Ernte 2011: Wechselhafte Witterung - wechselhafte Kurstrends

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 24.05.2011


Die globalen Ernteaussichten 2011/12 dominieren inzwischen den Preistrend. Bessere Wetteraussichten in den USA und Australien sorgen daher an den Börsen für rote Zahlen bei Weizen und Mais. Schwache Ernteerwartungen befeuern dagegen die Rapssaaten- und Braugersten-Preise.

Marktlage
Die anhaltende Trockenheit in Deutschland, Frankreich und England läßt die Sorgen über die EU-Ernteaussichten bei Getreide und Ölsaaten weiter wachsen.

Doch diese Hausse-Faktoren werden am Weizen- und Maismarkt merklich eingetrübt durch bessere Wetteraussichten in den USA, Regen in vielen Anbauregionen in Australien und ergiebige Niederschläge in den südlichen, mittleren und Teilen der nördlichen Anbaugebiete in China. Die Weizen- und Maiskurse an den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks geraten daher in die Verlustzone.

In den USA präsentieren sich die Winterweizenbestände noch immer in vergleichsweise schlechtem Zustand. Nur 32 % der Feldbestände werden als "gut" oder "sehr gut" bewertet (Vorjahr: 66 %). Der Anteil der Bestände mit "sehr schlechter" und "schlechter" Entwicklung hat sich mit 43 % sogar nochmals vergrößert (Vorjahr: 9 %). Und auch die US-Maisaussaat ist noch immer stark im Rückstand, kann jedoch inzwischen leicht aufholen. Ende letzter Woche waren in den USA erst 79 % der Maisflächen ausgesät worden im Vergleich zu 87 % im Fünfjahresdurchschnitt.

Trockenheit in mehreren wichtigen EU-Anbauländern und Aussaatprobleme in Kanada sorgen dagegen am Braugersten-Markt für weiteren Preisauftrieb. Während hierzulande die Trockenschäden immer größer werden, behindern in Kanada anhaltende Niederschläge weiterhin die Aussaat. Mit 296,75 Euro/t notierte Braugerste in Paris den Ernte-Termin August 2011 auf einem neuen Höchststand.

Auch am Rapssaaten-Markt sorgen die Witterungsprobleme in der EU und Kanada im Zusammenspiel mit den weiterhin hohen Rohölpreisen für Preisauftrieb. An der Börse in Paris hat der Front-Termin mit 476,00 Euro/t wieder das Kursniveau von Anfang April erreicht.

 

 

Prognose
Die diesjährigen Wetterkapriolen in den wichtigen Anbau- und Exportländern verstärken die Volatilität an den Agrarrohstoffmärkten. Die Preisdifferenz zwischen der alten und der neuen Ernte verschwimmt immer weiter. Jedes Mal, wenn sich das Anbauwetter diesseits oder jenseits des Atlantiks etwas verbessert, stehen an den Börsen zunächst einmal Gewinnmitnahmen im Vordergrund und der Ausstieg der Investoren bringt die Kurse ins Rutschen.

Doch letztendlich kommt an den fundamentalen Daten niemand vorbei. Aktuell bleiben die Märkte knapp versorgt und die Lagervorräte schrumpfen. Doch "Knappheit" bedeutet nicht "Mangel".

Entscheidend für die weiteren Preisaussichten ist daher nach meiner persönlichen Einschätzung, wie sich die Ernteaussichten auf der Nordhalbkugel in den kommenden ein bis zwei Wochen entwickeln.

Noch überwiegen die Hausse-Signale:
• 
Das Zeitfenster für die Aussaat im Norden der USA und din Kanada schließt sich immer weiter.

Noch ist für Deutschland, Frankreich, England und andere EU-Länder keine ergiebige Regenfront in Sicht, die weitere Trockenschäden vermeiden könnte. Sollten der dringend benötigte Regen ausbleiben, ist absehbar, daß die EU-Ernteerwartungen nochmals kräftig nach unten korrigiert werden müssen und u.U. auch Qualitätsprobleme nicht auszuschließen sind.

Für die Witterung in der Ukraine, die sich über gut entwickelte Feldbestände freut, wird eine deutlich trockenere Phase prognostiziert.

 

Nicht übersehen werden sollte zudem, daß sich die Preisaussichten derzeit völlig anders darstellen als vor einem Jahr, als sich die Kurse an den Börsen und die Preise am Realmarkt noch auf sehr viel niedrigerem Niveau bewegten. Ich persönlich erwarte, daß der Preisspielraum nach oben in den kommenden Monaten deutlich kleiner ausfallen wird als in der vorherigen Saison.

 

Die Entwicklung potentieller Baisse-Faktoren: sollte daher nicht vernachlässigt werden:
• 
In Australien und Argentinien planen die Landwirte die Ausweitung der Anbaufläche von Weizen und anderen Kulturen. Das Aussaatwetter in Australien hat sich zuletzt deutlich verbessert. Top-Ernteaussichten in Australien würden als deutliches Baisse-Signal interpretiert werden.

Eine weitere Teuerung der Preise für Agrarrohstoffe und verarbeitete Nahrungsmittel in den Importländern dürfte zu Lasten der internationalen Nachfrage gehen. Aufgrund der dann schwächeren Exporterwartungen der großen Exporteure - insbesondere der USA und der EU - ist nicht auszuschließen, daß Preisdruck aufkommen könnte, obwohl die Lagerbestände nach wie vor auf niedrigem Niveau liegen.

Die Unsicherheiten an den Kapitalmärkten wachsen, obwohl die Prognosen nach wie ein Wachstum der Weltwirtschaft prognostizieren. Die Schuldenkrisen in vielen Ländern werden als wachsende Bedrohung wahrgenommen. Am Devisenmarkt (Dollar, Euro) sorgt die desolate Haushaltslage in immer mehr Ländern für Turbulenzen. Auf der Suche nach einem sicheren Hafen für ihr Geld, wird heute in Agrarrohstoffe investiert und morgen wieder verkauft, um die Gewinne mitzunehmen. Dies verstärkt die Volatilität der Preise

 

 
 
 
Vorhergehende Beiträge
---  
   
 
 
 
 

Seitenanfang