Ernte 2013: Baisse-Signale aus Rußland


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 06.06.2013


Das Weizengeschäft dümpelt träge vor sich hin. Denn Käufer und Verkäufer warten ab, ob die derzeit diskutierten Anbauprobleme doch nach zu echten Ernterisiken mutieren. Dabei sind die Baisse-Signale osteuropäischer Rekord-Ernteerwartungen bereits jetzt nicht zu übersehen.

 

Marktlage
Die näher rückende Ernte und der anhaltende Preisdruck am Getreidemarkt haben in den letzten Tagen ein größeres Angebot als erwartet aus den Lägern der Produzenten gelockt. Nachdem angesichts hoher Ernteerwartungen auf der Nordhalbkugel die Rendite-Hoffnungen schwinden, haben viele Landwirte sich von ihren "Restposten" getrennt.

Das Angebot fiel folglich zwar größer aus, hatte jedoch am Markt nur geringe Preiswirkung, obwohl die Nachfrage seitens der Verarbeiter zögerlich blieb.

Inzwischen läuft das Geschäft mit 2012erWare mangels Ware bereits wieder auf Sparflamme und angesichts der niedrigeren Preisangebote ex-Ernte-2013 winken viele Landwirte ab. Angesichts von Meldungen über steigende Hochwasserpegel in Teilen Europas und Aussaatverzögerungen in den USA haben Preisgebote zum Beispiel für Brotweizen von 185 bis 210 Euro/t netto je nach Menge und Parität nur wenig Attraktivität. Neugeschäfte kommen daher nur selten zusandte, zumal auch die Verarbeiter ausreichend Ware bis zum Erntestart in den Büchern haben.

 

Fakten

  • Welt: Höhere Ernte-Prognosen
    Erneut hat der Internationale Getreiderat IGC seine Prognose für die Welt-Getreideernte 2013/14 nach oben korrigiert. Mit 682 Mio.t Weizen erwartet der IGC jetzt 2 Mio.t mehr als vor einem Monat. Bei Körnermais haben die IGC-Analysten ihre Erwartungen um 6 Mio.t auf 645 Mio.t angehoben.


    Damit wird jetzt eine rund 7,2 % höhere globale Getreideernte als im Vorjahr prognostiziert. Da jedoch nur eine Verbrauchssteigerung um 3,6 % erwartet wird, errechnen die IGC-Experten einen Aufbau der Welt-Lagerbestände um 9,9 % auf 367 Mio.t Getreide.

    Bei Weizen wird jedoch nur ein vergleichsweise geringer Anstieg der Lagervorräte um 1,1 % auf 180 Mio.t prognostiziert.

     Baisse-Tendenz

 

 

  • Export: Niedrigere Erwartungen für EU und USA - höhere für Osteuropa
    Trotz des weltweiten Aufbaus der Lagerbestände, ist derzeit mit einer sehr unterschiedlichen Entwicklung der Exportmöglichkeiten der wichtigen Exportländer gerechnet.

    Während sich 2013/14 für die USA und die EU ein geringeres Exportpotential als in der Vorsaison abzeichnet, werden u.a. in Rußland, der Ukraine oder in Indien erheblich größere Weizenmengen für den Export zur Verfügung stehen - sofern sich die derzeitigen Ernteerwartungen bestätigen.


    Für Rußland gehen alle Prognosen - nach dem Produktionsdesaster im letzten Jahr - von einer erheblich höheren Getreideernte aus. Das russische Landwirtschaftsministerium prognostiziert mit 95 Mio.t Getreide eine um 34 % größere Produktion als im Vorjahr (70,9 MIo.t). Damit steigt das russische Exportpotential um 23 % auf 18 bis 20 Mio.t Getreide (Vorschätzung Vj.: 15,4-15,5 Mio.t).

    Für die Ukraine prognostiziert der staatliche meteorologische Dienst mit 22,5 Mio.t eine rund 32 % höhere Wintergetreideernte als im Vorjahr. Nach den für die noch laufende Saison auf 22,6 Mio.t geschätzten Getreideexporten, könnte das Exportvolumen 2013/14 leicht auf 22,9 Mio.t ansteigen.

     Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Die Getreidepreise stehen weiter unter latentem Preisdruck. Auch in den USA, dem größten Weizen-Exporteur am Weltmarkt, stehen die Kurse unter Druck, obwohl sich die Winterweizenbestände in bedenklich schlechter Wachstumsverfassung befinden, in einigen wichtigen Anbauregionen noch immer Niederschlag fehlt, während Regen die Sommerweizen-Aussaat im Bundesstaat "North Dakota", dem zweitgrößten Anbaugebiet hinter "Kansas", weiter verzögert. Das Zeitfenster für die Aussaat schließt sich allmählich und es ist zu erwarten, daß nicht alle Flächen mehr bestellt werden können.

Die wenigen Hausse-Signale werden nach meiner Einschätzung derzeit von den seitens der Marktakteure deutlich höher gewichteten Baisse-Signalen überdeckt:

Der Regen in den USA verzögert zwar die Aussaat, doch in den sechs größten US-Anbaustaaten konnte die Aussaat bis zum 02.06.2013 zu 80 % abgeschlossen werden. Hinzu kommt, daß die bereits bestellten Feldbestände von den teils ergiebigen Niederschlägen profitieren.

Letztendlich sind es damit die höheren globalen Produktionserwartungen für Getreide, die den Preistrend bestimmen.

Derzeit sieht alles danach aus, als würden die hohen Ernteerwartungen in Rußland, der Ukraine und anderen Schwarzmeer-Staaten jegliche Hausse-Hoffnungen zunichte machen.

Im internationalen Geschäft werden die hohen russischen Ernte- und Exporterwartungen als klares Schwächesignal für die Preise gewertet. Osteuropäische Exporteure versuchen bereits seit einigen Wochen mit attraktiven Exportpreisen verlorene Marktanteile im internationalen Geschäft zurückzuerobern. Inzwischen wird Schwarzmeer-Weizen bereits wieder preisgünstiger als US-Weizen angeboten. Der russische Verband der Getreideproduzenten hält einen Preisrutsch auf bis zu umgerechnet 150 Euro/t für möglich.

 

Fazit: Für die EU wird nach meiner persönlichen Einschätzung der Wettbewerb im internationalen Geschäft damit härter. Mit preisgünstigen Offerten wollen Rußland und die Ukraine so schnell wie möglich wieder ins Geschäft kommen. In den kommenden Wochen dürften der steigende Wettbewerbsdruck aus Osteuropa und die damit stärkeren Baisse-Impulse über den Exportmarkt auch in der EU den Abwärtsdruck der Preise verstärken.

Wie groß der Preisrückgang in der weiteren Marktsaison ausfallen wird, hängt angesichts der nur geringfügig komfortableren Versorgungsaussichten nicht nur von den weiteren Wetteraussichten auf der Nordhalbkugel kurz vor dem Erntestart ab, sondern von der Entwicklung der internationalen Nachfrage.

 
 
 
Vorhergehende Beiträge
18.04.2013 Ernte 2013: Abwärtskorrektur der EU- und US-Ernteprognosen 
22.02.2013 Ernte 2013: Höhere Ernteerwartung versus neue US-Wetterrisiken 
23.01.2013 Ernte 2013: Wetterrisiken stützen Preise 
27.11.2012 Ernte 2013: Trockenstreß in den USA läßt die Kurse steigen 
01.11.2012 Ernte 2013: Ausweitung der Weizenanbaufläche 
   
 
 
 
 

Seitenanfang