Weizen: Tauwetter

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 21.02.2012


Bessere Konjunkturerwartungen und die Spekulation auf Auswinterungsschäden in West- und Osteuropa - dieser Mix ließ die Preise am Weizenmarkt in den letzten Wochen steigen. Jetzt sorgt der Rückzug des Winters auch bei den Preisen für Tauwetter.

 

Marktlage
In früheren Zeiten lösten Krisen extreme Marktturbulenzen aus. Inzwischen ist die Krise Alltag. Rettungspakete oder Konjunkturmaßnahmen sorgen nur noch kurzfristig für gute Laune und eine steigende Risikobereitschaft an den Börsen. Denn die Effekte verpuffen schnell, da die grundsätzlichen Probleme an den Finanzmärkten noch immer nicht gelöst sind.

An den Agrarrohstoffbörsen konnten Agrarrohstoffe seit Ende des letzten Jahres kräftig zulegen. Seit Mitte Dezember 2011 zogen mit zeitlicher Verzögerung auch die Brotweizen-Preise am Kassamarkt um 8,5 % an und wurden zuletzt mit 180-195 Euro/t netto franko Landhandelslager je nach Dringlichkeit des Bedarfs gehandelt.

Auch an der Warenterminbörse in Paris zeigt der Kurstrend seit Wochen nach oben. Weizen zur März-Fälligkeit hat seitdem um stattliche 25 % auf gestern 217 Euro/t zugelegt. Der Termin August 2012 zog auf 206,50 Euro/t an.

Inzwischen sind die eventuellen Auswinterungsrisiken an den Märkten weitgehend "eingepreist". Der Hausse-Trend war gebrochen, nachdem das französische Analystenhaus Tallage am 16.02.2012 bekanntgab, daß die Frostperiode in der EU nur zu begrenzten Auswinterungsschäden geführt habe. Frostschäden werden vor alem für Tschechien, Slowakei, Rumänien und Polen ausgewiesen.
Krasse Schäden sehen die französischen Analysten vor allem für die Ukraine, wo bis zu 3,5 Mio.ha der 8,4 Mio.ha der Wintersaatenfläche im Frühjahr umgebrochen werden müssen.

 

 

Prognose
Der Frost zieht sich allmählich in Richtung Osteuropa zurück und erste Analysen gehen nur von sehr begrenzten Auswinterungsschäden aus. Eine Rekord-Weizenernte in Australien, wachsende Reis-Lagerbestände und eine kräftige Ausweitung des weltweiten Weizenanbaus zur Ernte 2012 entziehen den Preisphantasien den Boden.

Derzeit fehlen neue "schlechte Nachrichten", so daß Gewinnmitnahmen an den Börsen zu Kursverlusten führen.

Nach meiner persönlichen Einschätzung noch dürfte der Anschlußbedarf der Verarbeiter in den kommenden Wochen für eine stärkere Nachfrage und ein weiterhin hohes Preisniveau sorgen. Andererseits gehe ich davon aus, daß der Preistrend an den anderen Rohstoffmärkten das Preispotential am Agrarrohstoffmarkt begrenzt. Für die nächste Zeit erwarte ich daher eine Preisdelle.

Mit zeitweilig starken Preisschwankungen aufgrund der hohen Volatilität an den Börsen muß auch weiterhin gerechnet werden.

 
 
 
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