Börse: Die Risiken bleiben


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.11.2013


Heute ist die Europäische Zentralbank (EZB), die die Schlagzeiten beherrscht. Die Gerüchteküche kocht: Diskutiert wird, ob die EZB möglicherweise den Leitzins weiter senkt. Am Agrarmarkt steht am Freitag die mit Spannung erwartete November-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums im Vordergrund.

 

Devisen & Konjunktur
Mit Spannung wird heute um ca. 14:00 Uhr die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet. Die Planspiele einiger Investoren sehen in der schwächeren Inflation in der Euro-Zone ein Signal für eine erneute Senkung der Leitzinsen.

Die jährliche Inflationsrate des Euroraums ist im Oktober 2013 nach vorläufigen Zahlen auf 0,7 % zurückgegangen, nachdem sie im September noch bei 1,1 % lag. Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak weisen mit einer Teuerung von 1,9 % im Oktober die höchste jährliche Rate auf (Oktober 2012: 3,1 %), gefolgt von Dienstleistungen mit 1,2 % (1,7 %), Industriegütern ohne Energie mit 0,4 % (1,1 %) und Energie sogar mit -1,7 % (8,0 %).

Doch es ist fraglich, ob die EZB bereits jetzt ihr Pulver verschießen wird. Seit dem 02.05.2013 liegt der Leitzins, das heißt der Zinssatz für das Refinanzierungsgeschäft der Banken, bei 0,50 %. Das bedeutet, daß der EZB nur noch zweimal 25 Basispunkte bleiben, bevor der Leitzins bei Null liegt.

Gegen eine Zinssenkung spricht auch die hohe Arbeitslosenquote in Euroland. Mit 12,2 % erreichte die Arbeitslosigkeit im August und September ein Rekordhoch. In der EU-28 lag die Arbeitslosenquote bei 11,0 %.

In den USA ging die Arbeitslosigkeit dagegen im September leicht zurück. Sie lag nach offiziellen Zahlen bei 7,2 %, gegenüber 7,3 % im August 2013 und 7,8 % im September 2012.

An den Devisenmärkten bleibt man vorsichtig, zumal auch aus den USA nach dem "Shutdown" einige statistische Zahlen fehlen. Gestern wurde am frühen Nachmittag der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3517 US-Dollar leicht über dem Vortagsniveau festgesetzt. Heute im frühen Handel kann der Euro seine Stärke gegenüber dem Dollar verteidigen und wurde etwas teurer gehandelt.

 

Energie
Der Kurstrend an den amerikanischen Ölbörsen wies zum Handelsschluß Kursverluste auf. Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Dezember wurde mit 94,80 Dollar zwar höher als am Vortag gehandelt. Verglichen mit dem Ölpreis Anfang Oktober, ist der Ölpreis jedoch um 7 % gesunken.

Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Dezember-Fälligkeit verbilligte sich zum Handelsschluß leicht auf 105,24 Dollar. Damit ist Nordseeöl nur 2,6 % preisgünstiger als Anfang Oktober. Heute im frühen Handel zeigt der Brent-Ölpreis weiter nach unten.

 

 

Agrarrohstoffe
In den USA bestimmen weiterhin die Mais- und Sojaernte den Preistrend. Höhere Erntemengen als erwartet, - sowohl bei Mais wie auch bei Sojabohnen -, sorgen weiterhin für Preisdruck. Die Aussaat des US-Winterweizens ist in Kürze abgeschlossen. Ende letzter Woche waren bereits 86 % der Aussaat beendet.

Die Marktentwicklung in der EU kann sich dem transatlantischen Abwärtssog weitgehend entziehen. Hier stehen anderer Marktfaktoren im Vordergrund:
• der tendenziell wieder schwächere Euro und damit
• der weiterhin äußerst positiven Exportaussichten,
• die Befürchtung weiterer Qualitätseinbußen in der Schwarzmeerregion,
• Sorgen, wie groß die Abwärtskorrekturen für die Ernte auf Südhalbkugel ausfallen werden und
• das infolge der Aussaatverzögerung in Nord- und Osteuropa höhere Auswinterungs-
  und Ertrag-Risiko zur Ernte 2014.

In den letzten zwei Wochen hat sich das Ernte- und Aussaatwetter in Osteuropa deutlich verbessert. Die Ernteverluste und Qualitätseinbußen dürften damit nicht so groß ausfallen wie zunächst befürchtet. In Rußland war der Maisdrusch Anfang der Woche auf 55,4 % der Flächen beendet, in der Ukraine lag der Erntefortschritt bei 69 %. Auch die Aussat ist zuletzt flott vorangekommen: In Rußland waren zuletzt 86,9 % der geplanten Aussaatfläche mit Wintergetreide bestellt, in der Ukraine erreichte der Aussaatfortschritt 93 %.

Regen hat die Ernteerwartungen für Argentinien und vor allem für Brasilien steigen lassen. In Argentinien fehlt allerding noch immer Regen, um die Bodenfeuchte für die Anbausaison aufzufüllen. In Brasilien haben kräftig Niederschläge zu einer Korrektur der Ernteerwartungen geführt. Ein privates Analystenhaus hat seine Prognose für Soja um 2 Mio.t auf 90 Mio.t angehoben, jedoch für Mais um 1,5 Mio.t auf 70 Mio.t gesenkt. Für Argentinien blieb die Prognose mit 55 Mio.t Soja und 25 Mio.t Mais unverändert zum Vormonat.

In Frühdruschgebieten in Australien rollen die Mähdrescher seit Mitte Oktober. Abzuwarten bleibt aber, welche Erntemengen und Qualitäten bei Getreide und Ölsaaten gedroschen werden können. Denn im Oktober hat eine Serie von Frostnächten in einigen südlichen Regionen des Kontinentes zu Pflanzenschäden geführt. Regional waren auch Weizen und Raps betroffen. Im Südwesten sollen mehr als die Hälfte der Feldbestände betroffen sein und man rechnet mit Ernteverlusten von 30 bis 60 %. Teilweise wurden frostgeschädigte Rapsbestände für die Viehfütterung siliert.

In den letzten Tagen notierten an den europäischen Börsen die Getreide-Future weitgehend stabil, jedoch mit latenter Preisschwäche. Auch Rapssaaten folgten zuletzt einem weiteren Stabilisierungstrend und wurden zuletzt durch den wieder teureren Soja-Komplex unterstützt.

 

 

Ausblick
Ich bleibe bei meiner Einschätzung vom 19.09:2013: "... rechne ich persönlich kurzfristig nicht mit einem anhaltenden Eifer der Investoren an den Agrarrohstoffmärkten.
Hier sehe ich erst dann den Beginn einer anhaltenden Hausse-Phase, wenn
• neue Ernteausfälle befürchtet werden, so daß Risikoprämien gewährt werden,
• die Konjunkturimpulse im Laufe des kommenden Jahres bei den Bürgern spürbar werden,
• und die Inflationsraten der Importländern wieder ansteigen. ...

Der nächste Monatsbericht des US-Agrarministeriums (USDA) ist für den 8. November 2013 angekündigt. Das sind dann die ersten "frischen" US-Zahlen, nachdem im Oktober der Bericht infolge des "Shutdown" in den ZSA ausgefallen ist. Der Bericht wird mit Spannung erwartet. Produzenten, Agrarhandel und Exportunternehmen fragen sich, ob sich der Preistrend der letzten Wochen in den US-Zahlen widerspiegeln wird.

 
 
 


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