Weizen: Die Preisschere öffnet sich weiter


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 17.04.2013


Die Schere zwischen den Weizenpreisen für die Ernte 2012 und 2013 öffnet sich weiter. Der Preisknick am Wochenanfang hat den Preisabstand noch einmal vergrößert. Höchste Zeit für einen Blick in die Zukunft und die Erwartungen zur Ernte 2013.

 

Marktlage
Mit 235 bis 260 Euro/t netto liegen die Weizenpreise derzeit in einem ungewöhnlich breiten Spektrum. Qualitätsweizen kann lediglich 1 bis 4 Euro/t mehr erlösen. Ungewöhnlich ist auch, daß die Vermarktungsmenge oder die Lieferparität geringere Preiswirkung als sonst üblich haben. Letztendlich ist es vor allem die Dringlichkeit, mit der Käufer Anschlußware benötigen, die zu einer so weiten Preisspanne führt.

Daher entwickeln sich die Preise für prompte Ware am Kassamarkt weiterhin sehr stabil, während die Weizenkurse an den Warenterminbörsen seit Monaten tendenziell nach unten laufen. Auch wenn das Angebot in den letzten Tagen wieder etwas größer ausfiel, bleiben die Offerten doch äußerst überschaubar. Nach dem Frühlingsstart und dem Beginn der Feldarbeiten haben viele Landwirte die Vermarktung der Restbestände zunächst auf später verschoben.

So fällt das Angebot fällt auch weiterhin so klein aus, daß Käufer für prompte Lieferungen und bei dringenden Bedarf immer wieder Prämien von 5 bis 10 Euro/t "über Matif" gewähren müssen, um Ware aus den Lägern zu locken. Für Ware aus Erzeugerhand müssen Mühlen und Mischfutterwerke daher - trotz der Kursrückgänge an den Börsen - tief in die Tasche greifen.

Der stetige Zukaufbedarf des Export-Handels verschärft die knappe Marktversorgung, - auch wenn die Preisrücknahmen im internationalen Handel das Geschäft mit EU-Ware inzwischen erheblich erschweren.


Noch im Oktober letzten Jahres wurde Brotweizen an den europäischen und US-amerikanischen Börsen beinahe preisgleich gehandelt. In den letzten Monaten hat sich die Preisschere immer weiter geöffnet. Die Anhebung der US-Lagerbestände 2012/13, schlechtere Exportzahlen als im Vorjahr, die Ausweitung des US-Winterweizenanbaus zur Ernte 2013 und die Erwartung einer größeren Sommerweizenanbaufläche sorgte in den USA in den letzten Monaten für Preisdruck.

Aktuell ist US-Weizen am Weltmarkt deutlich preisgünstiger zu haben als EU-Ware. Die EU-Exporteure wickeln inzwischen vorrangig Altkontrakte ab, so daß auch der Zukaufbedarf der Exportunternehmen allmählich zurückgeht. Neugeschäfte mit Drittländern kommen nur noch selten zustande, da US-Weizen inzwischen die Preisführerschaft übernommen hat.

Dadurch verstärkt sich für EU-Weizen der Preisdruck vor allem für Termingeschäfte ex-Ernte oder spätere Lieferungen spürbar. Mit 195 bis 210 Euro/t netto je nach Menge und Parität liegen die ex-Ernte-Preise noch auf vergleichsweise attraktivem Niveau.


Prompte Ware kann dagegen von dem aktuellen Vegetationsrückstand von 2 bis 4 Wochen profitieren: Die Nachfrage der Mühlen und der Mischfutterindustrie hat sich EU-weit belebt. Man kalkuliert jetzt einen größeren Anschlußbedarf ein, da man nicht nur einen späteren Erntestart erwartet, sondern auch befürchtet, daß die kürzere Vegetationszeit zu Ertragsdepressionen führen könnte.

 

Fakten

  • Welt: Ausstieg aus Rohstoff-Investments - trotz enger Versorgungsbilanz
    Immer mehr Investoren an den Börsen verlieren das Interesse an der Spekulation mit Agrarrohstoffen. Einer der Gründe ist, daß sich die Witterung von Knappheit weitgehend verloren hat und damit die Rendite-Hoffnungen verpufft sind.

    Daß 2012/13 eine Defiziternte in die Lagerhäuser gefahren wurde, ist seit langem an den Märkten eingepreist. Die weltweiten Lagerbestände sind zwar auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2008/09 gesunken, doch für 2013/14 wird eine deulich größere globale Weizenernte erwartet.

    in Mio. t
    Weizen
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    EU-27
    Welt
    Welt
    EU-27
    2007/08
    612,5
    120,1
    614,2
    128,4
    12,4
    2008/09
    683,6
    151,1
    637,1
    168,3
    19,9
    2009/10
    686,6
    138,8
    650,2
    201,5
    16,2
    2010/11
    652,2
    136,0
    653,8
    198,9
    11,8
    2011/12
    696,9
    137,2
    687,4
    199,4
    13,5
    2012/13 Prognose vom:
    08.02.2013
    653,6
    131,7
    673,4
    176,7
    10,0
    08.03.2013
    655,5
    132,3
    673,7
    178,2
     9,5
    Quelle: USDA


    Daß die globalen Lagerbestände stark abgeschmolzen sind, daran hat man sich inzwischen gewöhnt. Auch der weiterhin flotte Zukauf wichtiger Importstaaten und die für den Export verfügbaren Vorräte der Exportstaaten haben ihre Hausse-Wirkung verloren

     Baisse-Tendenz

 

  • Witterungsrisiken: USA - Kälte und Trockenheit
    Wetterberichte für die USA, - immerhin die Nummer 1 unter den Weizenexporteuren -, prognostizieren für die kommenden Tage Kälte und regional sogar Frost. Befürchtet wird, daß es auch im Westen der Bundesstaates Kansas oder Texas, beides wichtige Winterweizen-Anbaugebiete, zu Frostschäden kommen könnte. Andere Regionen warten noch immer auf ergiebige Niederschläge, da die Bodenfeuchte für die beginnende Vegetationsperiode noch immer nicht ausreichend aufgefüllt ist.


