Börse: Neue Dämpfer für die Rendite-Hoffnungen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 18.01.2013


Gewinnmitnahmen und regenreichere Langzeit-Wettervorhersagen für die USA bestimmten gestern das Börsengeschehen. Auch die Prognose einer um 4 % höheren Weizenernte im nächsten Wirtschaftsjahr dämpfte die Rendite-Hoffnungen an den Börsen.

 

Devisen & Konjunktur
Deutlich nach oben zeigt derzeit der Kurstrend des Euro. Der optimistische Ausblick, den EZB-Präsident Mario Draghi am vergangenen Donnerstag zur konjunkturellen Entwicklung in der EU gab, bietet unserer Gemeinschaftswährung kräftig Rückenwind. An den Devisaenmärkten überwiegt die Einschätzung, daß in der Euro-Zone derzeit eine Zinssenkung zur Ankurbelung der Wirtschaft nicht zur Debatte steht

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3368 US-Dollar wieder höher als am Vortag festgesetzt. Damit kletterte der Euro auf den höchsten Stand seit Februar letzten Jahres. Heute im frühen Handel hält sich der Euro knapp unter der Marke von 1,34 US-Dollar.

Die japanische Notenbank erwägt laut einem Medienbericht, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern. Erst in der kommenden Woche findet das Treffen der japanischen Notenbanker statt. Doch bereits die Hoffnung auf eine weitere Geldflut für die Wirtschaft und weiterhin quasi-zinslose Kredite beflügelt die Börse in Tokio.

 

Energie
Die guten Konjunkturaussichten in China lassen die Ölpreise weiter steigen. (Siehe auch Beitrag: "Börse: Abwarten vor der US-Januar-Prognose".) Auch die hoffnungsvolleren Wirtschaftsdaten aus den USA stützten den Aufwärtstrend. An der Ölbörse in New York wird der Rohölkontrakt der Sorte WTI inzwischen auf dem höchsten Stand seit September letzten Jahres gehandelt.

Gestern wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Februar mit 95,49 Dollar erneut höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur März-Fälligkeit verteuerte sich gestern ebenfalls auf 111,10 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Ölpreis an den Börsen weiter nach oben.

 

Agrarrohstoffe
Der Preisauftrieb an den Agrarrohstoffbörsen hat noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen, und schon hielten es die Investoren für angezeigt, zunächst einmal die erzielten Gewinne einzufahren. Ausgehend von den US-Märkten wurde gestern erst einmal "Kasse gemacht" und die Kurse gerieten in die Verlustzone.

Für Preisdruck sorgte auch die Langzeit-Wettervorhersage der US-Wetterbehörde NOAA. Die Meteorologen rechnen mit einer erhöhten Regenwahrscheinlichkeit für die Monate März bis Mai für den "Mittleren Westen" und den "Mais-Gürtel" der USA. Derzeit bestimmt in den US-Anbaugebieten weiterhin Trockenheit die Anbaubedingungen. Die Wetterbehörde weist auch darauf hin, daß das Jahr 2012 in den USA das wärmste Jahr seit seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1895 war.

Nicht nur Gewinnmitnahmen und Langzeit-Wettervorhersagen bestimmten das Börsengeschehen. Die leicht nach oben korrigierten Ernte-Zahlen des Internationalen Getreiderates (IGC) dämpften ebenfalls die Rendite-Aussichten. Die gestern veröffentlichte Januar-Prognose weist eine um 2 Mio.t auf 656 Mio.t nach oben korrigierte Welt-Weizenernte und um 1 Mio.t auf 174 Mio.t höhere globale Weizen-Lagerbestände aus. Für das nächste Wirtschaftsjahr 2013/14 prognostiziert der IGC eine um 4 % höhere Welt-Weizenernte.

Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf den Negativ-Vorgaben der US-Börsen an. In Paris standen bei Weizen der März-Termin im Vergleich zum Vortag mit -2,50 Euro/t, bei Körnermais der März-Termin mit -1,75 Euro/t, bei Braugerste der März-Termin mit -4,50 Euro/t und bei Rapssaat der Februar-Termin mit -3,00 Euro/t im Minus
Auch die Sojamärkte wanderten tiefer in die roten Zahlen. Der Soja-Komplex an den US-Börsen wurde um rund 1 % niedriger notiert.

In Südamerika entwickelt sich das Wetter in den großen Anbauregionen insgesamt recht positiv, so daß die erwartete Rekordernte immer stärker den Preistrend bei US-Bohnen beeinflußt. Noch freuen sich die amerikanischen Soja-Exporteure über eine sehr flotte nachfrage am Weltmarkt. Doch man weiß, daß sich - sobald die Ernte in Südamerika erst richtig startet - die Export-Chancen der US-Bohnen sinken und damit auch der US-Inlandsmarkt unter Druck geraten dürfte.

 

Ausblick
Derzeit setzt der Markt seine Hoffnungen auf die "Konjunktur-Lokomotive" China. Nicht nur die Energienachfrage und damit der Ölpreise dienen derzeit als Barometer dafür, wie es China und der Welt-Konjunktur geht. Die wieder steigende Inflationsraten bei Nahrungsmitteln im Reich der Mitte und die bereits zu mehr als 50 % verkaufte Soja-Ernte in Brasilien sind ebenso als Frühindikatoren zu werten, wie die weltweit lebhafte Import-Nachfrage nach Weizen und anderem Getreide.

Ich persönlich erwarte, daß an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks die Getreide- und Rapssaatenkurse heute leicht in der Gewinnzone notieren.

Auch am Kassamarkt konnten sich die Preise nach den kleinen Rückgängen am Jahresanfang wieder "berappeln". Die wenigen Offerten und der allmählich anspringende Anschlußbedarf der Verarbeiter lassen keinen Angebotsdruck aufkommen. Vor allem bei den Produzenten steht nur noch wenig Lagerware zum Verkauf an. Aufgrund der dünnen Angebotslage sind Käufer gezwungen, für prompte Lieferungen Prämien zu gewähren, um Ware aus dem Lager zu locken. Weizen erzielt weiter Prämien von 5 bis 25 Euro netto "über Matif" je nach Menge und Parität. Mit stärkerem Anschlußbedarf der Verarbeiter ist ab Februar 2013 zu rechnen.

 
 
 


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