Börse: Erntefortschritt verschärft Preisdruck


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 10.07.2014


Die hohen Ernteprognosen rund um den Globus sind für Haussiers eine herbe Enttäuschung. Rote Zahlen dominieren dagegen derzeit die Anzeigetafeln an den Agrarrohstoffbörsen. Für die Landwirte hat dies höchst unerfreuliche Folgen für die Erntepreise.

 

Devisen & Konjunktur
Seit rund sechs Wochen pendelt der Euro um die Marke von 1,36 US-Dollar und setzt damit seinen stabilen Kurstrend fort. Dabei steht der Eurokurs ganz im Zeichen der lockeren Geldpolitik der europäischen Notenbank (EZB) und der Befürchtung, daß das Milliarden-Anleihen-Kaufprogramm der US-Notenbank (Fed) wird möglicherweise bereits im Herbst beendet werden könnte.

Die gestern veröffentlichten Protokollen der Fed-Sitzung am 17./18.06.2014 zeigen, daß die US-Notenbanker die amerikanische Konjunktur überraschend positiv bewerten. So wächst der US-Arbeitsmarkt so stark wie seit langem nicht mehr. Im Juni ist die US-Arbeitslosenrate um 0,2 % auf 6,1 % zurückgegangen. Die Statistik des US-Arbeitsministerium weist für den Juni 288.000 neue Stellen aus.

Sollte der Aufwärtstrend der US-Wirtschaft anhalten, wird damit gerechnet, daß die Fed das Anleihe-Aufkauf-Programm nach ihrer Oktober-Sitzung auslaufen lassen könnte. Bereits im Dezember 2013 hatte die US-Notenbank mit dem Ausstieg aus dem aktuellen Konjunkturprogramm begonnen, das ursprünglich ein Volumen von 85 Milliarden Dollar monatlich hatte. In Schritten von zehn Milliarden Dollar senkte die Fed die Anleihekäufe auf zuletzt 35 Milliarden Dollar im Monat. Den Leitzins beließ die Zentralbank aber auf dem Rekordtief von null bis 0,25 Prozent.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs am frühen Nachmittag von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3603 US-Dollar weitgehend höher als am Vortag festgesetzt. Heute wird der Euro im frühen Handel gegenüber dem Dollar erneut teurer gehandelt.

 

 

Energie
Hohe internationale Ölvorräte, hohe Öl- und Benzin-Lagerbestände in den USA und die Aussicht auf steigende Ölexporte aus Libyen haben die Ölpreise an den Börsen abrutschen lassen.

Gestern wurde zum Handelsschluß ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August zum Handelsschluß mit 102,29 Dollar unter dem Vortagesniveau gehandelt. Heute im frühen Handel wird WTI-Öl ebenfalls niedriger gehandelt.
Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit notierte zum Handelsschluß mit 108,28 Dollar mit deutlichen Gewinnen. Heute im frühen Handel zeigt der Brent-Ölpreis keine klare Preisrichtung. Die neuen Konflikte im Nahen Osten sorgen erneut für Verunsicherung.

 

 

Agrarrohstoffe
Die Getreide- und Ölsaatenkurse an den Börsen stehen ganz im Zeichen der hohen globalen Ernteerwartungen. An den Agrarrohstoffbörsen rutschten die Future-Kurse gestern weiter ab. Die bisher guten Ernteergebnisse auf der Nordhalbkugel haben nicht nur die Stimmung an den Börsen gedrückt, sondern auch die Preise am Kassamarkt.

Die Ernte auf der Nordhalbkugel kommt zügig voran. Nicht nur aus den USA und Osteuropa wird von guten Ernteergebnissen berichtet. Auch in der EU wurden vor dem Regen gute Erträge und Qualitäten gedroschen. Für Mais haben die regional üppigen Niederschläge die Wachstumsbedingungen deutlich verbessert.

Die Investoren an den Agrarrohstoffbörsen schichten daher seit Wochen ihre Investitionen um, zumal sie bessere Rendite-Chancen an den Aktienmärkten sehen. An den Agrarrohstoffbörsen blieben die Agrarrohstoff-Futures daher gestern weiter auf Talfahrt.

An den EU-Börsen setzte der November-Termin des Brotweizen-Futures seine Verlustserie seit Anfang Mai weiter fort. Die November-Fälligkeit wurde gestern mit 181,75 Euro/t um -1,50 Euro/t niedriger als am Vortag gehandelt. Auch spätere Termine bis Ende 2015 schlossen mit Kursverlusten. Auch Futterweizen schloß mit deutlichen Verlusten zum Vortag. Nach den vorangegangenen hohen Verlusten mußten Rapssaaten erneut Kursverluste von -2,00 Euro/t für die August-Fälligkeit in Kauf nehmen.

Im späteren Handel an den US-Börsen standen Brotweizen wie auch die anderen Weizenqualitäten ebenfalls in den roten Zahlen. Auch Mais gab weiter nach. Nach dem Kursrutsch der Vortage schwächte sich die Talfahrt bei Sojabohnen und Sojaöl gestern ab. Bei Sojaschrot zeigten sich bei den Fälligkeiten bis September bereits wieder grüne Zahlen auf den Anzeigetafeln im Börsensaal.

Der Kassamarkt ist zwischenzeitlich unter "Erntedruck" geraten. Der tagelange Dauerregen hat in fast ganz Europa die Ernte allerdings unterbrochen. Nachdem nicht nur die EU-Kommission, sondern auch mehrere Analystenhäuser ihre Ernteprognosen erneut leicht angehoben haben, hat sich der Preisdruck verstärkt.

 

 

Prognose
Der Fortgang der Ernte auf der Nordhalbkungel verschärft derzeit den Preisdruck. Getreide an den Agrarrohstoffbörsen dürfte nach meiner persönlichen Einschätzung heute erneut schwach gehandelt werden, da die Ernteaussichten in der letzten Zeit immer wieder angehoben wurden. Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß vor der Veröffentlichung der Juli-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) am 11.07.2014 viele Investoren vorsichtig bleiben werden und nicht bereit sind, größere Risiken einzugehen.

 
 
 


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