    Angesichts der problematischen Aussaat- und Wachstumsbedingungen im letzten Herbst in den USA verwundert es nicht, daß das US-Landwirtschaftsministerium auch in seinen neuesten Zahlen vom 15.04.2013 die Winterweizenbestände in den USA äußerst schlecht bonitiert. 31 % der Feldbestände werden mit "schlecht" bzw. "sehr schlecht" eingestuft, nachdem der Wert eine Woche zuvor noch bei 30 % lag. Nur 36 % erreichen die Einstufung "gut" bzw. "sehr gut". Im Vorjahr wurden noch 64 % der Weizenbestände entsprechend bewertet. Auch in den USA hat der lange Winter zu einem Vegetationsrückstand geführt und verzögert noch immer die Aussaat der Sommerkulturen.

     Hausse-Tendenz

 

  • EU: Insgesamt gute Ernteerwartungen
    In Westeuropa werden die Wachstumsaussichten für Weizen durchaus positiv eingeschätzt, auch wenn die Ernteerwartungen für Europa von vielen Analysten inzwischen leicht nach unten korrigiert wurden. Anfang März ging die Europäische Kommission mit einer Erwartung von 131,1 Mio.t von einer rund 6 % größeren EU-Weizenernte als im Vorjahr aus. Der europäische Getreidehandelsverband Coceral geht davon aus, daß mit 127,8 Mio.t rund 3,2 Mio.t Weizen mehr geerntet werden als im Vorjahr. Andere private Analysten haben ihre Prognosen inzwischen um 1 bis 2 Mio.t nach unten korrigiert.

    In Deutschland haben die Landwirte im Herbst 2012 für die kommende Ernte 2013 die Aussaatfläche von Winterweizen, die nach wie vor wichtigste Getreideart in Deutschland, um knapp 207.000 Hektar beziehungsweise um über 7 % gegenüber der Vorjahresfläche ausgedehnt.

    Zudem hat der Frühlingsbeginn jetzt dafür gesorgt, daß großräumige Frostschäden oder Ertragsdepressionen derzeit nicht mehr zur Debatte stehen. Dabei werden erst die nächsten 14 Tage zeigen, ob es zu Frostschäden, und wenn, in welchem Umfang gekommen ist.

    Hierzulande haben Niederschläge in der letzten Woche die sich anbahnende Trockenheit beseitigt. Die Böden erwärmen sich derzeit schnell, so daß eine starke Pflanzenentwicklung zu beobachten ist. Da die Bodenkrume mit einem guten Stickstoff-Vorräten in die Saison gestartet ist (geringe Verlagerung in tiefere Bodenhorizonte während der Wintermonate) ist mit einer schnellen Mineralisation zu rechnen.

     Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Noch immer sorgt das äußerst knappe Angebot an den Kassamärkten für feste Preise am Weizenmarkt. Bei dringendem Bedarf werden zwar noch immer Prämien von den Käufern bewilligt, doch viele Käufer spekulieren derzeit auf fallende Kurse.

Drei weitere Faktoren dominieren nach meiner persönlichen Einschätzung derzeit den Markt:

Weizenernte 2013/14
Inzwischen entwickelt sich die in wenigen Monaten beginnende Ernte 2013/14 zu einem stärkeren Marktfaktor bei der Preisgestaltung. Ex-Ernte-Preise und spätere Liefertermine geraten daher zunehmend unter Preisdruck. Doch hierzulande werden erst die nächsten 14 Tage zeigen, ob es zu Frostschäden, und wenn, in welchem Umfang gekommen ist.

Witterung in den USA
Am internationalen Markt wird die Witterung in den USA derzeit aufmerksam beobachtet. Immerhin sind die USA die Nummer 1 unter den Weizenexporteuren. Das Preisniveau bei US-Weizen hat unmittelbare Wirkung auf die Exportchancen der EU-Exporteure.

Konjunktur und Export
Auch der weitere Einfuhrbedarf der Importländer hat starke Preiswirkung und ist letztendlich von der globalen Konjunktur abhängig. Da einige Importländer mit wachsenden Finanzierungsproblemen kämpfen, dürfte das internationale Geschäft für EU-Exporteure deutlich schwieriger entwickeln.

Ausstieg aus dem Rohstoffgeschäft
In den vergangenen Jahren waren Rohstoffe an den Börsen für Investoren wie eine Goldmine. Doch seit dem letzten Jahr sind die Gewinne immer weiter zurückgegangen. Das ist nur einer der Gründe, weshalb sich viele Investoren aus dem Geschäft zurückziehen. Der Rückzug der Investoren sorgt seit Monaten an den Börsen für latenten Preisdruck und verstärkt damit die Kursrückgänge für spätere Fälligkeitstermine.

 
 
 
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