Börse: Kassamarkt im Fokus


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.03.2013


Wie erwartet brachte die März-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums nichts unerwartet Neues. Während an den Börsen nach wie vor neue "inspirierende" Nachrichten fehlen, bestimmen am Kassamarkt das magere Angebot und die flotte Exportnachfrage das Geschäft.

 

Devisen & Konjunktur
Unerwartet gute Zahlen vom US-Arbeitsmarkt geben dem US-Dollar Rückenwind. Laut der aktuellen Statistik fiel die Arbeitslosenquote um 0,2 Punkte auf 7,7 %. Im Vergleich zum Euro ist der US-Dollar auf den höchsten Stand seit Dezember 2012 geklettert.

Während der US-Dollar auf der Devisenleiter die Sprossen nach oben erklimmt, gibt der Euro-Kurs weiter nach. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2994 US-Dollar beinahe unverändert zum Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel notiert der Euro etwas fester oberhalb der Marke von 1,30 US-Dollar. Die Investoren warten auf neue trendweisende Marktsignale.

 

Energie
Trotz besserer Konjunkturdaten aus den USA hat sich a Ölmarkt hinsichtlich der fundamentalen Daten wenig geändert: Die Öllagerbestände liegen auf hohem Niveau, nicht nur Saudi-Arabien hat seine Ölförderung erhöht, die Ölverbrauch wächst langsamer als erwartet, die Konjunkturerholung verläuft global schleppend, die Konjunkturlokomotive China stottert, die Staatsschuldenkrise ist nicht nur in den USA ungelöst und die Notenbanken setzen ihre lockere Geldpolitik fort.

Die Liste der Baisse-Faktoren am Ölmarkt ist lang und wird immer länger. Dennoch setzen die Finanzjongleure an den Ölbörsen weiter auf den insgesamt steigenden weltweiten Verbrauch und hebeln damit das Gesetz von Angebot und Nachfrage weiter aus.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im April mit 92,06 Dollar etwas höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur April-Fälligkeit verbilligte sich dagegen gestern auf 110,22 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Ölpreis an den Börsen leichte Schwächetendenzen.

 

Agrarrohstoffe
In den letzten Wochen waren Agrarrohstoffe an den Börsen etwas aus der Mode geraten: Es fehlten neue "schlechte" Nachrichten von der Wetterfront. Statt dessen machten Schnee und Regen in den Weizenanbaugebieten der USA, das nahende Winterende in Westeuropa und die positiven Ernteschätzung für die EU-28 neue Renditehoffnungen zunichte.

Jetzt zeichnet sich jedoch eine Trendwende an den Börsen ab. Denn die März-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums bot erwartungsgemäß nichts Neues.
Trotz der leicht entspannten Sicht der US-Analysten auf den Weizenmarkt unterstreicht der US-Bericht die enge Versorgungssituation 2012/13: Auch mit den neuen Zahlen
• bleibt die globale Weizenernte defizitär,
• die Grobgetreide- und Maisernte kann den Verbrauch nicht decken und
• am Ölsaatenmarkt ist trotz Soja-Rekordernte in Südamerika kein Aufbau
  der Lagerbestände zu erwarten.

Auch bei den Investoren an den Börsen sind es jetzt die realen Fakten des Kassamarktes, die in den Fokus geraten:
• das flott laufende internationale Exportgeschäft,
• die exportfördernde Wirkung eines schwächelnden Euro für den EU-Export,
• die guten Ausfuhr-Zahlen der US-Exporteure,
• die geringen Rest-Lagerbestände in der EU, den USA und in der Schwarzmeerregion,
• die Verbesserung der Anbaubedingungen zur Ernte 2013 in den USA, der EU und Osteuropa,
• der mit 58 % bereits sehr hohe Verkaufsgrad der Sojaernte in Brasilien (5-Jahres-Ø: 46 %),
• Ernteverzögerungen durch regen in weiten Regionen Brasiliens,
• die derzeit noch bei über 40 Tagen liegende Verzögerung der Schiffsverladungen in Brasilien,
• die Ankündigung eines Streiks der brasilianischen Hafenarbeiter für den 19. März. 

An den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks setzte sich gestern die Erkenntnis durch, daß zwar neue Hiobs-Botschaften fehlen, daß die Versorgungslage am Realmarkt angesichts rückläufiger Lagerbeständen dennoch eng bleibt.

Die Agrarrohstoffe notierten gestern in die Gewinnzone. Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf dennoch recht gemischt. In Paris standen bei Weizen der März-Termin im Vergleich zum Vortag mit +3,5 Euro/t und der November-Termin allerdings nur mit +1,50 Euro/t im Plus. Körnermais verteuerte sich weiter. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit +3,25 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte +1,75 Euro/t zum Vortag. Braugerste notierte gemischt: Während der März-Termin mit -0,50 Euro/t aus dem Handel ging, wurde der November-Termin mit +2,25 Euro/t notiert. Gemischt wurde auch bei Rapssaat der Schlußkurs notiert: Während der Mai-Termin mit +2,25 Euro/t schloß, mußte der November-Termin Verluste von -1,00 Euro/t in Kauf nehmen.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen notierte gestern an den US-Börsen mit Kursgewinnen.

 

Ausblick
Nachdem die Aktienmärkte an der Wallstreet in den letzten Tagen eine Rallye auf's Parkett legten und der DAX die 8000er-Marke in's Visier nahm, kühlt die Euphorie jetzt doch merklich ab. Jetzt stehen erst einmal Gewinnmitnahmen im Vordergrund.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß auch die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks wieder leicht in den roten Bereich drehen. Die Risiko-Faktoren wurden gestern eingepreist und die deutlich komfortableren Ernteerwartungen 2013/2014 stehen jetzt wieder im Vordergrund. Das bedeutet, daß - nach meiner persönlichen Einschätzung  - der latente Preisdruck weiter anhalten dürfte.

Am Kassamarkt fiel das Angebot zuletzt etwas umfangreicher, jedoch weiterhin überschaubar aus. Da auch die Käuferseite weitere Kursrückgänge abwartet und Zukäufe hinauszögert, entwickelt sich das Geschäft eher träge. Futtermittelwerke und Mühlen machen Zukäufe angesichts der internationalen Kurstrends häufig von Rabatten abhängig. Da die Verkäufer meist nicht zu Preiszugeständnissen bereit sind, fallen die Preisrückgänge noch vergleichsweise überschaubar aus.

 
 
 


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