Börse: Zwischen Wettermarkt und Konjunkturhoffnungen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 01.11.2012


Mit Preisanstiegen reagiert der Weizenmarkt auf das flotte internationale Exportgeschäft. Auch bei den anderen Agrarrohstoffen lassen die Wetterrisiken auf der Südhalbkugel und die unklaren Anbauaussichten für die Nordhalbkugel die Kurse an den Börsen steigen.

 

Devisen & Konjunktur
Weder Finanzkrise noch Konjunkturprobleme sind bewältigt. Da kommt eine Meldung wie die des chinesischen Statistikamtes, daß die Wirtschaft im Reich der Mitte wieder auf Erholungskurs eingeschwenkt ist, gerade recht. Der chinesische Einkaufsmanagerindex signalisiert nach offizieller Einschätzung der Regierung in Peking ein Anspringen des Wirtschaftswachstums in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Die neuen Zahlen sorgten - aufgrund von Zweifeln an der Verläßlichkeit der Daten - an den Börsen zwar nicht für Euphorie, jedoch für eine etwas bessere Stimmung.

Bessere Konjunkturdaten hatte auch Spanien zu bieten, wo die Wirtschaft zuletzt weniger stark geschrumpft sein soll, als erwartet. Auch Italien konnte sich wieder etwas preisgünstiger am Anleihemarkt refinanzieren. Die Euro-Schuldenkrise verliert damit weiter an Brisanz.

Die besseren Nachrichten von der Konjunkturfront boten dem Euro Rückenwind. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2993 US-Dollar leicht über dem Referenzkurs des Vortages festgesetzt. Heute im frühen Handel wurde die Gemeinschaftswährung etwas schwächer bewertet.

 

Energie
Der Wirbelsturm "Sandy" in den USA hat auch die Ölmärkte etwas durcheinander gewirbelt. Während sich US-amerikanische WTI-Rohöl um 56 US-Cent verteuerte, verbilligte sich das Faß der Nordsee-Sorte Brent um 38 US-Cent.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Dezember wurde gestern mit 86,25 Dollar notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Dezember-Fälligkeit verbilligte sich gestern auf 108,70 Dollar, so daß die seit Wochen weit auseinanderklaffende Preisdifferenz sich wieder etwas verringert hat.
Heute im frühen Handel zeigt der Kurstrend für beide Öl-Herkünfte leicht nach oben.

Die positiveren Konjunkturdaten aus China und die am Nachmittag erwarteten neuen US-Konjunkturdaten signalisieren, daß der "Energiehunger" demnächst wieder stärker wachsen könnte.

 

Agrarrohstoffe
An den Agrarrohstoffbörsen sorgten gestern drei Themen für steigende Kurse: 1. die fundamental enge globale Versorgungsbilanz bei Getreide und Ölsaaten, 2. die sich verschärfenden Witterungsprobleme auf der Südhalbkugel und 3. die in vielen Regionen der Nordhalbkugel alles andere als günstige Aussaat- und Anbaubedingungen.

An den Agrarrohstoff-Börsen in den USA gingen nicht nur Weizen und Mais mit Kursgewinnen aus dem Handel. Kursanstiege verzeichnete auch der Sojakomplex. Sojabohnen, Sojaschrot und Sojaöl wurden an den US-Börsen zu höheren Kursen gehandelt.

Auch an den europäischen Agrarrohstoff-Börsen schloß der Börsentag bei Getreide und Ölsaaten mit Kursgewinnen. In Paris stand der November-Termin im Vergleich zum Vortag bei Weizen mit +3,00 Euro/t, bei Körnermais mit +1,50 Euro/t und bei Rapssaat mit +2,75 Euro/t im Plus, während Braugerste unverändert zum Vortag notiert wurde.

Die hohen Weltmarktpreise und der abnehmende Wettbewerbsdruck aus Osteuropa sorgen für Preisauftrieb am EU-Markt, nachdem der Export - insbesondere bei Weizen - an Fahrt aufnimmt. Nicht nur französischer Weizen ist wird rege nachgefragt, auch deutsche Ware kommt zum Zuge.

Kaum Beachtung fand an den Börsen, daß die Ukraine gestern bei Ihrer Exportpolitik erneut eine Kehrtwendung absolvierte. Das ukrainische Landwirtschaftsministerium gab bekannt, daß am heimischen Markt kein Defizit bei Getreide bestehen würde, so daß derzeit keine Gründe für Exportrestriktionen beständen. Bei einer kritischen Verknappung des Brotgetreidemarktes behält sich die Regierung in Kiew jedoch Maßnahmen zur Sicherstellung der inländischen Versorgung vor.

 

Ausblick
Die Hoffnung auf eine Entspannung der Finanzkrise und ein wieder stärkeres globales Wirtschaftswachstum stützt auch die Kurse an den Agrarrohstoffbörsen.

Positivere Konjunkturdaten rund um den Globus bestärken derzeit die Erwartung, daß der internationale Handel mit Agrarrohstoffen flott verläuft. Spekuliert wird auf eine wieder steigende Nachfrage, während die aktuellen Anbaurisiken in den wichtigen Exportländern keine Entspannung bei der Versorgungslage erwarten lassen..

Ich persönlich erwarte, daß vor allem die verschärften Wetterrisiken an den Agrarrohstoff-Börsen heute für weitere Kursgewinne sorgen. Auch die Rohöl-Kurse dürften angesichts der Hoffnung auf eine flottere Konjunkturentwicklung und damit einen größeren Energie-Hunger nach oben tendieren.

Am Kassamarkt zeigt der Preistrend leicht nach oben, obwohl die Nachfrage in der letzten Zeit auf Sparflamme lief. Neugeschäfte, die zum Abschluß kamen, wurden zu leicht angehobenen Preisen abgeschlossen. Noch immer steht die Abwicklung bereits geschlossener Kontrakte im Getreidehandel im Vordergrund, zumal auch die Verarbeiter noch ausreichend versorgt sind. Doch inzwischen entwickelt sich die Nachfrage bei Handel und Verarbeitern wieder etwas lebhafter. Der stetige Bedarf für Exportgeschäfte sorgt - ausgehend von den Hafenstandorten - für Preisaufschläge, da sich prompte Ware oftmals nur mit Prämien aus den Lägern locken läßt.

 
 
 


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