Börse: Katerstimmung an den Rohstoffbörsen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 19.04.2013


Jubelstimmung war gestern - heute haben die Finanzjongleure an den Börsen wenig zu lachen. Den euphorischen Preisanstiegen vergangener Monate folgt jetzt der Kater. Die Nachrichtenlage läßt keine Hoffnung auf neue Traum-Renditen aufkommen. Agrarrohstoffe geraten immer wieder in den Abwärtssog der Rohstoffmärkte.

 

Devisen & Konjunktur
Mit Sorgenfalten verfolgen nicht nur die Investoren an den Börsen derzeit die globale Konjunkturentwicklung. Vor allem die Zahlen aus den Schwellenländern stimmen wenig hoffnungsfreudig. China meldet ein schwächeres Wirtschaftswachstum als erwartet (siehe hierzu: "Börse: Im Abwärtssog der Rohstoffmärkte"), Indien kämpft erneut mit einer galoppierenden Inflation, die Kurse für Kupfer und andere Industriemetalle schmieren immer weiter ab und der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht zwar eine Stabilisierung der Weltwirtschaft, warnt aber vor langfristigen Folgen einer lockeren Geldpolitik.

Kupfer ist gestern auf den niedrigsten Preis seit Oktober 2011 gefallen, Öl, der Schmierstoff der Weltwirtschaft, gab um 12 % nach und Zucker hat in den letzten 12 Monaten über 25 % seines Wertes verloren.

Kein Wunder, daß auch der Euro in den Strudel der Abwärtsspirale gerät. Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3045 US-Dollar niedriger als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel kann der Euro gegenüber dem Greenback mit 1,3067 US-Dollar wieder leicht gewinnen.

Denn ganz so düster sind die Konjunkturaussichten dann doch nicht: Nach Einschätzung des IWF soll das Wachstum rund um den Globus in diesem Jahr voraussichtlich 3,3 % betragen. Deutschland könne weiter mit einem Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 0,6 % rechnen. Eine bessere Entwicklung erwartet der IWF für 2014. Prognostiziert wird für die Weltwirtschaft eine Wachstumsrate um 4,0 %, die damit so hoch liegen würde, wie seit 2011 nicht mehr.

 

Energie
An den Ölmärkten haben die schwachen Konjunkturdaten die Ölpreis in den letzten Wochen nach unten rauschen lassen. Gestern konnten sich die Kurse an den Ölbörsen leicht erholen. Aufgrund der schwachen Konjunkturdaten aus den wichtigsten Ölverbrauchsländern USA und China bleiben die Investoren vorsichtig.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Mai wurde mit 87,73 Dollar wieder höher als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Mai-Fälligkeit stieg gestern zum Handelsschluß leicht auf 99,19 Dollar. Heute im frühen Handel bleibt der Ölpreis an den Börsen unter Druck.

 

Agrarrohstoffe
Die Wetterrisiken sind noch immer akut: Zu viel Regen im "Mittleren Westen" der USA, Frostgefahr in den "Süd-Westlichen Ebenen" der USA, Aussaatverzögerungen in den nördlichen USA und Kanada, Kälte und teilweise auch zunehmende Trockenheit im Nordosten Chinas.

Doch diese Wetterrisiken sind für die Börsenteilnehmer keine neue Meldung, sondern längst eingepreist. Hinzu kommt, daß die weltweiten Ernteerwartungen für die Saison 2013/14 durchaus noch positiv sind (siehe hierzu auch: "Ernte 2013: Abwärtskorrektur der EU- und US-Ernteprognosen" vom 18.04.2013). Neue dramatische Hiobs-Botschaften fehlen jedoch, so daß die Agrarrohstoff-Börsen immer wieder leicht in den Abwärtssog der Rohstoffmärkte geraten.

Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf gemischt. In Paris standen bei Weizen der Mai-Termin im Vergleich zum Vortag mit -1,75 Euro/t und der November-Termin mit -2,00 Euro/t im Minus. Auch Körnermais verbilligte sich. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit -1,00 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte dagegen +0,25 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der Mai-Termin mit -1,00 Euro/t aus dem Handel, der November-Termin wurde dagegen mit +1,25 Euro/t höher notiert. Mit unerwartet deutlichen Kursgewinnen wurde der Schlußkurs bei Rapssaat notiert: Der Mai-Termin schloß mit +5,00 Euro/t, sogar der August-Termin erzielte ein Plus von +1,75 Euro/t.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen notierte gestern an den US-Börsen mit Kursgewinnen.

 

Ausblick
Bisher waren Rohstoffe an den Börsen IN, inzwischen sind sie OUT. Die Frühindikatoren am Rohstoffmarkt sprechen eine deutliche Sprache: Das langsamere Wachstum insbesondere der Schwellenländer belastet das globale Nachfragewachstum und verursacht dadurch Preisdruck. Die Investoren an den Börsen erwarten daher sehr viel weniger "rosige" Zukunft und steigen aus ihren Rohstoffgeschäften aus.

Fakt ist, daß die Renditen im Rohstoffgeschäft lange nicht die Ergebnisse bringen, die die Finanzjongleure an den Börsen in den letzten Jahren gewohnt waren. Fakt ist aber auch, daß sich die Nachfrage nach aktuellen Zahlen zwar ein wenig schlechter entwickelt als vermutet, doch Wachstum ist noch immer vorhanden.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß sich die Ölkurse leicht erholen, der Euro etwas stabiler notiert und die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks im Zuge von Gewinnmitnahmen zunächst in den roten Zahlen liegen, im Tagesverlauf jedoch wieder leicht ins Plus wandern könnten.

Hinsichtlich der Entwicklung der Lage am Kassamarkt bleibe ich bei meiner Einschätzung vom 16.04.2013: Anders als an den Börsen entwickelt sich derzeit noch die Lage für prompte Ware am Kassamarkt. Das Angebot fällt derzeit so klein aus, daß Käufer immer wieder Prämien "über Matif" gewähren müssen, um Ware aus den Lägern zu locken. Mit dem Frühlingsstart und dem Beginn Feldarbeiten steht derzeit nicht die Vermarktung der Lagerware an erster Stelle. Für die stark geschrumpften Restbestände in Erzeugerhand müssen Mühlen und Mischfutterwerke wieder tiefer in die Tasche greifen. Der stetige Zukaufbedarf des Exporthandels verschärft die knappe Marktversorgung, - auch wenn die Preisrücknahmen im internationalen Handel das Geschäft mit EU-Ware inzwischen erschwert. Bei Termingeschäften ex-Ernte oder später verstärkt sich dagegen der bereits seit Monaten spürbare Preisdruck wieder.

 
 
 


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