Börse: Rückkehr der Investoren


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 29.10.2014


Trübe Stimmung an den Agrarrohstoffmärkten: Das war gestern. Jetzt kehrt das Geld der Investoren allmählich an die Agrarbörsen zurück. Denn es gibt neue Rendite-Hoffnungen: Der Tiefe Fall des russischen Rubels dürfte auch den Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und damit die russischen Ernteerwartungen für 2015 fallen lassen. Und in Kasachstan und Australien sinken die Ernteerwartungen ebenfalls.

 

Devisen & Konjunktur
Aus den USA gab es gestern gute und schlechte Nachrichten: Bei der US-Konsumentenstimmung fielen die Werte unerwartet gut aus, doch die Auftragseingänge der US-Industrie im September enttäuschten. Die Auftragseingänge für langlebige Güter fielen um 1,3 %.

An den Devisenmärkten waren die Reaktionen eindeutig: Der US-Dollar geriet unter Druck, der Euro stieg um fast 1 Cent und die Spekulationen über die Frage, wann die US-Notenbank ihre Geldpolitik weiter strafft und die Zinsen erhöht, wurden befeuert.

Daher steht heute die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank Fed im Mittelpunkt des Interesses. Denn am heutigen Mittwoch werden die US-Währungshüter über ihre weitere Geldpolitik entscheiden. Für den heutigen Mittwochabend wird eine schriftliche Erklärung nach der zweitägigen Sitzung erwartet.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs am frühen Nachmittag von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2748 US-Dollar höher als am Vortag festgesetzt. Heute - vor der geldpolitischen Entscheidung der US-Notenbank - wird der Euro im frühen Handel gegenüber dem Dollar weitgehend unverändert gehandelt.

 

Energie
Mit ihrem billigen Fracking-Öl und -Gas haben die USA den Preistrend am Welt-Energiemarkt nach unten gedreht. Von den Börsen bis zur Zapfsäule purzeln die Preise. Seit Mitte des Jahres sind die Kurse für Brent-Nordseeöl um fast 24 % gesunken.

Der Grund dafür wird an einer einzigen Zahl erkennbar: Im August produzierten die USA 11,6 Mio. Barrel Rohöl und Flüssiggas pro Tag, Saudi-Arabien im gleichen Zeitraum 11,5 Mio. Barrel (1 Barrel = 1 Faß = 159 Liter).
Die USA haben damit als Produzent Saudi-Arabien überholt. Das ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die seit Jahren anhält. Seit 2010 hat die Produktion in den USA um mehr als 4 Mio. Barrel pro Tag zugelegt. Und sie steigt unablässig weiter.

Gestern wurde zum Handelsschluß ein Barrel der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Dezember zum Handelsschluß mit 81,42 Dollar wieder leicht über dem Vortagesniveau gehandelt. Heute im frühen Handel wird WTI-Öl erneut teurer gehandelt.
Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Dezember-Fälligkeit notierte zum Handelsschluß mit 86,03 Dollar ebenfalls höher als am Vortag. Heute im frühen Handel zeigt der Brent-Ölpreis weiter nach oben.

 

Agrarrohstoffe
Nachdem die Investoren monatelang den Agrarrohstoffbörsen den Rückenzugedreht haben, dreht jetzt die Stimmung und der Kurstrend zeigt wieder nach oben.

Was ist passiert? Bisher standen doch die rekordhohen globalen Ernte im Vordergrund und die wenig beeindruckenden Exportanmeldungen beim Marktmacher USA. Doch jetzt hat sich die Gewichtung verschoben: Die bevorstehende Ernte in Australien wird von privaten Analysten inzwischen niedriger eingeschätzt und für den Währungsraum des russischen Rubels wird für 2015 eine kleinere Ernte erwartet.

Für Australien lagen die Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums Anfang September noch bei 24,2 Mio.t Weizen und damit einem Produktionsrückgang um 10 % zum Vorjahr (27,0 Mio.t). Doch inzwischen gehen private Analysten nur noch von einer Weizenernte zwischen 22,5 bis 23,5 Mio.t aus.

In Kasachstan ist die Weizenernte noch immer nicht beendet. Berichten zufolge sollen 12,5 % der Ernte noch auf dem Halm stehen und Frost von bis zu -10°C läßt auf weitere Ernteausfälle schließen.

In Rußland präsentieren sich die Winterweizenbestände regional infolge von Trockenheit alles andere als gut. Doch das hat nur geringe Hausse-Wirkung, da Sommerweizen die dominierende Bedeutung zukommt. Vielmehr ist der Fall des russischen Rubels auf ein Allzeit-Tief gegenüber dem US-Dollar, der die Ernteerwartungen für 2015 schrumpfen läßt. Für die russischen Produzenten bedeutet dies, daß sich die Preise für importiertes Saatgut, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel usw. in der laufenden Anbausaison deutlich verteuern werden. Zu erwarten ist daher, daß beim Einsatz der Produktionsmittel gespart werden wird mit der Folge, daß von niedrigeren Ernte- und damit Exporterwartungen auszugehen ist.

Nachdem die Brotweizen-Kurse an den EU-Börsen zwischen Anfang April und Mitte Oktober um rund 48 Euro/t auf nur noch 157,50 Euro/t eingebrochen waren, geht es jetzt wieder aufwärts.
Gestern wurde der Brotweizen-Future der November-Fälligkeit mit 169,50 Euro/t erneut um 4,50 Euro/t höher als am Vortag gehandelt. Auch spätere Termine bis Ende 2016 schlossen mit kräftigen Kursgewinnen. Ebenso schloß Futterweizen erneut mit Gewinnen zum Vortag. Auch Mais wurde mit 143,75 Euro/t für die November-Fälligkeit unverändert zum Vortag festgesetzt. Ihren Aufwärtstrend konnten auch Rapssaaten fortsetzen. Mit 328,00 Euro/t wurde ein Kursanstieg von +5,50 Euro/t (!!!) für die November-Fälligkeit und von +6,50 Euro/t für die Februar-Fälligkeit verbucht. Auch kanadischer Canola-Raps notierte deutlich im Plus..

Im späteren Handel an den US-Börsen notierten auch Futter-Weizen-Qualitäten in der Gewinnzone und Brotweizen in Kansas legte kräftig zu. Auch Mais zog weiter an. Gewinnmitnahmen setzten Sojaschrot leicht unter Druck. Doch trotz der zügigen US-Ernte gingen Sojabohnen und Sojaöl mit einem kleinen Kursgewinn aus dem Handel.

 

Prognose
Die neuen Rendite-Hoffnungen an den Agrarrohstoffbörsen und das flotte internationale Exportgeschäft, geben den Weizen- und damit dem gesamten Getreide- und Ölsaatenkursen an den Börsen neuen Schub.

Auch am Kassamarkt ist das Aufatmen auf allen Handelsebenen hörbar und die Preise zogen weiter an. Dennoch bleiben der Agrarhandel, die Verarbeiter und auch die Exporteure vorsichtig. Die Börsen-Rallye kommt an den Kassamarkten bisher nur in abgeschwächter Form an. Die Preisaufschläge bleiben deutlich hinter den Kursanstiegen an den Börsen zurück und die Käufer versuchen oftmals, die Prämien "über Matif" zu drücken. Dabei hält die Nachfrage nach exportfähigen Backweizenqualitäten und Futtergetreide weiter an, während das Angebot klein ausfällt, da die Anbieter auf weitere Preisanstiege spekulieren.

 
 
 


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