Börse: Im Abwärtssog der Rohstoffmärkte


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 16.04.2013


Der Rohstoffmarkt scheint in den Schlußverkauf-Modus eingeschwenkt zu sein: Kursabsturz am Goldmarkt, die Industriemetalle auf Tauchstation und die Rohölpreise im Rückwärtsgang. Der Abwärtssog am Rohstoffmarkt verursachte gestern auch am Agrarrohstoffmarkt begrenzte Kollateralschäden.

 

Devisen & Konjunktur
Einen kräftigen Dämpfer haben schwache Konjunkturdaten den Devisen- und Rohstoffmarkt verpaßt. Daß die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und in den USA nicht richtig in Gang kommt, belastet die Märkte seit Monaten latent.

Daß jetzt auch die Konjunktur in China an Schwung verliert, macht die Investoren zunehmend skeptisch. Die neuen Zahlen aus dem Reich der Mitte für das erste Quartal 2013 werden als wenig ermutigend interpretiert. Chinas Wirtschaftswachstum hat sich zu Jahresbeginn überraschend verlangsamt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte nach den gestern veröffentlichten amtlichen Daten im Vergleich zum ersten Quartal 2012 um 7,7 % zu. Analysten hatten mit einem Plus von 8,0 % gerechnet, nachdem die Wirtschaft im vierten Quartal 2012 noch um 7,9 % gewachsen war. Dem Exportweltmeister macht vor allem die Schuldenkrise in Europa und die schleppende Erholung in den USA zu schaffen.

So geriet auch der Euro in den Abwärtssog schwacher globaler Konjunkturaussichten.
Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3081 US-Dollar zwar noch etwas stärker als am Freitag festgesetzt, doch im weiteren Handelsverlauf verlor der Euro 0,6 % gegenüber dem Greenback. Heute im frühen Handel kann der Euro mit 1,3075 US-Dollar seine Vortagsverluste teilweise wieder kompensieren.

 

Energie
Die schwachen Konjunkturdaten aus den USA und China brachten auch die Kurse am Ölmarkt in die Verlustzone. Dabei hat es am Ölmarkt keinerlei Lageänderung gegeben: Daß die schleppende Konjunkturerholung auch das Wachstum bei der Ölnachfrage bremst, ist immerhin nichts neues. Daß die Öllagerläger weltweit und auch in den USA randvoll sind, ist bestens bekannt.

Doch die neuen, wenig inspirierenden Konjunkturzahlen auch China brachten die Ölpreise an den Börsen kräftig ins Rutschen. Letztendlich wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Mai mit 88,71 Dollar niedriger als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Mai-Fälligkeit fiel gestern zum Handelsschluß mit 100,39 Dollar auf den niedrigsten Stand seit 9 Monaten. Heute im frühen Handel bleibt der Ölpreis an den Börsen unter Druck.

 

Agrarrohstoffe
Die Agrarrohstoff-Börsen gerieten gestern in den Abwärtssog der Rohstoffmärkte. Hinz kam. daß neue Hiobs-Botschaften sich verschärfender Anbaurisiken fehlen. In Europa hat der Frühling Einzug gehalten. Auch die Meldungen über die Gefahr von Frostschäden in den nordwestlichen Anbaugebieten der USA, Frostgefahr in den "Süd-Westlichen Ebenen" oder die absehbaren Aussaatverzögerungen durch Schnee, Nässe und Kälte in Kanada konnten den Abwärtstrend nicht stoppen.

Auch wenn die Ernteerwartungen für Europa von vielen Analysten inzwischen leicht nach unten korrigiert wurden, hat der Frühlingsbeginn dafür gesorgt, daß großräumige Frostschäden oder Ertragsdepressionen nicht mehr zur Debatte stehen.

Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf mit Verlusten. In Paris standen bei Weizen der Mai-Termin im Vergleich zum Vortag mit -3,50 Euro/t und der November-Termin mit -4,00 Euro/t im Minus. Auch Körnermais verbilligte sich. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit -1,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte -2,00 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der Mai-Termin mit -2,00 Euro/t aus dem Handel, der November-Termin wurde unverändert notiert. Mit deutlichen Kursverlusten wurde auch der Schlußkurs bei Rapssaat notiert: Der Mai-Termin schloß mit -6,50 Euro/t, der August-Termin mußte Verluste von -5,00 Euro/t in Kauf nehmen.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen notierte gestern an den US-Börsen mit kräftigen Kursverlusten.

 

Ausblick
Die weltweite Konjunkturschwäche und die sich abschwächenden Anbaurisiken haben gestern für rote Zahlen an den Agrarrohstoffbörsen gesorgt. Doch das bedeutet nicht, daß es keine Anbaurisiken gibt. Die Anbaurisiken sind lediglich neu zu bewerten und die Risiken, die inzwischen verstärkt vom Finanzmarkt ausgehen, höher zu gewichten.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks stabilisieren und möglicherweise leicht im Plus liegen.

Anders als an den Börsen entwickelt sich derzeit noch die Lage für prompte Ware am Kassamarkt. Das Angebot fällt derzeit so klein aus, daß Käufer immer wieder Prämien "über Matif" gewähren müssen, um Ware aus den Lägern zu locken. Mit dem Frühlingsstart und dem Beginn Feldarbeiten steht derzeit nicht die Vermarktung der Lagerware an erster Stelle. Für die stark geschrumpften Restbestände in Erzeugerhand müssen Mühlen und Mischfutterwerke wieder tiefer in die Tasche greifen. Der stetige Zukaufbedarf des Exporthandels verschäfte die knappe Marktversorgung, - auch wenn die Preisrücknahmen im internationalen Handel das Geschäft mit EU-Ware inzwischen erschwert. Bei Termingeschäften ex-Ernte oder später verstärkt sich dagegen der bereits seit Monaten spürbare Preisdruck wieder.

 
 
 


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