt in Rotterdam, Palmöl am weltweit bedeutendsten Standort in Malaysia wie auch Raps-/Rüböl an dem wichtigen Umschlagplatz Rotterdam. Die Preisentwicklung signalisiert klar und deutlich, daß ein relativ begrenztes Angebot auf eine steigende Nachfrage stößt. Die wachsende Weltbevölkerung hat einen steigenden Bedarf für Nahrungs- wie auch technische Zwecke. Unter anderem haben China und Algerien in den letzten Oktober-Wochen über 60.000 t Rapsöl geordert und signalisieren inzwischen weiteren Bedarf.



    Seit Ende letzten Jahres notierte EU-Rapsöl am Weltmarkt deutlich höher als andere pflanzliche Öle. Im Vergleich zur Hausse der letzten Wochen bei Sojaöl und Palmöl fielen die Preissteigerungen bei Rapsöl deutlich geringer aus, so daß Rapsöl an Wettbewerbskraft deutlich gewonnen hat. Das inzwischen höhere Interesse der Käufer stützt den Raps-/Rübölmarkt und stabilisiert den Rapssaatenmarkt durch kontinuierliche Nachfrage.
    Hausse-Signal

  • Für Südamerika wird derzeit mit neuen Anbau- und Ernterekorden gerechnet. In Brasilien geht die Sojaaussaat zügig voran. Derzeit sind rund 20 % der auf 20,5 Mio. ha geschätzten Anbaufläche (Vj.: 18,3) bereits bestellt. Prognostiziert wird mit 60 Mio. t (Vj.: 52,5) eine neue Rekordernte. Argentinien leidet immer noch unter einer anhaltenden Trockenheit, so daß sich die Aussaat verzögert. Mit 37 Mio. t (Vj.: 35,5) gehen die Vorschätzungen auch hier von einer weiteren Angebotssteigerung aus.
    Baisse-Signal

Prognose
Das vorrangige Kaufinteresse der Ölmühlen verlagert sind von den November und Dezember-Terminen auf Termine zur Lieferung im Januar bis März 2004. Dabei werden Geschäfte für alle Liefertermine bis einschließlich der neuen Ernte 2004 abgeschlossen.

In den USA geht die Sojabohnenernte zügig voran. Rund 85 % der Bestände sind bereits geerntet. Offenbar fällt die Ernte doch etwas besser aus, als zuletzt erwartet. Die Marktbeteiligten warten daher gespannt auf die nächste Prognose des US-Landwirtschaftsministerium zur Sojabohnenernte am 10.11.2003. Sollten laut dieser Statistik wieder mehr Sojabohnen zur Verfügung stehen, ist zu erwarten, daß die Preise am Ölsaatenmarkt fallen. Hinzu kommt, daß der November-Kontrakt für Sojabohnen an der Warenterminbörse in Chicago/USA Mitte des Monats ausläuft, so daß technisch bedingte Preisrückgänge zu erwarten sind. Sobald die Sojapreise unter Druck geraten, dürften auch auf die Rapssaaten Preiseinbußen zukommen.

Wer Geschäftsabschlüsse noch in diesem Jahr plant, sollte über einen umgehenden Verkauf in dem derzeit gut aufnahmefähigen Markt nachdenken. Terminverkäufe mit späteren Lieferterminen erzielen zur Zeit attraktive Preiszuschläge. Hinsichtlich der Planung eines Verkaufszeitpunktes haben sich die Monate Dezember bis Februar in den letzten Jahren als weniger günstig herausgestellt. Der Ernte der Sojabohnen beginnt in Brasilien im Februar und in Argentinien im April, so daß der EU-Markt mit erster südamerikanischer Ware ab Ende März rechnen kann. Nach meiner Einschätzung könnten die zu erwarteten Rekordernten jedoch bereits im Februar/März die Rapspreis-Entwicklung belasten.

Zudem sollten Sie erwägen, zu den jetzt hohen Preisangeboten von 240 bis 245 €/t netto franko Ölmühle Terminkontrakte für die Raps-Ernte 2004 abzuschließen ganz nach dem Grundsatz:
"Verkaufs-Geschäfte sollten dann abgeschlossen werden, wenn der Markt eine Hausse-Phase durchläuft!"
 
 
 

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