Börse: Schwächetrend trotz "Bad News" aus China


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 18.07.2013


Nicht nur die Aktienmärkte drehten ins Plus, nachdem US-Notenbankchef Ben Bernanke erklärt hatte, ein Ausstieg aus der ultralockeren US-Geldpolitik sei derzeit nicht in Sicht. Auch beim US-Dollar ging es wieder aufwärts. Viel diskutiert wurden gestern die Ernteausfälle in China, doch an den Börsen hatte das nur wenig Wirkung.

 

Devisen & Konjunktur
Noch vor wenigen Wochen hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke immer konkreter einen Ausstieg aus der Billig-Geld-Politik angedeutet. Letzte Woche erklärte er, daß eine sehr expansive Geldpolitik für absehbare Zeit das sei, was die US-Wirtschaft brauche.

Gestern betonte Ben Bernanke bei der halbjährlichen Anhörung vor einem Ausschuß des US-Repräsentantenhauses, die US-Notenbank Fed könnte ihre konjunkturstützenden Maßnahmen möglicherweise auch verlängern, falls sich der US-Arbeitsmarkt nicht schnell genug erholen sollte. Es gebe keinen festen Zeitplan. Falls nötig sei die Fed bereit, das Ankauf-Programm sogar noch zu erweitern. Unabhängig von den Anleihekäufen werde die Quasi-Nullzins-Politik noch eine lange Zeit weitergeführt.
In Juni lag die US-Arbeitslosenquote wie im Vormonat bei 7,6 %. Bisher hat die US-Notenbank erklärt, den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einleiten zu wollen, sobald die monatlich ermittelte Arbeitslosenquote unter die Schwelle bei 6,5 % fällt.

Die Rede Ben Bernanke's verfehlte ihre Wirkung nicht: Weltweit drehten die Börsen ins Plus und der Dollar legte wieder zu. Gestern war der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) zuvor mit 1,3136 US-Dollar erneut höher als am Vortag festgesetzt. Doch heute im frühen Handel wird der Euro gegenüber dem Dollar niedriger gehandelt.

 

 

Agrarrohstoffe
Eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters bestimmte gestern die Meldungen zum Weizenmarkt. Reuters berichtete von großen Ernteausfällen in China. Bei Weizen könnten Frost und Starkregen Ernteausfälle bzw. Qualitätsverluste verursacht haben. Betroffen seien bis zu 20 Mio.t Weizen bzw. mehr als 16 % der Ernte und damit doppelt so viel, wie bisher erwartet.

Die Meldung ließ die Gerüchteküche über chinesische Käufe und Kaufanfragen am internationalen Markt kochen. Händler mutmaßen, daß die chinesischen Weizenimporte 2013/14 auf 10 Mio.t ansteigen könnten, nachdem in der letzten Saison nach US-Zahlen nur 3,2 Mio.t am Weltmarkt zugekauft wurden. In der letzten Woche hatte das US-Landwirtschaftsministerium den chinesischen Importbedarf auf 8,5 Mio.t geschätzt. Damit würde China innerhalb eines Jahres zum größten Weizenimporteur am Weltmarkt und die bisherige Nr.1 Ägypten überrunden. Analysten schätzen, daß sich die chinesischen Mais-Importe mit 7 Mio.t ebenfalls mehr als verdoppeln (Vj.: 3 Mio.t).

Beachtung an den Börsen finden daher auch die derzeitigen Kaufverhandlungen chinesischer Importeure in Australien. China hat Interesse an 500.000 t australischem Brot- und Qualitätsweizen zur Lieferung im Januar bis März nächsten Jahres. Vertraglich soll sich China bereits in den letzten Wochen bereits 300.000 t neuerntigen Weizen aus Australien gesichert haben. In Händlerkreisen rechnet man damit, daß China 2 bis 3 Mio.t Weizen bis Juni 2014 in Australien kaufen könnte. Derzeit sind in Australien die Weizen-Lagerbestände - trotz der vorherigen Rekordernten - stark zusammengeschrumpft.

Trotz der chinesischen "schlechten Nachrichten" ließen sich gestern weder die Börsen in Europa und Übersee beirren. Die Ernte läuft und die Erwartung einer größeren Ernte als im Vorjahr sorgt für Preisdruck.

An den europäischen Börsen schlossen die Börsenkurse gemischt. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit +0,50 Euro/t im Plus, während der Januar-Termin mit +0,50 Euro/t zum Vortag schloß. Auch Körnermais zog an. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit +0,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte dagegen -0,75 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin mit +3,75 Euro/t aus dem Handel. Der Schlußkurs bei Rapssaat wurde mit Stabilisierungstendenzen notiert: Der August-Termin schloß unverändert zum Vortag, der November-Termin notierte +0,50 Euro/t.

Bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag nur der Front-im Plus. Die späteren Ernte-Termine mußten leichte Kursverluste in Kauf nehmen. Der hohe Rohölpreis und ein unerwartet großer Rückgang der Rohöl-Lagerbestände in den USA sorgten für einen kleinen Kursgewinn bei Sojaöl.

 

 

Ausblick
Bessere Wetteraussichten für die US-Anbaugebiete und der flotte Fortgang der Ernte auf der Nordhalbkungel verschärfen derzeit den Preisdruck. Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Getreidekurse an den Agrarrohstoff-Börsen leicht im Minus liegen. Noch ist das "Erntetal" nicht ganz erreicht und der latente Abwärtstrend dürfte sich noch leicht fortsetzen.

 
 
 


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