Börse: Frühlings-Frost auf dem Acker


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 28.03.2013


Polare Kälte uind Schnee bremsen nicht nur die Landwirtschaft aus. Die Aussicht auf einen ebenfalls unterkühlten Aprilstart und eine weitere Verzögerung des Vegetationsstarts bereitet ebenso Sorgen, wie die ersten sichtbaren Frostschäden auf ungeschützten Äckern. An den Agrarrohstoff-Börsen sorgten die Wetterprobleme gestern für neue Renditehoffungen.

 

Devisen & Konjunktur
Die noch immer nicht bewältigte Zypern-Krise und Unsicherheit über die künftige Finanzpolitik der Euro-Zone haben den Euro auch gestern weiter belastet. Die für heute geplante Öffnung der zypriotischen Banken sorgte für Nervosität und ließ die Investoren sehr vorsichtig agieren.

Damit ist das Risiko der Staatverschuldung vieler Länder - nicht nur in der Eurozone - derzeit wieder der zentrale Faktor bei der Investitionsplanung. Gestern blieb der Euro daher weiter unter Druck. Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2768 US-Dollar niedriger als am Vortag festgesetzt.

Heute im frühen Handel ist der Euro wieder auf einen erkennbaren Erholungstrend eingeschwenkt. Daß die EZB Zypern während der letzten Nacht - höchst medienwirksam - angeblich fünf Milliarden Euro in Bargeld geliefert hat, dürfte nur einer der Gründe für Erholung sein. Die neue Euroscheine der EZB haben Bargeldmenge der Mittelmeerinsel auf einen Schlag vervielfacht. Hinzu kommt, daß das drakonische Spardiktat in den USA infolge der der fehlenden Haishaltseinigung zwischen Republikanern und Demokraten dazu führt, daß die US-Arbeitslosenquote seit Monaten stagniert.

 

Energie
Die Ölpreise haben am Mittwochnachmittag leicht nachgegeben. Nachdem der Brentölpreis zwischenzeitlich auf 109,5 US-Dollar je Barrel gestiegen war und die US-amerikanische Sorte WTI auf ein 5-Wochenhoch von über 96,50 US-Dollar geklettert war, brachte ein Preisdämpfer den Kurs wieder ins Rutschen.

Die neuen Zahlen des US-Energieministeriums dokumentieren, daß die wöchentlichen US-Lagerbestände um 3,26 Mio. Barrel gestiegen sind. Die neuen Zahlen brachten den Ölmarkt inter Druck. Letztendlich wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Mai mit 96,58 Dollar kaum verändert zum Vortag notiert. Auch Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Mai-Fälligkeit blieb gestern zum Handelsschluß mit 109,69 Dollar fast unverändert. Heute im frühen Handel zeigt der Ölpreis an den Börsen wieder leicht nach oben.

 

Agrarrohstoffe
"Weißen Ostern" werden für den Nordosten Deutschlands prognostiziert. Dort rechnen Meteorologen mit Schneetreiben und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Auch für den Rest der Republik wird Kälte mit einstelligen Temperaturen und Regenschauern erwartet. Nach dem kältesten März der vergangenen hundert Jahre sollen die Temperaturen in den ersten Apriltagen nur langsam steigen.

Der Vegetationsstart verzögert sich weiter und die "Arbeitsverdichtung" für die anstehenden Frühjahrsarbeiten ist bereits vorherprogrammiert. In weiten Regionen der EU eine schützende Schneedecke mittlerweite fehlt, wachsen die Sorgen vor Auswinterungsschäden. Flächen, die den bitterkalten Nord-Ost-Winden ausgesetzt waren, weisen bereits Schäden auf.

Auch auf der anderen Seite des Atlantiks verzögern Frost und Kälte und regional zu viel Regen in den Anbaugebieten der USA die Aussaat. Die US-Wintersaatenbestände präsentieren sich nach den ungünstigen Anbaubedingungen im Herbst alles andere als positiv und Auswinterungsschäden sind in dem Anbaugebiet der "Südlichen Ebenen" nicht ausgeschlossen.

Frost und die Verzögerung des Vegetationsbeginns bringen die Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks auf Trab. Trotz Anbauausweitung befürchtet man, daß die Versorgungslage auch in der kommenden Saison 2013/14 knapper ausfallen könnte als erwartet.

Die Agrarrohstoffe notierten auch gestern in die Gewinnzone. Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf dennoch recht gemischt. In Paris standen bei Weizen der Mai-Termin im Vergleich zum Vortag mit +1,75 Euro/t und der November-Termin mit +2,75 Euro/t im Plus. Auch Körnermais verteuerte sich weiter. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit +2,00 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte +1,50 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der Mai-Termin mit +2,50 Euro/t aus dem Handel, der November-Termin wurde mit +0,75 Euro/t notiert. Mit Kursgewinnen wurde auch bei Rapssaat der Schlußkurs notiert: Der Mai-Termin schloß erneut mit +3,25 Euro/t, der November-Termin erzielte Gewinne von +2,50 Euro/t.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen notierte gestern an den US-Börsen mit Kursgewinnen.

 

Ausblick
Vor der heutigen Veröffentlichung der US-amerikanischen Lagerbestände und der Prognose der Anbauplanung der US-Farmer bleiben die Investoren vorsichtig. Die Anbaurisiken zur Ernte 2013/14 auf der Nordhalbkugel, die Hitze und Trockenheit in Australien vor der Aussaat im Mai und die nach wie vor sehr flotte Exportnachfrage werden klar als Hausse-Signale gewertet. Doch man weiß auch, daß die Aussicht auf "normale" Ernteerwartungen für die USA, West- und Osteuropa oder Australien den latenten Preisdruck wieder verstärken werden.

Da heute vor den Osterfeiertagen neue trendweisende Marktssignale fehlen, geht man an der Börse zunächst einmal auf "Nummer Sicher" und nimmt Gewinne mit. Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich daher, daß die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks zunächst in die "Rote Zone" wandern, dann aber im Laufe des tages wieder in der Gewinnzone einschwenken.

Der Aufwärtstrend dürfte so lange anhalten, wie die Nachrichten von der Wetterfront in Europa und den USA für Sorgen über die Ernteerwartungen sorgen. Sollten sich nach Ostern bestätigen, daß sich für Europa und die USA großräumige Auswinterungen bestätigen, gehe ich persönlich davon aus, daß die Kurse einen Sprung in die Höhe machen werden.

Hinsichtlich der Entwicklung der Lage am Kassamarkt bleibe ich bei meiner Einschätzung vom 27.03.2013: Das Angebot fiel zuletzt etwas umfangreicher aus, doch die noch vorhandenen Restbestände in Erzeugerhand schrumpfen in Rekordtempo. Mühlen und Mischfutterwerke müssen, um ihren Anschlußbedarf zu decken, wieder tiefer in die Tasche greifen. Der Exporthandel bingt mit seinem kontinuierlichen Zukaufbedarf neue Dynamik in die Preisgestaltung. Ausgehend von Seehafenstandorten wie zum Beispiel am Standort Hamburg sind die Preise auf Großhandelsebene in den letzten Tagen deutlich nach oben geschnellt. In abgeschächter Form setzt sich der Preisauftrieb inzwischen ins Inland fort. So zeigt auch auf der Erzeugerstufe der Preistrend in den letzten Tagen wieder nach oben. Getreide - ausgenommen Roggen und Hafer - und Ölsaaten erzielen wieder deutliche Prämien.

 
 
 


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