Börse am Vortag: Agrarrohstoffe werden zu "sichere Werten"

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 11.08.2011


Nachdem im späten Handel die US-Börsen erneut rote Zahlen notierten, sind die asiatischen Börsen diesen Vorgaben nicht gefolgt. Die Börsen fangen sich wieder. Gold klettert über 1.800 Dollar. Getreide drehte an den Börsen wie erwartet ins Plus, während Raps auf der Verliererseite stand.

 

Devisen & Konjunktur
Erst sah es so aus, als sei die Trendwende an den Börsen geschafft. Das Aufatmen der Marktakteure war dann jedoch nur von kurzer Dauer, nachdem Spekulationen um eine Herabstufung Frankreichs und neue Schuldenprobleme der europäischen Banken aufkamen.

Die Emotionen schwappten erneut hoch, nachdem zudem Rezessionsbefürchtungen für die USA die Runde machten. Angesicht der neu entflammten Ängste ging es an den US-Börsen wieder nach unten. Ausgelöst durch die Kurseinbrüche an den Börsen weltweit setzte Gold seine Rallye fort. An der Börse von Hongkong überschritt der Preis für eine Feinunze (etwa 31 Gramm) am frühen Morgen erstmals die Marke von 1.800 Dollar und erreichte damit einen neuen Rekordwert.

Der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde gestern mit 1,4367 US-Dollar erneut höher als am Vortag festgesetzt. Nachdem der Euro während der Nachtstunden zeitweise nur 1,4123 Dollar abgesackt war, wird der Euro heute im frühen Handel wieder oberhalb von 1,42 US-Dollar gehandelt.

 

Energie
Auch Rohöl konnte von der Entspannung an den Börsen profitieren. Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im September mit 82,89 Dollar höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 106,68 Dollar enefalls höher festgesetzt.

Im späteren Handelsverlauf wurde der Preisauftrieb jedoch stark ausgebremst: Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte ihre neue Prognose zur weltweiten Ölnachfrage im laufenden Jahr bekanntgegeben. Die IEA prognostiziert - unter Hinweis auf ein unerwartet schwaches zweites Quartal -, eine Abschwächung des Nachfrageanstiegs auf 1,4 % aufgrund der hohen Ölpreise und der sich abschwächende Wirtschaftsentwicklung.

 

Agrarrohstoffe
Auch an den Agrarrohstoffmärkten bestimmte die Gerüchtelage den Kurstrend. Die Kurse bewegten sich auf Zick-Zack--Kurs, doch wie erwartet schlossen die Getreidebörsen letztendlich im Plus. Rapssaat konnte seine roten Vorzeichen nicht abschütteln. Von der flotten Nachfrage am internationalen Exportmarkt profitieren nicht nur die russischen Exporteure. Auch EU-Anbieter kommen zum Zuge.

Nicht nur der Front-Termin bei Paris-Weizen erzielte ein Plus von 5,25 Euro/t zum Vortag, sondern auch die späteren Termine konnten zulegen. Paris-Mais erzielte für den November-Termin +1,00 Euro/t und auch die späteren Termine erzielte Gewinne. Paris-Raps notierte am Handelsschluß für den November-Termin wie erwartet nochmals etwas niedriger als am Vortag, während die Termine ab August 2012 bereits wieder bescheidene Kursgewinne verbuchten. Bei Paris-Braugerste wurde die Schlußnotierung für die November-Fälligkeit im Vergleich zum Vortag +0,75 Euro/t höher notiert, während die späteren Termine äußerst heterogen blieben.

Auch an den US-Getreide-Märkten setzte sich - anders als an den Aktienmärkten - der positive Kurstrend fort. Selbst an den US-Soja-Märkten stabilisierten sich die Kurse oder erzielten sogar wieder Gewinne: Sojabohnen und Sojaschrot schlossen mit leichten Kursgewinnen, Sojaöl blieb weitgehend unverändert.

 

Ausblick
Nachdem die US-Schuldenkrise den Börsentrend bestimmten, scheinen jetzt die Schuldenprobleme in Europa wieder in den Fokus zu geraten. Die Unsicherheit läßt die Anleger nicht nur auf vermeintlich sichere Werte wie Gold ausweichen, auch Agrarrohstoffe gewinnen an Attraktivität - auch angesichts der engen globalen Versorgungsbilanz.

Die fundamentalen Daten der Getreide- und Ölsaatenmärkte signalisieren derzeit zwar keine neue Hausse-Phase, wohl aber ein weiterhin hohes Kursniveau. Daß die Agrarrohstoff-Börsen auch in der nächsten Zeit immer wieder in den Sog der Aktien- und Devisenmärkte geraten wird, ist nicht nur nicht auszuschließen, sondern sogar sehr wahrscheinlich.

Für den heutigen Handelstag an den Agrarrohstoff-Börsen erwarte ich persönlich, daß sich der Handel heute emotionslos und blutleer entwickeln wird.

Weizen und Mais könnten möglicherweise ihren Erholungstrend leicht fortsetzen und somit Verluste der Vortage weiter wett machen. Den Kurstrend dürfte eine ganze Reihe von Faktoren stützen:
• die flotte Exportnachfrage,
• die schlechtere Bestandsentwicklung bei US-Sommerweizen,
• die wieder ungünstigere Witterung für einige US-Maisanbaugebiete,
• die Qualitätssorgen in den nördlichen Erntegebieten der EU und
• das unbeständigere Wetter in Osteuropa.

Rapssaat dürfte nach meiner persönlichen Einschätzung an den EU-Börsen seinen Erholungstrend fortsetzen. Auch für den Soja-Komplex dürften die Zeichen auf Erholung bleiben.

 
 
 


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