Schweine: Preisexplosion am Futtermittelmarkt


Kajo Hollmichel kajo.hollmichel@llh.hessen.de Stand: 23.07.2012


Eine Futterkostenexplosion und nicht ausreichende Ferkel- und Schlachtschweineerlöse beunruhigen die Gemüter der Schweinehalter. Am Proteinmarkt erleben wir z.B. beim Soja- und Rapsschrot noch nie dagewesene Höchstpreise.

 

Marktlage
Mit Datum vom 18.07.2012 bewegten sich z.B. die Preise für HP-Sojaschrot frei Hof im Bereich von 54 bis 55 Euro/dt. Rapsschrot wurde mit 34 Euro/dt gehandelt und damit auf einem Niveau, auf dem sonst Sojaschrot gehandelt wird. Entsprechend sind auch die Preise für Raps- und Sojaöl auf ein Niveau von ca. 126 Euro/dt gestiegen.

Beim Getreidemarkt sieht es aufgrund der schlechten Ernteerwartungen und der hohen Auswinterungsausfälle ähnlich aus. Es zeichnen sich wieder Höchstpreise für Getreide wie im extremen Wirtschaftsjahr 2008/2009 ab. Der Futterweizen wurde in der dritten Juli-Woche mit ca. 22 bis 24 Euro/dt und die Gerste mit etwa 20 bis 22 Euro/dt je nach Parität und Menge gehandelt.

Auf der Erlösseite sieht es für die Ferkelerzeuger und Mäster momentan nicht zufriedenstellend aus und es zeichnet sich keine Wende, sondern eher nur ein Stillstand ab. Der Nord-West-Preis scheint sich tendenziell eher seitwärts als großartig nach oben zu bewegen und die Ferkelnotierungen tendieren - etwas zeitverzögert zum Mastschweinepreis - leicht fallend bis parallel.

In ganz Europa zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. In Dänemark und den Niederlanden stehen die Ferkelpreise saisonbedingt ebenfalls unter Druck. Zusätzlich drücken die hohen Futterkosten und schlechten Erlösaussichten in der Mast die Abnahmebereitschaft der Mäster.

 

Hohe Produktionskosten im Stall
Bei aktuellen Futterpreisen kann der Mäster mit Futterkosten von ca. 68 bis 78 Euro je Mastschwein (MS) und damit höheren Kosten als fürs Ferkel kalkulieren. Ein Ferkel dürfte den Mäster derzeit etwa mit 60 Euro frei Hof Mäster inklusive aller Zuschläge, Impfungen und Transportkosten kosten. Die Direktkosten freien Leistungen (DkfL) bewegen sich beim momentanen Preisniveau lediglich im Bereich von ca. 5 bis 10 Euro/MS.

Nur mit abgeschriebenen Ställen ist somit, - ohne Berücksichtigung der eigenen Arbeitskraft -, eine verlustfreie Produktion möglich! Bei Neubau eines 1000er Maststalls muss aktuell unter Hinzuziehung aller Fixkosten mit Verlusten in der Größenordnung von 30.000 bis 40.000 Euro pro Jahr gerechnet werden!

Verständlich, dass die hohen Getreidepreise manchen Mäster zu dem Entschluss kommen lassen, lieber das Getreide mit hohem Gewinn zu verkaufen und den Stall leer stehen zu lassen, als mit der Schweinemast Verluste unter zusätzlicher Arbeit einzufahren!

 

Ferkelerzeuger in der Kostenfalle
Leidtragende sind die Ferkelerzeuger, denen es an Marktmacht fehlt und die nicht einmal kurzfristig aus der Produktion aussteigen können. Sie werden momentan durch die relativ geringen Ferkelerlöse im Vergleich zu den astronomischen Futterkosten besonders hart bestraft.

Allein für das Sauenfutter müssen derzeit Kosten von 400 Euro/Sau und Jahr veranschlagt werden. Hierzu addieren sich bei Unterstellung von 28 Ferkeln/Sau und Jahr mit Ferkelaufzuchtfutterkosten von aktuell etwa 13,50 Euro/Ferkel plus Prestarterkosten nochmals ca. 400 Euro an Ferkelaufzuchtfutterkosten pro Jahr und Sau, womit in der Endsumme höchste Futterkosten von etwa 800 Euro/Sau und Jahr zu veranschlagen sind.

Die Futterkosten bewegen sich damit in Regionen in denen sich in Normaljahren nicht einmal die gesamten Direktkosten inklusive Zuchtviehzukauf, Tierarztkosten, Besamungskosten, Wasser- und Energiekosten bewegen.

 

Prognose
Eine Wende dieser prekären Situation dürfte erst in Sicht sein, sobald höhere Schweinefleischpreise an den Verbraucher weitergegeben werden können. Um eine ausreichende Gewinnmarge erwirtschaften zu können, benötigt der Mäster aktuell ca. 1,85 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) und nicht 1,60 Euro. Nur dann wird er auch bereit sein, wieder mehr für die Ferkel zu bezahlen, so dass auch die Ferkelerzeuger von einer solchen Positiv-Entwicklung profitieren könnten.

Ganz sicher würde nicht mehr oder weniger Schweinefleisch konsumiert werden, wenn der Verbraucher 25 Cent/kg Schweinefleisch mehr zahlen müsste. Wir benötigen eine höhere Wertschätzung von Lebensmitteln sowie weniger volatile Märkte, damit die Schweinebranche ihre Produktionskosten und damit auch die Rendite im Stall wieder längerfristig kalkulieren kann.

 
 
 
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