Börse: Kursabsturz


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 20.12.2012


An den Agrarrohstoffbörsen bröckeln die Kurse weiter ab. Bessere Anbaubedingungen in Nord- und Südamerika sorgten gestern - ausgehend vom Soja-Komplex und dem Maismarkt - bei allen Agrarrohstoiffen für herbe Verluste.

 

Devisen & Konjunktur
An den Devisenmärkten ändert sich der Blickwinkel der Anleger:

Die Probleme in der Euro-Zone verlieren an Brisanz, nachdem Ratingagentur Standard & Poor's am Dienstagabend die Kreditwürdigkeit von Griechenland gleich um sechs Stufen heraufgestuft haben.

Dagegen verstärken neue Spannungen im US-Haushaltsstreit die Ängste an den Märkten im "US-Dollar-Raum" wieder. US-Präsident Barack Obama drohte gestern mit einem Veto gegen einen von den Republikanern vorgelegten Alternativplan. Wenn es in den USA zu keiner Einigung im Haushaltsstreit kommt, drohen zum Jahreswechsel drastische Ausgabenkürzungen und höhere Steuern. Man befürchtet, daß dann die USA über die sogenannte Fiskalklippe ("fiscal cliff") in eine Rezession stürzen könnten.

Der Euro profitiert von den Problemen in den USA. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3302 US-Dollar auf dem höchsten Stand seit Anfang April 2012 festgesetzt. Heute im frühen Handel verleirt unsere Gemeinschaftswährung wieder leicht an Wert.

 

Energie
Jetzt schwenkt der Rohölmarkt doch noch in eine bescheidene Jahresendrallye ein. Trotz der in Sicht rückenden US-Fiskalklippe lassen die etwas niedrigeren US-Lagerbestände und die Aussicht auf Winterwetter die Börsenkurse für US-Rohöl steigen. Der anhaltende Import von Nordseeöl zu den Raffinerien im Nordosten der USA macht auch die Referenz-Sorte Brent wieder teurer.

Gestern wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Januar mit 89,51 Dollar etwas höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Februar-Fälligkeit verteuerte sich gestern um 1,52 Dollar auf 110,36 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Kurstrend für beide Öl-Herkünfte stabile Tendenzen.

 

Agrarrohstoffe
Dominiert wird der Preistrend an den Agrarrohstoffmärkten durch das derzeit wieder gute Anbauwetter in Brasilien. Der Kursrutsch bei Soja und Mais an den US-Börsen brachte auch den Terminhandel an den EU-Börsen in die roten Zahlen.

Ursächlich sind vorrangig zwei Faktoren:
1) Regen in wichtigen Sojaanbaugebieten in Brasilien und
2) die Vorhersage von leichten Niederschlägen für die sogenannten "Südlichen Ebenen" in den USA.

Die Aussicht auf besseres Anbauwetter in Nord- und Südamerika hat den Soja-Komplex auf Talfahrt gebracht und zu deutlichen Kurseinbrüchen am US-amerikanischen Maismarkt geführt. Für zusätzlichen Preisdruck am Maismarlt sorgen schlechte Wirtschaftlichkeitszahlen aus der US-Ethanol-Branche und die Prognse eines privaten Analystenhauses, daß eine um mehr als 2 % größere Mais-Anbaufläche in den USA im kommenden Jahr erwartet.

Auch die europäischen Agrarrohstoff-Börsen gerieten in den Abwärtssog der US-Märkte. In Paris stand der Januar-Termin im Vergleich zum Vortag bei Weizen mit -1,00 Euro/t, der Januar-Termin bei Körnermais mit -2,25 Euro/t und der Februar-Termin bei Rapssaat sogar mit -6,00 Euro/t im Minus. Auch der Januar-Termin bei Braugerste wurde mit -1,00 Euro/t in der Verlustzone notiert.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen lag im Vergleich zum Vortag um fast 2 % im Minus.

 

Ausblick
An den Börsen gehen die Investoren angesichts der besseren Anbaubedingungen in Nord- und Südamerika lieber auf Nurmmer Sicher und steigen aus ihren Engagements aus. Für den Finanzsektor heißt es jetzt kurz vor dem Jahresende zunächst einmal: "Profite sichern und Jahresbilanz anhübschen!"

Ich persönlich erwarte, daß an den Agrarrohstoff-Börsen heute weiter "Kasse gemacht" wird. Neue Hiobs-Botschaften von der Wetterfront fehlen, und die Jahresendrallye am Aktienmarkt lockt das Geld in andere Finanzmarktbereiche.

Während an den Börsen die Zeichen auf Verkaufen stehen, sind am Kassamarkt - sowohl diesseits, wie auch jenseits des Atlantiks - die Landwirte nacht bereit, zu niedrigeren Preisen zu verkaufen. Das Geschäft macht hierzulande bereits weitgehend "Weihnachtspause", so daß die Preise bisher kaum spürbar in den Abwärtssog der Börsen gerieten. Das Angebot auf Erzeugerseite fällt äußerst dünn aus, zumal die Lagerbestände in den letzten Monaten bereits stark abgebaut wurden. Allerdings haben sich auch die Verarbeiter weitgehend vom Marktzurückgezogen und für dieses Jahr bereits ihre Bücher geschlossen. Mit wieder stärkerem Anschlußbedarf ist erst ab Februar 2013 zu rechnen.

 
 
 


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