Nitrofen: Keine Sanktionen durch die EU
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 11.06.2002


Gern würden Landwirtschaft und Verbraucher Klarheit im Nitrofenskandal gewinnen. Doch die Meldungen überschlagen sich und sind teilweise auch widersprüchlich. Heute tagte der Lebensmittelausschuß der EU. Beschlossen wurde, wegen des Nitrofen-Skandals keine Sanktionen gegen Deutschland auszusprechen, da die deutschen Maßnahmen derzeit als zufriedenstellend angesehen werden. Damit wurde ein drohendes europaweites Vermarktungsverbot für deutsche Bioprodukte abgewandt.

Der Sachstand:

  • 31.05.2002: Bund und Länder richten Arbeitsgruppen zum Nitrofen-Skandal ein. In Sachsen-Anhalt wird Nitrofen in Öko-Eiern gefunden, in Nordrhein-Westfalen wird das Gift in Futtermitteln und in Fleisch nachgewiesen. Gegen GS-Agri wird ein Auslieferungsstopp verhängt.
  • 01.06.2002: In Malchin in Mecklenburg-Vorpommern wird eine Lagerhalle, in der zu DDR-Zeiten Pflanzenschutzmittel - darunter Nitrofen - aufbewahrt wurde, als Quelle der Verunreinigung identifiziert:
  • 04.06.2002: Es wird bekannt, dass ein niedersächsischer Großbetrieb 93 Abnehmer in Deutschland und drei Nachbarstaaten mit verseuchtem Fleisch belieferte. Auch in Baden-Württemberg werden belastete Eier entdeckt.

    Die Ökoverbände planen die Gründung eines Dachverbandes. Bis Ende Juni solle ein "Bund der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft" ins Leben gerufen werden. Erst vor einem Jahr waren die Öko-Verbände "Bioland" und "Demeter" aus der "Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau" (AGÖL) ausgetreten.
  • 05.06.2002: Die Landwirtschaftliche Rentenbank bietet ab sofort ein Liquiditätshilfeprogramm für in Schwierigkeiten geratene ökologisch wirtschaftende Betriebe an.
  • 07.06.2002: Bundesweit sind 73 landwirtschaftliche Betriebe mit 90 Betriebsstätten gesperrt. Produkte wie Geflügel, Schweinefleisch und Eier werden zurückverfolgt und aus dem Verkehr gezogen.
  • 08.06.2002: Belgien beschließt als erstes EU-Land Importbeschränkungen für deutsche Agrarprodukte und Lebensmittel. Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung ist unklar. Vom 10.06.2002 an verlangt Belgien Unbedenklichkeitszertifikate von den Herstellern.
  • 09.06.2002: Die deutschen Behörden haben der EU einen Eilbericht zum Stand der Ermittlungen im Nitrofen-Skandal vorgelegt.
    Als Konsequenz aus dem Nitrofen-Skandal strebt die EU-Kommission einen einheitlichen Kontrollplan für den Lebensmittelvertrieb an. Dabei gehe es um die Kontrolle der Wege von der Quelle bis zum Verbraucher.
  • 10.06.2002: Nach letzten Erkenntnissen wurde das Getreide in dem ehemaligen DDR-Pestizid-Lager in Malchin in Mecklenburg-Vorpommern über den stark belasteten Hallenboden verseucht. Untersuchungen haben ergeben, daß pro Kilogramm Staub bis zu 77,9 Gramm Nitrofen in den Proben enthalten waren. In einer vorausgegangenen Analyse hatte sich eine Belastung von 2.000 Milligramm - also zwei Gramm - pro Kilo ergeben. Für Lebensmittel gilt ein Grenzwert von 0,01 g pro kg Frischgewicht. Die Bundesregierung und die Behörden gehen davon aus, daß die Halle in Malchin die einzige Quelle der Verseuchung ist. Seit Anmietung der Halle durch die Norddeutsche Saat- und Pflanzgut AG (NSP) im Sommer 2001 sollen in Malchin 650 Tonnen Futter- und Speisegetreide gelagert worden sein. Davon waren 130 Tonnen Brotgetreide.
  • 11.06.2002: Inzwischen werden immer mehr nitrofenbelastete Produkte entdeckt. In Schleswig-Holstein wurde Schweinefleisch vom Markt genommen. In Niedersachsen müssen 50.000 Hühner getötet werden. In Rheinland-Pfalz gibt es offenbar den ersten Nitrofen-Fall. Nach Mitteilung des Mainzer Umweltministeriums wurden Nitrofen-Spuren in einer Bio-Putenleberwurst nachgewiesen.
  • 11.06.2002: Der Ständige EU-Lebensmittelausschuß, dem Experten der 15 Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sowie die EU-Kommission angehören, berät in Brüssel über die Konsequenzen des Skandals. Beschlossen wird, keine rechtlichen Schritte gegen Deutschland zu unternehmen, so daß es nicht zu dem befürchteten europaweiten Vermarktungsverbot für deutsche Bioprodukte kommt.

Weitere Info zum Beispiel unter:
http://www.bgvv.de
http://www.verbraucherministerium.de

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06.06.2002   Qualitätsmanagement - oder ... man riskiert das letzte Hemd
29.05.2002   Nitrofen geht alle an!

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