Börse: Wetterspekulation auf Dürre

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.06.2012


Weiterhin haben die Probleme am Finanzmarkt auch die Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten voll im Griff. Bei Agrarrohstoffen sorgten Wetterphantasien in den letzten Tagen für Kursauftrieb.

 

Devisen & Konjunktur
Am Montagvormittag kostete der Euro 1,26 US-Dollar und damit rund 0,4 % mehr als am Ende der letzten Woche. Die Zusage der Euro-Staaten, Spanien Milliardenhilfen zur Stützung seines Bankensektors zu gewähren, ließ an den Finanzmärkten den Stimmungspegel spürbar steigen.

Unerwartet gute Wirtschaftsdaten aus China, Leitzinssenkungen in China und Australien wie auch eine leichte Belebung der US-Konjunktur ließen neuen Optimismus an den Finanzmärkten aufkommen.

Bereits im Laufe des Montags sind die Aufwärtssignale verpufft und die Euphorie hat sich merklich abgekühlt. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2544 US-Dollar dennoch etwas höher als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel wird der Euro knapp unter diesem Niveau gehandelt.

An den Finanzmärkten herrscht weiter Unsicherheit. Angesichts der ungelösten Staatsschuldenprobleme in der Euro-Zone und anderen Ländern konnte Gold in der letzten Woche die Marke von 1.600 Dollar je Feinunze kurzzeitig zurückerobern. Inzwischen trübt sich die Stimmung aber wieder ein. Der Marktindikator Gold, zeigt seit Monaten, daß das aktuell schwächere Welt-Wirtschaftswachstum die Konjunktursorgen verschärft.

Auch andere Rohstoffe können sich seit Monaten nicht auf dem Strudel wachsender Konjunkturängste befreien. Auch der FAO-Nahrungsmittelpreisindex, der jeden Monat 55 verschiedene Nahrungsmittelrohstoffe berücksichtigt, ging im Mai um fast 4,3 % zurück. Dies ist der stärkste Rückgang seit zwei Jahren. Bei allen fünf Nahrungsmittelgruppen schwächte sich die Inflation ab.

Während der Preisrückgang bei Milchprodukten mit rund 12 % am stärksten ausfiel, gaben die Preise bei Getreide nur um 1 % nach. Die Weizenpreise konnten daher nicht nur an den internationalen Märkten, sondern auch hierzulande ihr hohes Preisniveau behaupten.

 

Energie
Die Krisenstimmung macht auch vor dem Ölmarkt nicht Halt. Die zögerliche Wirtschaftserholung in den USA - weltweit der größte Verbraucher - und niedrigere Wirtschaftswachstumsraten in den Schwellenländern haben dem Rohölmarkt einen kräftigen Dämpfer verpaßt. Seit Ende Februar sind die Kurse an den Ölbörsen um 23 % eingebrochen.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juli wurde gab gestern auf 82,70 Dollar nach.
Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Juli-Fälligkeit sackte auf 98,00 Dollar ab.

Heute tendieren die Ölpreise weitgehend seitwärts.

 

Agrarrohstoffe
Angesichts der vielen Krisen und Probleme sorgen "schlechte Nachrichten" von der Wetterfont an den Börsen für "gute Preiserwartungen".

Das Wetter hat die Regie bei der Preisbildung übernommen. Die flotte internationale Nachfrage und die Trockenheit in wichtigen Anbauregionen der USA und Rußlands hat Getreide und Ölsaaten an den Börsen in den letzten Tagen einen Kursaufschwung beschert. Die schwächere Bewertung der US-Weizen-Feldbestände in den späteren Ernteregionen und der Mais-Feldbestände bot Potential für neue Preisphantasien.
(Siehe auch: "Weizen: Welt-Wetter sorgt für unklare Marktsignale" vom 06.06.2012).

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen verteuerten sich am Montag sowohl die Getreide-, wie auch die Raps-Futures. In Paris stand der November -Termin bei Weizen mit +0,25 Euro/t, bei Rapssaat der Front-Termin mit +3,00 Euro/t und bei Mais mit +0,50 Euro/t im Plus. Lediglich Braugerste notierte weitgehend unverändert zum Vortag.

Nachdem für für die kommenden Tage für die USA und wichtige Anbauregionen Osteuropas Niederschäge prognostiziert werden, haben sich die Wetterspekulationen an den Börsen jedoch abgekühlt.

 

Ausblick
Der Abwärtstrend an den Rohstoffmärkten ist aktuell noch voll intakt. Damit stehen auch die Agrarrohstoffpreise weiter unter dem Einfluß immer wieder aufflackernder Konjunkturängste.

Vor der heutigen Veröffentlichung der Juni-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums wird an den Börsen darüber spekuliert, daß möglicherweise die US-Weizenernte nach unten korrigiert wird und die die US-Lagerbestände bei Weizen, Mais und Sojabohnen zum Saisonende 2011/12 stärker als bisher erwarten schrumpfen.

Die Nachrichten vom Finanzmarkt schaffen zwar viel Potential für unkontrollierbare Kursschwankungen. Doch Konjunkturängste, Schuldenkrisen und viiele weitere Probleme lassen den Hausse-trächtigen fundamentalen Daten derzeit nur wenig Raum für größere Preisphantasien.

 
 
 


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