Energie: Spekulation über sinkende US-Lagerbestände

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 17.08.2011


Die Kursschwankungen der letzten Tage an den Ölbörsen, ließen sich auch an den Anzeigetafeln der Tankstellen ablesen. Heute geht es bei den Kursen wieder deutlich aufwärts.

 

Marktlage
Viele Unsicherheitsfaktoren sorgen derzeit für teils heftige Preisschwankungen bei Rohöl, Diesel, Heizöl und anderen Destillaten. Nachdem der private US-Branchenverband der Öl- und Gasindustrie "API" in seiner aktuellen Statistik höhere Rohöl-Lagerbestandszahlen ausgewiesen hatte, gerieten die Rohöl-Kurse gestern unter Druck. Heute ziehen die die Ölpreise wieder stetig an.

Anders als durch die API-Daten ausgewiesen, gehen die Marktbeteiligten heute weiter davon aus, daß die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche gesunken sind. Bereits im Vorwochenbericht war ein Rückgang um 5,2 Mio. Barrel (1 Barrel = 1 Faß = 159 Liter) gemeldet worden.

Daher wartet man an den Märkten mit Spannung auf die offiziellen Zahlen des US-amerikanischen Energieministeriums, die heute am späten Nachmittag veröffentlicht werden.

Seit Ende April befinden sich die Ölpreise in einem Abwärtstrend. Zu viele Baisse-Faktoren und permanente Turbulenzen an den Devisen- und Öl-Märkten haben die Kurse an den Börsen abrutschen lassen. Die taumelnde Konjunktur in den USA hat seitdem die Kurse für die US-Ölsorte "West Texas Intermediate" (WTI) deutlicher unter Druck gebracht als die Nordsee-Rohölsorte Brent.

Seit Wochen bewegen sich die Preise von Brent- und WTI-Rohöl immer weiter auseinander. Inzwischen liegt die Preisdifferenz bei über 20 Dollar pro Barrel. Eine derart hohe Preisdifferenz ist äußerst auffällig, nachdem in den letzten Jahren der WTI-Preis zumeist leicht über dem Brent-Preis lag.

Neben der schwachen US-Konjunktur und dem Schwächetrend des US-Dollars lieferten vor allem die hohen US-Lagervorräte die Basis für den stärkeren Kursrückgang. Der Brent-Ölkurs wurde in den letzten Monaten durch den Krieg in Libyen, einem für Europa wichtigen Öllieferanten, gestützt.

 

 

Fakten

  • Welt: IEA korrigiert Prognose zu Ölnachfrage 2011 nach unten
    Die Internationale Energieagentur (IEA) hat am 11.08.2011 ihre Prognose zur weltweiten Ölnachfrage im laufenden Jahr leicht nach unten korrigiert. Die IEA begründet ihre Neubewertung mit
    • mit einem unerwartet schwaches zweites Quartal,
    • dem trotz Kurrückgang noch immer hohen Ölpreis und
    • der sich abschwächenden Wirtschaftsentwicklung.

    Die IEA prognostiziert für 2011 jetzt eine Nachfrage von 89,5 Mio. Barrel pro Tag. Damit würde im Vergleich zum Vorjahr die Nachfrage um "nur" 1,2 Mio. Barrel pro Tag steigen. Für das aktuelle Jahr 2011 wird prognostiziert, daß sich der Nachfrageanstiegs auf 1,4 % abschwächt.

    Gleichzeitig hob die IEA ihre Prognose für die Nachfrage 2012 mit der Begründung an, wegen der Atomkatastrophe sei in Japan im kommenden Jahr mit einer stärkeren Stromgewinnung aus Öl zu rechnen. Für 2012 wird eine Tagesverbrauch von 91,1 Mio. Barrel pro Tag prognostiziert und damit ein Anstieg der Nachfrage um 1,8 %.

    Hausse-Tendenz mit zeitweilig starken Schwankungen

 

 

  • Europa: riesigen Ölfeld in der Nordsee gefunden
    Der norwegische Energiekonzern Statoil hat einen riesigen Ölfund in der Nordsee gemacht. Das Gesamtpotential des Vorkommens werde auf 500 Millionen bis 1,2 Milliarden Barrel Öl-Äquivalent geschätzt, teilte das staatlich kontrollierte Unternehmen mit.

    Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Nicht zu erwarten ist, daß sich die Unsicherheitsfaktoren am Ölmarkt in der nächsten Zeit verflüchtigen. Nicht nur die Schuldenprobleme vieler Staaten, das an Tempo verlierende Welt-Wirtschaftswachstum, das Auslaufen vieler Konjunkturprogramme rund um den Globus oder die hohen Lagervorräte u.a. in den USA dürften weiterhin für Turbulenzen sorgen.

Noch immer wächst der Öl-Konsum in China rasant und auch Japan hat nach Fukushima einen höheren Öl-Bedarf, doch die Wachstumsdaten aus den USA und Europa zeigen die Grenzen des Wachstums auf. Damit dürfte auch der Verbrauchszuwachs schwächer ausfallen, als noch vor einiger Zeit erwartet.

An einer Korrektur ihrer Markterwartung dürften auch die Börsenakteure nicht vorbeikommen. Geringere Wachstumsraten am Ölmarkt und randvolle Tanks lassen die Renditeerwartungen an den Börsen schrumpfen.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte sich der latente Preisanstieg in der nächsten Zeit abflachen, jedoch weiterhin intakt bleiben.

 
 
 

Vorhergehende Beiträge
05.05.2011 Energie: Pläne zum Abbau der Biomasse-Förderung
08.04.2011 Energie: Preis-Schock an der Zapfsäule
07.04.2011 Energie: Rohöl-Rallye trotz randvoller Lagerbestände
17.06.2010 Energie: Rohöl - Preisanstieg trotz Überproduktion
06.05.2010 Energie: Rohöl trotz steigender Lagerbestände teuer
17.02.2010 Energie: Rohöl startet wieder durch
   
 
 
 
 

Seitenanfang