Börse: Kaufen, wenn die Kanonen donnern ...


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 04.03.2014


... nach dieser alten Investmentregel verhielten sich gestern die Investoren an den Agrarrohstoffbörsen. Paris notierte knapp 5 % höher als in der Vorwoche, in Kansas/USA ging es 3 % nach oben. Denn in der Finanzszene wittert man Krieg und Lieferengpässe aus der Schwarzmeerregion.

 

Devisen & Konjunktur
Noch zieht die Krim-Krise lediglich an den Finanzmärkten eine Spur der Verwüstung nach sich.

Während Gold auf den höchsten Stand seit vier Monaten kletterte, war der gestrige Montag für den russischen Rubel ein schwarzer Tag. Er sackte im Verhältnis zu Euro und Dollar auf ein Rekordtief. Das Tagesminus zum Dollar betrug 1,7 %. Seit Herbst vergangenen Jahres hat der Rubel zum Dollar bereits 12 % an Boden verloren, zum Euro beträgt das Minus sogar rund 14 %. Der russische Aktienmarkt rauschte gestern um 12 % in die Tiefe.

Der Kurs der ukrainischen Hrywnia war bereits in der letzten Woche auf ein Allzeittief gesackt und der Kursabsturz der Währung geht weiter. Die Furcht vor einem Zahlungsausfall des Landes treibt die Anleger in Scharen aus den Devisen-, Aktien- und Anleihemärkten.

Auch den Euro brachte gestern die Sorge vor einer Eskalation der Lage in Bedrängnis. Der Schock über das Vorgehen Rußlands auf der Krim hat viele Anleger in den Dollar getrieben. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3768 US-Dollar deutlich niedriger als am Vortag festgesetzt.
Heute im frühen Handel kann der Euro gegenüber dem Dollar wieder leicht zulegen.

 

 

Energie
Nachdem die Kältewellen in den USA bereits in den letzten Wochen für einen kräftigen Preisauftrieb sorgte, katapultierte gestern der Konflikt in der Ukraine den Ölpreis auf ein neues Jahreshoch. Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im April zum Handelsschluß mit 104,92 Dollar gehandelt. Heute im frühen Handel mußte WTI-Öl zunächst Verluste in Kauf nehmen, hat sich anschließend jedoch weiter leicht verteuert.

Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur April-Fälligkeit notierte zum Handelsschluß mit 111,20 Dollar ebenfalls niedriger als am Vortag. Heute im frühen Handel brachten Gewinnmitnahmen den Brent-Ölpreis zunächst unter Druck, inzwischen zeigt der Kurstrend wieder nach oben.

 

 

Agrarrohstoffe
Meist ist es eine gute Idee zu investieren, wenn die Panik die Überhand hat. Panik führt - nicht nur an den Börsen - oft zu Überreaktionen.
Gestern war es die Krim-Krise, die für Panik sorgte und die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen explodieren ließ.

Gestern hat die Krim-Krise eine wahre Rallye am Weizenmarkt ausgelöst. An den europäischen Börsen notierte der Brotweizen-Future am Montag auf dem höchsten Stand seit zwei Monaten. Die März-Fälligkeit wurde mit 208,5 Euro/t um +7,25 Euro/t höher als am Vortag gehandelt. Futterweizen verteuerte sich auf umgerechnet 195,61 Euro/t. Rapssaaten konnten für die Fälligkeiten bis Mai 2015 ihre Kurse zwischen +3,75 und +5,25 Euro/t weiter ausbauen und folgen damit nicht dem Kursrückgang bei US-Sojabohnen.

Mit den Marktfaktoren, die gestern die Agrarrohstoff-Kurse in die Höhe schnellen lesen, beschäftig sich der Betrag "Börse: Krim-Krise erreicht die Agrarrohstoffbörsen" vom 03.03.2014.

 

 

Prognose
Das Donnern der Kanonen klingt etwas ab und damit auch die die Panik an den Finanzmärkten. Rußland gab bekannt, sein Militärmanöver an der Westgrenze des Landes beendet zu haben.

An den Agrarrohstoffbörsen stehen daher nach meiner persönlichen Einschätzung heute zunächst Gewinnmitnahmen im Vordergrund - zumindest so lange, wie die Entspannungssignale die Oberhand behalten.

Dennoch bleiben mehrere Unsicherheitsfaktoren für den künftigen Kurstrend an den Agrarrohstoffmärkten:

Weltfinanzsystem
Abzuwarten bleibt, ob die Krise in Osteuropa das Potential hat, das Weltfinanzsystem ins Wanken zu bringen. Denn noch immer steht das Weltfinanzsystem nach dem Finanzkrisen-Kollaps auf tönernen Füßen.

Pleite der Ukraine
Das Risiko, daß die Ukraine auf einen Staatsbankrott zusteuert ist gewachsen. Auf umgerechnet 35 Milliarden US-Dollar bezifferte das ukrainische Finanzministerium letzte Woche den Finanzierungsbedarf des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Landes in den nächsten zwei Jahren. Allein 2014 summiert sich Kiews Schuldendienst auf rund 13 Milliarden US-Dollar, über die das unter einer rasanten Währungsabwertung leidende Land nicht mehr verfügt. In Kiew wird heute ein Team des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu Vorverhandlungen erwartet.

Logistik
Abzuwarten bleibt, ob die Verladungen in den Schwarzmeerhäfen weiterhin reibungslos laufen und die Ukraine damit ihren Exportverpflichtungen nachkommen kann.

Produktionsausfällen zur kommenden Ernte
Noch ist unklar, mit welcher Produktion zur kommenden Ernte gerechnet werden kann. Immerhin verteuert der Kursverfall bei Rubel und Hrywna die Produktionsmittel (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel usw.) - insbesondere wenn sie importiert werden müssen - und damit die Produktion. Schwächere Flächenerträge und Qualitäten könnten die Folge sein.

Energiepreise
Rußland zählt zu den größten Erdgas- und Erdölproduzenten der Welt. Alleine Deutschland bezieht knapp 40 % seiner Gasimporte und mehr als ein Drittel der Ölimporte aus Rußland. Steigende Energiepreise oder sogar eine Versorgungsknappheit werden befürchtet, sofern die Krim-Krise eskalieren sollte. Derzeit sind die Energiepreise daher ein Risikofaktor, da sich dann die Produktionskosten weltweit verteuern würden und die Konjunkturerholung belasten würden.


Der weitere Verlauf der diplomatischen Verhandlungen wird daher ausschlaggebend sein für den weiteren Preistrend an den Agrarrohstoffmärkten.
 
 
 


Vorhergehende Beiträge

03.03.2014

Börse: Krim-Krise erreicht die Agrarrohstoffbörsen

26.02.2014

Börse: US-Kältewelle läßt Risiko-Prämien steigen

24.02.2014

Börse: Minus bei Getreide - Plus bei Ölsaaten

18.02.2014

Börse: ... sagt der Winter leise "Ade"

13.02.2014

Börse: Turbulente Witterung - ruhige Märkte

16.01.2014

Börse: Weizen wieder in den roten Zahlen

   
 
 
 
 

Seitenanfang