Börse: Erntefortschritt verschäft Preisdruck


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 16.07.2013


Im Investmentgeschäft knallen bereits wieder die Korken und die Quartalsberichte überraschen mit grünen Zahlen. Rote Zahlen dominieren dagegen derzeit die Anzeigetafeln an den Agrarrohstoffbörsen. Denn die Ernteprognosen rund um den Globus sind für Haussiers eine herbe Enttäuschung.

 

Devisen & Konjunktur
Die Euro-Dauerkrise nimmt erneut Anlauf: Bereits am Freitag hat die Rating-Agentur "Fitch" Frankreich und gestern dem Euro-Rettungsschirm EFSF als letzte der drei großen US-Ratingagenturen die Top-Bonität entzogen. Griechenland streikt weiter, in Spanien steht eine Regierungskrise an, Portugal kommt nicht auf die Beine und in Italien sorgt die Staatsverschuldung für Negativschlagzeilen.

Die Konjunktur-Krise bleibt akut: Die hohe Arbeitslosigkeit in den Industrienationen, weniger Wachstum in Schwellenländern und der schwächelnde Welthandel belasten das Wachstum weltweit. Jetzt stottert auch die Konjunkturlokomotive. Mit nur noch 7,5 % ist die chinesische Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2013 so gering ausgefallen, wie zuletzt vor 22 Jahren. Alleine die Exporte sind im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,1 % zurückgegangen. Auch die USA mußten ihre Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung nach unten korrigieren. Die US-Regierung erwartet für 2013 nur noch ein Bruttoinlandsproduktes von 2,0 % (zuvor: 2,3 %) und für 2014 von 3,1 % (zuvor: 3,2 %).

Die Finanz-Krise schwelt weiter: Rund um den Globus fluten die Notenbanken mit billigem Geld die Finanzindustrie, um die Wirtschaft am Laufen halten.

Doch in dern Finanzindustrie herrscht bereits wieder Party-Stimmung: Gestern hat die US-Großbank "Citigroup" ihre Zahlen für das zweite Quartal 2013 vorgelegt. Vor allem dank des Investmentbankings konnte der Gewinn um 26 % auf einen bereinigten Nettogewinn von 3,9 Milliarden Dollar gesteigert werden.

Trotz Euro-Schuldenkrise bleibt das Vertrauen der Investoren in die Geldwertstabilität der Euro-Zone groß. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3012 US-Dollar geringfügig niedriger als am Vortag festgesetzt. Doch heute im frühen Handel peilt der Euro gegenüber dem Dollar bereits wieder die 1,31 Dollar-Marke an.

 

 

Energie
Die preisbestimmenden Faktoren am Ölmarkt sind bekannt: Auf der Hausse-Seite stehen die Unruhen in Ägypten, die unübersichtliche Lage in Syrien und der schwelende Iran-Konflikt. Für Baisse-Signale sorgen das schwächere Wirtschaftswachstum in China und das historisch hohe Niveau der Ölreserven in den USA.

Gestern wurde zum Handelsschluß ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August wurde mit 106,32 Dollar auf dem höchsten Stand seit Mai 2012 gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit stieg zum Handelsschluß mit 109,09 Dollar auf den höchsten Stand seit April 2012. Heute im frühen Handel geben die Preise am Ölmarkt wieder leicht nach.

 

 

Agrarrohstoffe
Auch an den Agrarrohstoffmärkten sind die preiswirksamen Marktfaktoren bekannt:
• Der Preisdruck steigt, seitdem die Ernte auf den Nordhalbkugel in vollem Gange ist.
• Die Welt-Getreideernte 2013/14 dürfte deutlich höher als im Vorjahr ausfallen.
• Eine Abwärtskorrektur der Ernteerwartungen der osteuropäischen Exportstaaten wird erwartet.
• In den USA entwickeln sich die Feldbestände bei Mais und Soja etwas schlechter.
• Die flotte Exportnachfrage bremst den Abwärtstrend der Preise stark ab.

Aufmerksam wird derzeit jede Meldung bewertet, die die globale Versorgungsbilanz verengen könnten: Wetterberichte, Bestandsbonitierungen, Import- und Exportzahlen, Konjunkturprognosen usw. Gestern waren es bessere Wetteraussichten, die die Kurse unter Druck brachten: günstigeres Anbauwetter in den USA, höhere Temperaturen in Kanada, Regen in Kasachstan, Ukraine, im Osten Rußlands und in weiten Regionen Australiens.

An den europäischen Börsen schlossen die Börsenkurse gemischt. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit -3,75 Euro/t im Minus, während der Januar-Termin mit -3,50 Euro/t zum Vortag schloß. Auch Körnermais zog erneut an. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit -0,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte sogar -2,75 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin mit -0,25 Euro/t aus dem Handel. Ebenso wurde der Schlußkurs bei Rapssaat erneut mit hohen Kursverlusten notiert: Der August-Termin schloß mit -7,55 Euro/t, der November-Termin notierte -7,75 Euro/t.

Bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag dagegen im Plus. Nachdem sich die US-Ernteerwartungen bei Sojabohnen leicht verschlechtert haben, ging es bei den Kursen weiter aufwärts. Die hohen Exportzahlen für US-Soja treiben die Kurse zusätzlich.

 

 

Ausblick
Der Fortgang der Ernte auf der Nordhalbkungel verschärft derzeit den Preisdruck. Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Getreidekurse an den Agrarrohstoff-Börsen in Europa leicht im Minus liegen, während an den US-Börsen nach den Verlusten des gestrigen Handelstages eher in die Gewinnzone tendieren. Insgesamt dürfte sich der latente Abwärtstrend allerdings noch leicht fortsetzen.

 
 
 


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