Börse: Sinkende Rendite-Chancen verstärken Kursdruck


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 15.10.2012


Die "dünne" Nachrichtenlage und der schwache Ausblick der aktuellen Konjunktur-Indikatoren bringen die Kurse an den Agrarrohstoffbörsen in die roten Zahlen und lassen die Preise am Kassamarkt auf der Stelle treten.

 

Devisen & Konjunktur
Die weltweit schwache Konjunkturdynamik und die Hoffnung, daß die Euro-Schuldenkrise allmählich an Brisanz verliert, sorgen für einen weitgehend stabilen Kurs unserer Gemeinschaftswährung. Man hofft, daß Spanien bald unter den Euro-Rettungsschirm ESM schlüpft. Im Devisenhandel geht man davon aus, daß dann die Europäische Zentralbank (EZB) spanische Anleihen kauft und so für eine Beruhigung der Schuldenkrise sorgen könnte.

Am Freitag wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2970 US-Dollar wie an den Vortagen knapp unterhalb der Marke von 1,30 Dollar festgesetzt.
Heute im frühen Handel pendelt der Euro knapp über 1,29 Dollar.

Die neuen Inflationszahlen aus China für den Monat September zeigen, daß sich die Teuerung im Reich der Mitte auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren abgeschwächt hat. Im September legte der Verbraucherpreisindex nur noch um 1,9 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zu. Vor allem die Nahrungsmittelpreise sind mit 2,5 % langsamer als bisher anstiegen. Im August lag der Zuwachs noch bei 3,4 %.
In China schwächelt aber auch das Wachstum. Die Die niedrigere Inflationsrate gibt der Zentralbank in Peking neuen Spielraum für eine eventuelle Lockerung der Geldpolitik, um die stockende Konjunktur wieder stärker anzukurbeln. Mit Spannung werden die Wachstumszahlen für das dritte Quartal erwartet, die am Donnerstag bekanntgegeben werden.

 

Energie
Der Ölpreis entwickelt sich im Spannungsfeld einer schwächelnden Weltkonjunktur und der eskalierenden Konflikte im Nahen Osten.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im November wurde am Freitag mit 91,86 Dollar schwächer als am Vortag notiert. Auch bei Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur November-Fälligkeit verbilligte sich gestern auf 114,62 Dollar und lag damit um 1,09 Dollar niedriger als am Vortag.
Heute im frühen Handel setzt sich der Schwächetrend fort.

 

Agrarrohstoffe
Der Bericht des US-Landwirtschaftsminsteriums vom 11.10.2012 hat auch aus US-Sicht. die Knappheit bei den Agrarrohstoffen nochmals bestätigt. Doch die neuen Zahlen waren letztendlich nur eine Bestätigung bekannten engen Versorgungsbilanz. Der US-Bericht bot keinen neuen Erkenntnisstand und löste damit vor allem eines aus: Gewinnmitnahmen.

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen mußten Getreide und Ölsaaten erneut Vortagesverluste in Kauf nehmen. In Paris stand der November-Termin bei Weizen mit -4,75 Euro/t, bei Braugerste mit -2,00 Euro/t, bei Körnermais mit -2,50 Euro/t und bei Rapssaat mit -5,75 Euro/t im Minus. Gewinnmitnahmen schwächten auch den Sojakomplex. Sojabohnen, Sojaschrot und Sojaöl verzeichneten an den US-Börsen rote Zahlen.

 

Ausblick
Das die Versorgungsbilanz an den internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkten in den nächsten Monaten eng bleiben wird, ist mittlerweile in den Kursen eingepreist. Zudem entspannen sich die Befürchtungen für die Ernteerwartungen auf der Südhalbkugel wie auch für die Anbauaussichten auf der Nordhalbkugel: 1) Auf der Südhalbkugel schwächt sich das mit Hitze und Trockenheit verbundene Wetterphänomen El Niño derzeit ab und 2) Niederschläge in den US-Dürreregionen und die Aussicht auf etwas höhere Wachstumstemperaturen haben die Anbauaussichten in den USA verbessert.

Damit steht derzeit vor allem der Export im Vordergrund. Zu erwarten ist, daß der Wettbewerbsdruck aus Osteuropa wich in den nächsten Wochen weiter abschwächt. Die Ukraine dürfte in Kürze das zwischen den Exportunternehmen und der Regierung vereinbarte maximale Exportvolumen von 4 Mio.t erreicht haben. In Rußland haben nicht nur die Brot- und Futtergetreidepreise im Inland neue Höchststände erreicht. Daher startet am 23. Oktober der Verkauf von Getreide aus russischen Interventionsbeständen. Auch die Exportpreise sind nach oben geschnellt. Russischer Weizen hat sich in den letzten vier Monaten um rund 40 % verteuert und wird derzeit etwa 12 bis 15 Euro/t teurer als andere Herkünfte am Weltmarkt angeboten. In der letzten Woche hat der russische Landwirtschaftsminister Nikolai Fedorov seine Erwartungen für den Getreideexport zwar auf 10 Mio.t zurückgenommen, jedoch nochmals betont, Rußland plane keine neuen Exportrestriktionen.

Ich persönlich erwarte, daß an den Agrarrohstoff-Börsen infolge 1. der dürftigen Nachrichtenlage, 2. fehlender neuer Knappheitsthesen und 3. der stockenden globalen Konjunkturentwicklung zunächst weiter Kasse gemacht wird und die Kurse in die roten Zahlen bleiben.

Am Kassamarkt sorgen die ständigen Kursschwankungen für Unsicherheit, ohne daß dies größere Preiswirkung entfalten würde. Die Verarbeiter haben sich während der Ernte bevorratet und warten zunächst die weitere Preisentwicklung ab. Die Produzenten haben bereits einen großen Teil der Ernte verkauft. Aktuell besteht wenig Interesse, die erst kürzlich eingelagerte Ernte bereits in den Verlauf zu bringen. Daher kommen nur wenige Neugeschäfte zustande.

 
 
 


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