Weizen: Produktionsdefizit trotz höherer Ernten
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 11.08.2011


Während die Börsianer zittern, bleiben die Akteure am Weizenmarkt weitgehend gelassen. Krise hin, Krise her - Weizen ist auch künftig noch gefragt. Doch heute hat das US-Landwirtschaftsministeriums sein Prognose zur globalen Weizenerzeugung deutlich angehoben.

 

Marktlage
Die derzeitige regnerische Wetterlage sorgt - trotz der laufenden Ente - für einen hohes Preisnievau bei Weizen. Trotz der US-Ratingschocks und des Kursrutsches der letzten Tage geht es jetzt an den Börsen wieder aufwärt.

An der Warenterminbörse in Paris stand der November-Termin am nachmittag mit 1,25 Euro/t im Plus. Dennoch bleibt festzustellen, daß der Weizenkurs derzeit noch immer 2 % unter dem Niveau vom Monatsanfang liegt.Seit dem Höchststand Mitte Februar 2011 büßte der Novembertermin sogar 20 % seines Wertes ein.

Auch an den Kassamärkten lassen Spekulationen über weitere Witterungsprobleme die Weizenpreise äußerst fest tendieren (siehe auch den Beitrag "Börsenkrise gebannt - Wetterängste am Kassamarkt" vom 10.08.2011). Teilweise wird Weizen auch mit höheren Kornfeuchten gedroschen, um zu verhindern, daß die Fallzahl zu weit absacken. Die Trocknungskosten werden mit Blick auf das aktuelle Preisniveau in kauf genommen.

Die Großhandelspreise an den Produktenbörsen und auch die Erzeugerpreise blieben trotz Börsenkrise weitgehend stabil oder konnten sogar weiter anziehen. In der weiten Spanne von 185 bis 210 Euro/t netto ab Hof erzielt Brotweizen bei akutem Bedarf in der Spitze Preise deutlich über Börsenniveau. Doch auch am Kassamarkt liegen Erzeugerpreise rung 23 % unter dem Niveau von ende Mai.

 

 

Fakten

  • Welt: US-Landwirtschaftsministerium korrigiert Anbauschätzung nach oben
    Unerwartet stark hat das US-Landwirtschaftsministeriums die Zahlen zu der weltweiten Weizenerzeugung nach oben korrigiert. Mit einer Produktion von 672 Mio.t und einem globalen Verbrauch von 675 Mio.t fällt die Weizenernte 2011/12 nach Einschätzung der US-Analysten vom 11.08.2011 nur noch geringfügig defizitär aus. Da die Ernte der Hauptexporteure niedriger als im Vorjahr geschätzt wird, schrumpfen die Lagerbestände nicht nur weltweit ein weiteres jahr. Auch die Vorräte der Hauptexporteure schelzen weiter ab.

    Für Kasachstan, Rußland und die Ukraine wure die Anbauschätzung mit insgesamt 93 Mio.t jedoch um 7 Mio.t nach oben korrigiert. Daher rechnen die US-Analysten jetzt mit einem um 5,5 Mio.t höheren Exportvolumen.

    Fraglich bleibt, ob die höhere Produktion in Osteuropa ausreicht, um das internationale Defizit zu decken.

     Baisse-Tendenz

 

  • Rußland: Die Ernte läuft flott
    In Rußland geht die Ernte zügig weiter. Nach einer offizellen Mitteilung des russischen Landwirtschaftsministeriums konnten bereits 32 % der mit Getreide und Leguminosen bestellten Fläche geerntet werden. In den südlichen Anbaugebieten lieggt der Ernteforschritt bereits bei 80 %.

    Für die diesjährige Weizenernte rechnet das russische Landwirtschaftsministerum mit einer um 11 % höheren Ernte, nachdem die Flächenerträge rund 35 % besser als im Vorjahr ausfiallen. Die Weizenernte in den Hauptanbaugebieten Rußlands konnte bereits auf 37 % der Flächen abgeschlossen werden. Die Erträge liegen hier bisher bei 32,5 dt/ha, nachdem im Dürrejahr 2010 die Erträge auf 24,1 dt/ha zurückgefallen waren (2009: 28,8).

     Hausse-Tendenz

 

  • Rußland: Aggressiver Export
    Mit preisgünstigen "Sonderangeboten" gelingt es derzeit russischen Anbietern, ihre Exporte stark auszubauen und Marktanteile im internationalen Handel zurückzuerobern. Im ersten Monat nach dem Ablauf des russischen Ausfuhrverbots für Getreide hat das Land im Juli davon fast 2,4 Mio. t an den internationalen Märkten abgesetzt.

    Inzwischen hat das russische Landwirtschaftsministerium seine Exportprognose von 18 auf 20 Mio.t Getreide nach oben korrigiert. Andere Analysten prognostizieren für Rußland ein Exportpotential bei Getreide von bis zu 25 Mio.t im laufenden Wirtschaftsjahr.

    Nach einem Start mit hochagressiven Angebotspreisen fallen die russischen Rabatte inzwischen wieder etwas geringer aus. Doch auch wenn der Discount für Weizen von anfänglich 40-50 $/t auf mittlerweile 15-25 $/t zurückgenommen wurde, so bleibt dennoch ein gravierender Wettbewerbsvorteil für russische Ware.

     Baisse-Tendenz

 

Prognose
Nach meiner persönichen Einschätzung untersteicht auch die neue US-Prognose die insgesamt knappe Marktversorgung. Nicht nur für Hilfsprogramme im Kampf gegen den Hunger werden in den kommenden Wochen große Mengen Weizen am Weltmarkt aufgekauft werden. Insgesamt besteht derzeit eine hohe Nachfrage seitens der Importländer, so daß das Angebot weiterhin knapp bleiben dürfte.

Auch am deutschen Markt wie in der gesamten EU kommt aufgrund des zähen Ernteverlaufs so wenig Ware an den Markt, daß bei einigen Verarbeitern die Vorräte knapp werden. Die anhaltenden Ernteunterbrechungen sorgen für Unsicherheit hinsichtlich der Erntemenge und der Qualitäten. Nur sporadisch kommen neue Geschäfte zustande, so daß mittlerweile immer mehr Unternehmen versuchen, ihren Anschlußbedarf überregional zu decken.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte die schwache Marktversorgung aus der laufenden Ernte dafür sorgen, daß Weizen vorerst sein Preisniveau behaupten kann. Trotz des aktuell latent nach oben gerichteten Preistrends, sind jedoch zeitweilig starke Preisschwankungen aufgrund der hohen Volatilität an den Börsen nicht auszuschließen.

Ab Mitte Oktober erwarte ich einen nachlassenden Wettbewerbsdruck aus Osteuropa und damit stärkere Hausse-Signale.

 
 
 
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