Börse: EU-Märkte unter US-Wetter-Einfluß


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 04.09.2013


Ein bißchen Regen im "Mittleren Westen" der USA und leichte Schauer in den "Nördlichen Ebenen" kühlen auch die Börsenkurse ab. Rote Zahlen überwogen gestern auf den Anzeigetafeln bei Agrarrohstoffen.

 

Devisen & Konjunktur
Positiv interpretierte Konjunkturdaten aus den USA stärken den US-Dollar, während zugleich Unsicherheit infolge des sich verschärfenden Syrienkonfliktes vor den Toren der EU den Euro belastet. Unsere europäische Gemeinschaftswährung sackte auf den niedrigsten Stand seit sechs Wochen ab.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3172 US-Dollar erneut niedriger als am Vortag (1,3207) festgesetzt. Heute wartet die Finanzbranche auf die Veröffentlichung neuer Konjunkturdaten aus der EU, so daß der Euro im frühen Handel gegenüber dem Dollar weitgehend unverändert gehandelt wird.

 

 

Energie
Nervosotät bestimmt den Kurstrend an den Ölmärkten. Spekulationen, ob und wann es einen Militärschlag geben könnte, läßt die Kurse auf jede Meldung mit zum Teil heftigen Kursausschlägen an den Börsen reagieren. Meldungen russischer Nachrichtenagenturen am Vormittag, daß Raketen oder andere ballistische Objekte im Mittelmeergebiet abgefeuert worden seien, ließen die Kurse in die Höhe schnellen.



Nachdem den Märkte bereits in den Alarmzustand geschaltet hatten, bestätigte Israel einen gemeinsamen Raketentest mit den USA, die USA und andere Nato-Staaten telten mit, keine Raketen abgefeuert zu haben und auch der Ölmarkt schaltete wieder in den Normalbetrieb.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Oktober wurde mit 108,94 Dollar nur etwas höher als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Oktober-Fälligkeit zog zum Handelsschluß auf 115,68 Dollar an. Heute im frühen Handel korrigiert der Preistrend am Ölmarkt wieder nach unten - bei Brent-Nordseeöl infokge der geopolitischen Risiken weniger als bei US-Öl.

 

 

Agrarrohstoffe
Investoren hassen Unsicherheit. Und für Unsicherheit sorgt nicht nur die Angst, daß sich der Syrienkonflikt zu einem Flächenbrand in der Region ausweiten könnte. Für Unsicherheit sorgen auch widersprüchliche Einschätzungen zur Versorgungsbilanz bei Getreide und Ölsaaten.

Dennoch sorgten leichte Niederschlüge in Teilen der USA für eine "kalte Dusche" an den Börsen. Die Kurse setzten erneut zum Sinkflug an.

Dabei waren es nur bescheidene Mengen Niederschlag im "Mittleren Westen" der USA und in den "Nördlichen Ebenen", die keine wirkliche Verbesserung der Bodenfeuchte brachten. Die Trockenheit hat sich in den letzten Wochen in den wichtigen nördlichen Anbaugebieten sogar noch verschärft.


Nachdem in den USA am letzten Freitag im Bundesstaat Iowa das Quecksilber aber noch auf 40°C gestiegen ist, machen kühlere Wetteraussichten für den US-Norden und die Aussicht auf Regen zum kommenden Wochenende den Investoren einen Strich durch ihre Rendite-Spekulationen.

Auch die europäischen Märkte gerieten unter den Einfluß des US-Wetters. An den europäischen Börsen schlossen die Getreide-Futures im Minus, während Rapssaat nochmals Gewinne verbuchen konnte. In Paris schlossen bei Weizen der November-Termin und der Januar-Termin im Vergleich zum Vortag mit -1,25 bzw. -1,00 Euro/t niedrigeren Kursen. Auch Körnermais gab nach. Der November-Termin wurde zum Handelsschluß mit -2,00 Euro/t festgesetzt, der Januar-Termin notierte ebenfalls -2,00 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin nach den Vortagesverlusten mit +1,75 Euro/t aus dem Handel. Der Schlußkurs bei Rapssaat folgte den höheren Vorgaben des Sojamarktes, so daß der November-Termin mit +2,50 Euro/t zum Vortag schloß, der Februar-Termin notierte +2,25 Euro/t.

Die schwächere Bonitierung der US-Feldbestände verschaffte den Sojabohnen Rückenwind. Die Bewertung der mit "gut" bzw. "sehr gut" bewerteten Sojabestände um 4 % auf nur noch 54 % zurückgenommen, Bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag daher erneut mit Gewinnen. Bei Sojaöl gaben die Kurse jedoch leicht nach. Der US-Wettermarkt und die hohe Nachfrage nach US-Soja und steigende Palmölpreise sorgten in den USA für Kursgewinne.

 

 

Ausblick
Auch die US-Maisbestände wurden in den USA erneut schwächer bonitiert. Die mit "gut" bzw. "sehr gut" bewerteten Maisfelder wurden um 3 % auf nur noch 56 % zurückgenommen. Damit hat nicht nur die Trockenheit in den USA weiter verschärft, auch die Ernte- und Qualitätsaussichten für Mais und Soja haben sich erneut verschlechtert.

An den Börsen sind diese "Bad News" jedoch noch lange nicht schlecht genug, um die Attraktivität der Agrarrohstoffmärkte zu erhöhen. Derzeit lenken die Nahost-Risiken die Rendite-Spekulationen in andere Märkte.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte das schwache Interesse der Investoren an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks am heutigen Handelstag zunächst einmal für eine Flaute sorgen und die Kurse in die roten Zahlen bringen. Auch bei Sojabohnen erwarte ich, daß sich der Preisauftrieb stark abflacht.

An den Kassamärkten warten Käufer wie auch Verkäufer zunächst einmal die weitere Entwicklung ab. Das Interesse, die gerade erst eingelagerte Ernte an den Markt zu bringen, tendiert derzeit gegen Null. Für stabile Preise sorgt aber nicht nur das äußerst geringe Angebot, sondern zur Zeit noch der EU-Getreideexport. Das Geschäft für die EU-Exporteure wird jedoch deutlich härter, seitdem Rußland und die Ukraine mit Sonderangeboten die Preisführerschaft übernommen haben (siehe hierzu auch: "Weizen: Rußland punktet im Weltmarkt-Roulette" vom 29.08.2013. Auch bei der "Überraschungs-Ausschreibung" Ägyptens am letzten Wochenende kam lediglich EU-Weizen aus Rumänien zum Zuge. Mit umgerechnet 189 bis 192 Euro/t FOB zuzüglich Frachtkosten ist Schwarzmeerweizen derzeit preisattraktiver als Herkünfte aus Frankreich mit 199 Euro/t FOB und US-Weizen mit 209 Euro/t FOB.
Die Preisspanne der Kaufgebote für Brotweizen hat sich am hiesigen Kassamarkt deutlich vergrößert: Bei geringen Umsätzen liegen die Preise zwischen 165 und 195 Euro/t netto je nach Menge, Parität und Dringlichkeit der Anschlußversorgung.

 
 
 


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