Energie: Rohöl-Rallye trotz randvoller Lagerbestände

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.04.2011


Die Preisliste an der Tankstelle sind der Beleg: Die Rohölpreise klettern immer weiter in die Höhe. Doch nicht etwa ein knappes Angebot sorgt für Preisauftrieb, sondern ein Mix an Zukunftsängsten und ein wachsendes Spekulationspotential. Denn am Markt wird wieder gezockt, was das Zeug hält.

Marktlage
Die Unruhen in Nordafrika wie auch im Nahen Osten und Militär-Aktion in Libyen befeuerten in den letzten Tagen die Rallye am Ölmarkt. Die Kurse der Referenzsorte Brent kletterten auf dem höchsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Februar gestern mit 108,83 Dollar auf höherem Niveau als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 122,30 Dollar festgesetzt.

Nach dem Einbruch der Ölpreise infolge der Finanzkrise im September 2008 konnten sich die Kurse zunächst sprunghaft und in den darauffolgenden Monaten etwas moderater erholen. Doch seit Mitte 2010 folgen die Ölpreise einem steil nach oben gerichteten Preistrend. Als Dollar-Ersatzwährung entwickelt sich der Kurs gegenläufig zum Kurs des US-Dollars.

Der aktuelle Schwächetrend des US-Dollars liefert das stabile Fundament für den Hausse-Trend bei Rohöl. Dabei ist die Versorgungslage am Rohölmarkt alles andere als knapp. Trotz der trocken liegenden Pipelines in Libyen, sind die Tanks gut gefüllt.

Die komfortable Marktversorgung zeigt sich vor allem bei der Entwicklung der Lagervorräte in den USA. Die US-amerikanischen Rohöl-Bestände sind in der vorangegangenen Woche erneut um +2,0 Mio. Barrel gestiegen. Die Benzinvorräte haben sich in den USA im Wochenvergleich um 0,3 Mio. Barrel leicht verringert. Dagegen haben sind jedoch die US-Vorräte an Destillaten, die auch das Heizöl beinhalten, gegenüber der Vorwoche um 0,2 Mio. Barrel vergrößert. Fazit: Die Tanks in den USA sind randvoll.

 

Fakten

  • Welt: US-Lagerbestände weiter auf Rekordniveau

    Nach den Statistiken des US-Energieministeriums erhöhten sich die amerikanischen Lagerbestände an Rohöl in der Woche zum 01. April um 2,0 Mio. Barrel auf 357,7 Mio. Barrel. Die Lagerbestände an Mitteldestillaten wie Diesel und leichtem Heizöl nahmen ebenfalls leicht um 0,2 Mio. Barrel auf 153,5 Mio. Barrel zu, liegen damit ebenfalls auf Rekordniveau.

    Rohöl
    US-Lagerbestände
    Juni 2009 bis 04.04.2011
    im Vergleich zum
    mehrjährigen Durchschnitt
       
    Destillate
    US-Lagerbestände
    Juni 2009 bis 04.04.2011
    im Vergleich zum
    mehrjährigen Durchschnit
    t


    Die täglichen amerikanischen Rohölimporte stiegen um um 1,9 % auf 8,9 Mio. Barrel an. Die Kapazitätsauslastung der US-Raffinerien belief sich auf 84,4 %, nach 84,1 % in der Vorwoche.

    Baisse-Tendenz

 

Prognose
Die rekordhohen Lagervorräte u.a. in den USA, dem weltweit energiehungrigsten Verbraucher, können den Preisauftrieb nicht stoppen. Der schwache Dollarkurs, Angst vor Inflation, die Unruhen im Nahen Osten und Kämpfe um Ölförderstätten und Ölhäfen in Libyen werden als Argumente bemüht, um die die Kurse steigen zu lassen. Das hohe spekulative Potential im Ölmarkt dürfte die Preise nach meiner persönlichen Einschätzung vorerst - mit zeitweilig starken Preisausschlägen nach oben wie auch nach unten - sogar noch verteuern.

Doch nicht nur die Tanks sind randvoll. Auch ein weiterer Baisse-Faktor sollte sorgsam beobachtet werden: Die hohen Ölpreise dürften die Nachfrage weltweit bremsen - auch bei den größten Ölverbrauchern USA und China. Nach meiner persönlichen Einschätzung steht eine Phase der Kurskorrektur demnächst bevor, da zu erwarten ist, daß die Finanzbrache in Kürze erst einmal Kasse machen wird, wenn die "schlechten" Meldungen ausbleiben.

 
 
 

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