Börse am Vortag: Agrarrohstoffe im Sog stürzender Rohstoffkurse

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 06.05.2011


An den Rohstoffmärkten beginnt die Blase zu platzen: Die Preise für Öl, Metalle und andere Rohstoffe brachen massiv ein. Auch Agrarrohstoffe gerieten in den Sog der Ausverkaufsstimmung. Die Kurse standen unter Druck, obwohl sich das Anbauwetter in vielen wichtigen Anbauländern zunehmend ungünstig entwickelt.

 

Devisen & Konjunktur
Eigentlich hatte kaum jemand damit gerechnet, daß die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer gestrigen Sitzung bereits einen neuen Zinsschritt beschließen würden. Am Mittag gab die EZB dann auch bekannt, den Leitzins bei 1,25 % zu belassen.

Da auch Signale für eine bald bevorstehende weitere Zinsanhebung ausblieben, geriet der Euro nach der EZB-Sitzung unter Druck. Zeitweilig rutschte der Euro auf 1,45 Dollar ab. Der Euro-Referenzkurs wurde gestern von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4814 US-Dollar leicht als am Vortag festgesetzt.

Am Nachmittag sorgte dann die Veröffentlichung der neuen Zahlen zum US-Arbeitsmarkt für Enttäuschung und für eine erneute Trendwende beim Euro-Kurs. Wie das US-Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte, ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosigkeit in den USA in der letzten Aprilwoche deutlich angestiegen. Neu aufflackernde Sorgen über den weiteren Verlauf der Konjunktur, besonders in den USA, ließen im späteren Handelsverlauf den Euro-Kurs wieder steigen.

 

Energie
Die neuen Konjunktursorgen haben an den Rohölmärkten eine massive Ausverkaufsphase eingeläutet. Immerhin sind die USA der größte Rohölverbraucher und die neuen US-Arbeitsmarktdaten lassen Zweifel an einem weiter wachsenden Ölverbrauch aufkommen. Die weiter steigenden US-Lagervorräte scheinen diese Zweifel auch zu bestätigen.

Ängste vor einer Abkühlung der Weltkonjunktur ließen die Ölpreise kräftig abrutschen. Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juni gestern mit 99,80 Dollar nochmals deutlich schwächer als an den Vortagen notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 110,80 Dollar mehr als 10 Euro niedriger als am Vortag festgesetzt.

 

Agrarrohstoffe
Der Ausverkauf an den Rohstoffmärkten und ein stärkerer US-Dollar machten vor den Agrarrohstoffen nicht halt. Weizen, Raps und andere Agrarrohstoffe gerieten in den Sog der Ausverkaufsstimmung. Dabei hat sich letztendlich bei den Ernteaussichten und damit an den fundamentalen Daten nur wenig geändert.

An den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks standen die Börsen im Minus. An der Börse in Paris gab der Weizen-Fronttermin um -3,00 Euro/t nach. Der Mai-Termin bei Paris-Weizen notierte gestern mit 244,25 Euro/t erneut schwächer. Außer dem August 2011-Termin schlossen spätere Termine allerdings im Plus zwischen +1,00 und +2,00 Euro. Die sich weiter verstärkende Trockenheut in EU-Europa stützt die Börsenkurse.
An den US-amerikanischen Warenterminmärkten blieb es bei Back- wie auch Futterqualitäten bei roten Zahlen, obwohl sich die Sommerweizenaussaat weiter verzögert und die Winterweizenbestände deutlich schlechter als im Vorjahr bewertet werden.

Trotz der engen Versorgungsbilanz konnten sich die Notierungen bei Mais an den US-Märkten dem Verkaufsdruck nicht entziehen. Die defizitäre Ernte 2010/11, die rückläufigen Lagervorräte in den USA wie auch weltweit und Bedenken, ob in den USA die Maisaussaat witterungsbedingt niedriger ausfallen, spielten an der US-Börse keine Rolle. Chicago-Mais notierte mit umgerechnet 187,36 Euro/t deutlich unter dem Vortagesniveau.
Der Juni-Termin bei Paris-Mais zog mit 231,50 Euro/t beziehungsweise mit +0,75 Euro wieder leicht an. Spätere Termine notierten zwischen +00,50 und +6,75 Euro/t.

Der Soja-Komplex stand angesichts der negativen Vorgaben von den Rohstoffmärkten, hoher Ernteerwartungen in Südamerika und enttäuschender US-Exporte unter Preisdruck. Die Sojabohnen-Preise an den transatlantischen Börsen schieben tiefrote Zahlen, während sich Verluste bei Sojaöl und Sojaschrot begrenzt blieben.

Trotz der defizitären globalen Versorgungslage und der zunehmend schwächeren Ernteaussichten für 2011/12 blieb auch Rapssaat auf der Verlustseite. Die schwachen Ernteerwartungen bremsten jedoch auch gestern die Kursrückgänge. Paris-Raps notierte am Handelsschluß mit 419,00 Euro/t für den August-Termin und verlor erneut -3,50 Euro/t zum Vortag. Der Ernte-Termin August 2012 schloß mit 392,00 Euro/t und damit einem Plus von +0,50 Euro/t zum Vortag.

Bei Paris-Braugerste wurde die Schlußnotierung für die Mai-Fälligkeit mit 230,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag unverändert notiert. Spätere Termine notierten zwischen +0,00 und +2,50 Euro.

 

Ausblick
Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß sich die Stimmung an den Börsen etwas beruhigt. Dennoch dürften sich die Kurse erst ganz allmählich wieder stabilisieren. Dabei dürfte die Stimmung an den Märkten äußerst nervös bleiben. Jede neue Meldung könnte daher zu neuen Erschütterungen führen.

Der nur moderate Kursrutsch an den europäischen Börsen dürfte nur geringe Wirkung für den Kassamarkt haben. Grundsätzlich bleibe ich bei meiner ...

... Einschätzung vom Vortag zu den fundamentalen Daten und Aussichten.

Sollten sich die Wettersorgen in den nächsten ein bis zwei Wochen als unbegründet erweisen, erwarte ich, daß sich das Preisniveau bei Agrarrohstoffen weiter leicht absenkt, grundsätzlich aber vergleichsweise hoch bleibt.

Sollten sich allerdings die Wetterprobleme weiter verschärfen, rechne ich damit, daß die Inverstoren auf der Suche nach einem sicheren Hafen in Kürze in die Agrarrohstoffmärkte zurückkehren werden. Sollten sich dann möglicherweise gravierende Ernteeinbußen abzeichnen, rechne ich damit, daß die "Preise durch die Decke gehen".

 
 
 


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