Ernte 2012: Wachsende Wetter-Risiken

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 24.07.2012


Ein verzettelter Erntestart in Nordeuropa, ein sinkendes Exportpotential in Osteuropa und die extreme Dürre in den USA lassen die globalen Ernteerwartungen schrumpfen. Gestern wurden in den USA die Feldbestände erneut schlechter bonitiert.

 

Marktlage
Die USA leiden nach Angaben US-Wetterbehörde NOAA unter der schlimmsten Dürre seit 1956. Auch in vielen wichtigen US-Anbaugebieten hat es seit acht Wochen nicht mehr geregnet. Während die Mähdrescher in der EU derzeit durchschnittliche, regional sogar bessere Erträge als im Vorjahr ernten, entwickelt sich die Lage auf den Feldern in den USA weiterhin kritisch. Aussicht auf ein Ende gibt es nach Aussagen von Meteorologen derzeit kaum.

Die gestern abend veröffentlichten Zahlen aus den USA sprechen eine deutliche Sprache: In den USA wird bei Mais nur noch 26 % der Feldbestände guter bis exzellenter Zustand bescheinigt. Bei Soja sind es nur noch 31 % und bei Sommerweizen 60 %. Die neuen Zahlen zeigen, daß sich die Ernteaussichten in den USA von Woche zu Woche drastisch verschlechtern.
Der Anteil der mit gut bzw. exzellent bewerteten Feldbestände ging bei Mais um 5 % im Vergleich zur Vorwoche zurück, bei Soja um 3 % und bei Sommerweizen um 5 %.

Wurden im Frühjahr noch eine Rekordernte prognostiziert, so ist jetzt zu befürchten, daß drastische Ernte-Einbußen als Folge der Jahrhundert-Dürre in den USA nicht nur die Lagervorräte in den USA abschmelzen lassen, sondern auch ein Loch in die globale Versorgungsbilanz reißen.

 

 

US-Felder nochmals schlechter bonitiert
Die kurzfristig erwarteten Regenfälle in einigen Gebieten der USA können nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die Anbaubedingungen auf den Feldern in den USA weiter verschlechtern. Derzeit schrumpfen die Ertragsprognosen für die USA in dem selben Tempo, in dem die Böden in den USA austrocknen.

Das US-Landwirtschaftsministerium die Mais-Feldbestände erneut deutlich schlechter bonitiert. Nur noch 26 % der Bestände wurden in der vergangenen Kalenderwoche mit gut bis sehr gut bewertet, in der Vorwoche waren es noch 31 % und vor einem Jahr 62 %. Aufmerksam machen sollten auch die Zahlen zu dem Anteil der Pflanzen in schlechtem bis sehr schlechtem Zustand: Hier stieg der Anteil der Feldbestände von 38 % auf 45 %, ein Jahr zuvor waren es nur 14 %.

Auch der Zustand der Soja-Feldbestände hat sich weiter verschlechtert. Nur noch 31 % der Feldbestände erhalten die Note "gut" bis "sehr gut". In der letzten Woche waren es noch 34 %. Im letzten Jahr erreichten immerhin 62 % der Soja-Felder diese Bonitierung.

Nicht viel besser sieht die Entwicklung auf den Sommerweizenfeldern in den USA aus. Hier erreichten nur noch 60 % der Pflanzenbestände bei der Bonitierung ein "gut" bis "sehr gut". In der letzten Woche waren es immerhin noch 65 % und im Vorjahr präsentierten sich 74 % des Sommerweizen

 

Prognose
Die weltweite Angebotslage bei Getreide und Ölsaaten bleibt angespannt.
Und damit bleibt das Wetter weiterhin der Marktfaktor Nr.1:
Der durch die ständigen Niederschläge verzettelte Erntestart und Qualitätssorgen in Nordeuropa verursachen an den Märkten nur einen sehr begrenzten Preisauftrieb.
Ein deutlich größere Hausse-Wirkung hat inzwischen das schrumpfendes Exportpotential in Osteuropa - speziell in Rußland, der Ukraine und Kasachstan.

Für das stärkste Hausse-Signal sorgt derzeit aber die Dürre in den USA. Meteorologen prognostizieren zwar zur Wochenmitte Regenfälle vor allem im Nordosten der USA, die aber zusammen mit Stürmen kommen sollen. Ob die Niederschläge ausreichen werden, um die Böden zumindest kurzfristig mit ausreichend Feuchtigkeit versorgen, bleibt abzuwarten. In der zweiten Wochenhälfte wird jedoch eine Abkühlung erwartet, nachdem zuletzt eine Hitzewelle mit Temperaturen regional bis zu 42°C die Feldbestände gestreßt hat. Die US-Wetterbehörde NOAA befürchtet, daß das Wetter auch in den dürregeplagten Anbaugebieten im Mittleren Westen der USA bis weit in den Oktober hinein zu trocken und zu warm bleiben könnte. Das Wetter-Phänomen „El Niño“ könnte die Lage in den Anbaugebieten des US-Mittelwestens sogar noch verschärfen. Dabei sorgen überdurchschnittliche Wasser-Temperaturen in der pazifischen Äquatorial-Region für Wetter-Kapriolen rund um den Globus.

Beunruhigend bleiben die Wetterprognosen für Südhalbkugel zur Ernte während unserer kommenden Wintermonate. Australien leidet in einigen Anbaugebieten zunehmend unter Trockenheit und hat seine Erwartungen bereits reduziert. In Argentinien bauen die Landwirte aus Protest gegen die hohen Exportsteuern bis zu einem Viertel weniger Weizen an und in Indien fällt der Monsunregen schwächer aus als üblich.

 
 
 
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