Börse am Vortag: Fundamentale Daten nicht im Fokus

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 05.05.2011


An den Börsen stehen die Zeichen noch immer auf Verkaufen, denn es fehlen die Hausse-trächtigen Nachrichten. Dabei trüben sich die Aussichten zur Ernte 2011/12 weiter ein. Nicht nur in Deutschland benötigen die Pflanzenbestände dringend Regen. Auch in anderen Ländern bereitet das Anbauwetter Sorgen.

 

Devisen & Konjunktur
Der Euro nimmt weiterhin Anlauf auf die 1,50 Dollar-Marke. Die laxe Geldpolitik der USA, weiterhin schwache Daten vom US-Arbeitsmarkt, eine höchst ungesunde US-Schuldenentwicklung und globale Inflationsängste stärken den Euro.

Vor der heutigen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der Euro auf den höchsten Stand seit Dezember 2009 und damit seit 17 Monaten geklettert. Am Markt wartet man gespannt auf die Aussagen der EZB am Mittag nach ihrem jüngsten Zinsentscheid.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4882 US-Dollar erneut höher als am Vortag festgesetzt. Heute tendiert der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im frühen Handel im Vergleich zum US-Dollar weitgehend unverändert.

 

Energie
Die Spekulanten haben die Rohölmarkt weiterhin fest im Griff. Im Spannungsfeld zwischen (schwachem) US-Dollar und (komfortabler) Weltversorgungslage geht es seit Wochen rauf und runter beim Ölpreis. Während zeitweilig Argumente für einen anziehenden Konsum infolge der weiter anziehenden globalen Konjunktur für Preisauftrieb sorgen, geraten die Ölpreise u.a. aufgrund der wachsenden US-Rohölbstände auch immer wieder in einen Abwärtssog.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juni gestern mit 109,24 Dollar deutlich schwächer als an den Vortagen notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 121,19 Dollar festgesetzt.

 

Agrarrohstoffe
An den Agrarrohstoffmärkten fehlen die durchschlagenden "schlechten" Nachrichten. An den Börsen standen daher weiterhin Gewinnmitnahmen im Vordergrund. Letztendlich hat sich bei den Ernteaussichten und damit an den fundamentalen Daten aber nur wenig geändert.

An den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks standen die Börsen im Minus. An der Börse in Paris gab der Weizen-Fronttermin um -1,50 Euro/t nach. Der Mai-Termin bei Paris-Weizen notierte gestern mit 247,25 Euro/t erneut schwächer. Spätere Termine schlossen zwischen +0,75 und -5,25 Euro recht heterogen.
An den US-amerikanischen Warenterminmärkten blieb es bei Back- wie auch Futterqualitäten bei roten Zahlen. Die Sommerweizenaussaat hat sich stark verzögert und die Winterweizenbestände werden weiterhin deutlich schlechter als im Vorjahr bewertet, doch die inzwischen etwas besseren Witterungsaussichten - zumindest in einzelnen Anbauregionen - sorgen für Preisdruck. Abzuwarten bleibt derzeit jedoch noch, inwieweit sich dies auf die Ernteerwartungen auswirken wird.

An den US-Märkten konnten sich die Notierungen bei Mais dem Verkaufsdruck entziehen. Die defizitäre Ernte 2010/11, die rückläufigen Lagervorräte in den USA wie auch weltweit und Bedenken, ob in den USA die Maisaussaat witterungsbedingt niedriger ausfallen ließen die Kurse leicht steigen. Chicago-Mais notierte mit umgerechnet 192,16 Euro/t dennoch deutlich unter dem Vorwochenniveau.
Der Juni-Termin bei Paris-Mais gab mit 230,75 Euro/t beziehungsweise mit --3,00 Euro weiter nach. Spätere Termine notierten zwischen -3,00 und -4,50 Euro/t.

Der Soja-Komplex stand angesichts der negativen Vorgaben vom Agrarrohstoffmarkt, rückläufiger Rohölkurse und hoher Ernteerwartungen in Südamerika unter Preisdruck. Die Sojabohnen- und Sojaschrot-Preise an den transatlantischen Börsen schieben rote Zahlen, während sich Sojaöl leicht erholen konnte. Insgesamt blieb der Abwärtstrend jedoch ungebrochen..

Auch Rapssaat blieb angesichts fallender Ölpreise auf der Verlustseite. Die defizitäre Versorgungslage bremste jedoch die Kursrückgänge. Paris-Raps notierte am Handelsschluß mit 422,50 Euro/t für den August-Termin und verlor -3,25 Euro/t zum Vortag. Der Ernte-Termin August 2012 schloß mit 392,00 Euro/t und damit - anders als die anderen Fälligkeiten - mit einem Plus von +1,00 Euro/t zum Vortag.

Bei Paris-Braugerste wurde die Schlußnotierung für die Mai-Fälligkeit mit 230,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag bzw. einen deutlichen Kursverlust von -7,50  Euro notiert. Spätere Termine notierten zwischen -2,50 und -7,50 Euro.

 

Ausblick
Der Aufwärtstrend des Euro schwächt die europäische Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Exportgeschäft. Am Kassamarkt spielt dies jedoch kaum noch eine Rolle, denn die EU-Lagervorräte sind bereits weitgehend unter Vertrag und die Exporteure bleiben bei den derzeit hohen Preisen zurückhaltend. Preisdruck kommt dennoch nicht auf, da die Nachfrage des Handels und der Verarbeiter EU-weit nur knapp gedeckt werden kann. Bei akutem Bedarf werden für gute Qualitäten deutliche Aufgelder gewährt, um schnell Ware aus den Lägern zu locken.

An den Börsen stehen Gewinnmitnahmen angesichts fehlender Hausse-trächtiger Meldungen vom Agrarmarkt dennoch weiterhin vom Vordergrund. Die fundamentalen Daten und die unsicheren Aussichten zur Ernte 2011/12 finden derzeit nur wenig Beachtung.

Dennoch werden die aktuellen Wetteraussichten in den USA -  immerhin die Nr.1 unter den Weizen- und Maisexporteuren - aufmerksam beobachtet. Die Aussaat scheint sich in vielen Regionen weiter zu verzögern. Während die Dürre im US-Süden andauert, behindert Regen in den nördlichen Anbaugebieten noch immer die Aussaat und für den Mittleren Westen werden bereits für die nächste Woche erneut Niederschläge vorhergesagt. Mutmaßungen, daß in den USA der Maisanbau witterungsbedingt zugunsten von Soja eingeschränkt wird, stützen den Mais- und belasten den Sojakurs.

Letztendlich bleiben jedoch viele Unsicherheiten mit Blick auf die Ernte 2011/12. In weiten Regionen der EU haben die Niederschläge nicht ausgereicht um den Wasservorrat des Bodens wieder aufzufüllen. Für die Dürreregionen in Zentral-China werden lediglich leichte Niederschläge prognostiziert. In Rußland verzögert sich die Frühjahrsaussaat weiter, während Niederschläge in der Ukraine die Wachstumsbedingungen verbessern.

 
 
 


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